Manchmal lässt sich das große Ganze anhand eines einzelnen Teils erklären – wenn es von Sergio Marchionne getragen wird.
Der 65-Jährige sieht aus wie ein netter älterer Herr. Meist trägt er einen gemütlichen Pulli über dem Hemd, dazu eine kleine runde Brille und eine dunkle Chino-Hose. Doch sein harmloses Auftreten täuscht. Der Chef von Fiat Chrysler und Ferrari ist einer der mächtigsten Automanager der Welt. Und einer, der Furcht einflößt, noch dazu. Bulldozer nennen sie ihn. Marchionne sei ein knallharter Sanierer, ein cholerischer Chef und extrem ungeduldig, heißt es. Man sieht es ihm bloß nicht an.
Marchionnes Auftreten passt damit perfekt zum Zeitgeist. Früher ließen sich mächtige Menschen in einem Raum recht zuverlässig an dunklen Maßanzügen und seidenen Krawatten erkennen, an dicken Uhren und mächtigen Manschetten. Heute haben die klassischen Insignien der Macht ausgedient. Rolex und Montblanc-Füller sind keine Zeugen des Erfolgs mehr. Im Gegenteil: Wer sich heute noch mit ihnen schmückt, wirkt wie ein Überbleibsel der Old Economy.
Das bedeuten die verschiedenen Business-Dresscodes
Bedeutet gehobene Freizeitkleidung, also: Baumwollhose, Polohemd, Jackett. Beim Business Casual putzen sich die Leute mehr heraus: Frauen tragen Kostüm oder Hosenanzug, nicht zu hohe Schuhabsätze, unsichtbare Zehen. Männer tragen eine Kombination, die Krawatte kann im Schrank bleiben.
Meist bei Einladungen nach der Arbeit. Konservativ: Er trägt Anzug, aber keine Brauntöne. Sie: Kostüm oder Hosenanzug, aber keine großen Handtaschen mit Schulterriemen. Einzig richtig: Clutchbags – kleine Handtäschchen ohne Riemen. Rocklänge: nie kürzer als eine Handbreit über dem Knie.
Damen: halblange, elegante Kleider
Herren: dunkelgraue oder schwarze Anzüge.
Gerne zu Abendanlässen.
Er: Smoking, Hemd mit Doppelmanschetten, Kummerbund und Einstecktuch, schwarze Fliege, schwarze Schuhe.
Sie: schwarze lange Robe, Tasche (kleiner als der Kopf). Accessoires gerne farbig.
Er: Frack, weiße Weste mit tiefem Ausschnitt, Stehkragenhemd mit verdeckter Knopfleiste, weiße Fliege, Lackschuhe.
Sie: bodenlanges Abendkleid in Schwarz, Weiß oder Grau (Schultern bei Ankunft bedeckt). Zum Ballkleid geschlossene Schuhe mit Seidenstrümpfen. Findet der Ball im Hochsommer statt, auch hohe Sandaletten – dann ohne Strümpfe.
Zu eleganten Partys und Vernissagen ab 16 Uhr.
Er: dunkler Anzug, Hose mit Bügelfalte, einfarbiges Hemd, dunkle Krawatte, lässiger Schnürschuh.
Sie: das kleine Schwarze. Schultern, Dekolleté und Bein dürfen gezeigt werden.
Werden oft falsch zugeknöpft. So ist es richtig: Zweireiher immer geschlossen. Sakko mit zwei Knöpfen: ein Knopf geschlossen, wahlweise der untere oder der obere. Drei-Knopf-Sakko: beide oberen Knöpfe zu oder nur der mittlere. Vier-Knopf-Sakko: die beiden mittleren oder die drei oberen Knöpfe geschlossen. Fünf-Knopf-Sakko: alle Knöpfe bis auf den untersten bleiben zu. Frack: wird immer offen getragen. Weste: alle Knöpfe bis auf den untersten bleiben geschlossen.
Unter Sakkos tabu! Die Hemdmanschette muss unter dem Ärmel herausschauen. Richtig: Die Ärmel des Sakkos enden knapp über dem Handrücken, die Hemdmanschette schaut darunter einen Zentimeter heraus.
Klassisch aus weißer Baumwolle, modern aus farbiger Seide oder Kaschmir. Hat nie (!) dasselbe Muster wie die Krawatte, passt aber farblich dazu.
Sie reicht exakt bis zur Gürtelschnalle, nicht länger, nicht kürzer. Der Knoten darf nie so dick werden, dass er den Kragen vom Hemd abdrückt.
Ungepflegte Galoschen enttarnen jedes stilvolle Outfit als Verkleidung. Das Minimum ist ein Paar schwarzer Schnürschuhe aus Leder. Etwa ein Oxford – glatt mit schlichter Kappe. In Braun passt er auch zu Sportjacketts oder Tweedanzügen. Der Semi-Brogue eignet sich zu gemusterten Anzügen und weichen Stoffen. Auch er hat eine Kappe, die weist aber dezente Lochmuster wie beim Brogue auf. Der wird auch Budapester genannt und passt mit seinem typischen Lochmuster auf der geschwungenen Kappe und den Seitenflügeln zu Anzügen aller Art. Wirkt aber stets etwas konservativ.
Die Globalisierung hat der modischen Informalität den Weg geebnet, die Digitalisierung Hierarchien planiert. In modernen Unternehmen wird die Duz-Kultur gepflegt, sind äußere Abgrenzungsmerkmale zu den Untergebenen abgeschafft. Das Großraumbüro schlägt das Einzelbüro, das smart geteilte Elektroauto den dicken Dienstwagen und der Pulli den Prada-Anzug.
Der Manager von heute will sich äußerlich nicht mehr von der Masse der Mitarbeiter unterscheiden, sondern modedynamisch nicht den Anschluss verlieren. Und zieht sich daher gern an wie ein Praktikant. „Die Mächtigen kleiden sich heute wie einer von vielen“, sagt Antonella Giannone, die an der Weißensee Kunsthochschule Berlin Modetheorie und Bekleidungssoziologie lehrt: „Die Zeit der Statussymbole ist vorbei.“
Siemens zum Beispiel. „Bei uns kann jeder anziehen, was er will“, hat Konzernchef Joe Kaeser mal auf einem Start-up-Event gesagt: „Es gibt keine Vorschriften.“
Nicht nur die Discounterkette Aldi Nord hat ihre Mitarbeiter bereits aus der Krawattenpflicht entlassen, auch die Investmentbank JP Morgan – ausgerechnet, gilt doch die Finanzbranche als letzter Bewahrer des optischen Konservatismus. Die Hamburger Sparkasse geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie führte 2016 den „Haspa Business Casual“ ein, der die Mitarbeiter nicht nur vom Binder, sondern auch von Anzug oder Kostüm befreit. Stattdessen sind jetzt Jeans, Chinos und offener Kragen möglich.
Die Idee kam übrigens von einem Auszubildenden. Er gab zu bedenken, dass Anzug und Krawatte eine größere Distanz zu Kunden aufbauen könnten, die ihrerseits immer seltener formal gekleidet zum Beratungstermin erscheinen. Mit der Abschaffung des Dresscodes versucht die Haspa also, optische Barrieren einzureißen. Klingt gut, einerseits. Danach, dass sich die optische Gleichmacherei positiv auf die Unternehmenskultur auswirkt. Danach, dass die gute Idee mehr zählt als die Hierarchieebene, Kreativität mehr als Status. Andererseits wird mit dem Dresscode kein Gehorsamsgefälle abgebaut. Die meisten deutschen Unternehmen sind immer noch hierarchisch organisiert. Und nur weil Allianz-Chef Oliver Bäte auf der Hauptversammlung rote Turnschuhe trägt, heißt das nicht, dass er auf die Ausübung von Macht verzichtet.
Der Soziologe Georg Simmel erklärte einst, dass Mode ein „Produkt klassenmäßiger Scheidung“ sei. Sie kann die Zugehörigkeit zu Gleichgestellten illustrieren, aber auch die Abgrenzung zu den Niedriggestellten ausdrücken. Das ist immer noch wahr. Doch auf den deutschen Bürofluren ist das mit dem Outfit komplizierter geworden.
Der Niedergang des klassischen Dresscodes der Macht begann mit dem Ausbruch der Finanzkrise. Bilder von Boni-Bankern im teuren Nadelstreifen – das wirkte obszön neben Fotos von Familien, die ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten und aus ihren Häusern ausziehen mussten. Das „Bild der Macht“ musste daher „neu konzipiert werden“, sagt Antonella Giannone.
Personaltrainer statt Brioni-Anzug
Das Bild, wohlgemerkt, nicht das Grundgefüge der Macht. Denn nur weil der Dresscode des Erfolgs nicht mehr so leicht zu erkennen ist, heißt das noch lange nicht, dass es ihn nicht mehr gibt. Er hat sich nur stark verändert. Heute zählen vor allem körperliche Fitness und ein gepflegtes Äußeres: Wer braucht schon einen edlen Brioni-Anzug, wenn er einen Personaltrainer hat?
Und es zählt die individuelle Note. Der italienische Exregierungschef Matteo Renzi etwa hat das weiße Hemd in ein Machtsymbol verwandelt. Immer wieder zog er bei seinen Auftritten die Anzugjacke aus und präsentierte sich als hemdsärmeliger Politiker in strahlendem Weiß. Natürlich änderte die zur Schau getragene Volksnähe nichts daran, dass er als Regierungschef der viertgrößten Volkswirtschaft zu den mächtigsten Menschen Europas gehörte.
Oder Mark Zuckerberg. Der Facebook-Chef tritt, wenn er nicht gerade von US-Abgeordneten befragt wird, in verwaschenen T-Shirts und Kapuzenpullis auf – die modischen Symbole der erfolgreichen Internetkonzerne aus dem Silicon Valley: Der Hoodiekapitalismus steht für visionäre Technologie und agiles Arbeiten, für einen souveränen Umgang mit dem Scheitern – und für eine heterogene, von jungen, diversen Gründern/Gründerinnen herausgeforderte Wirtschaftswelt, in der Dynamik und Spontaneität mehr zählen als Erfahrung und Seniorität. Wer da mithalten will, muss permanent an sich arbeiten, sich fit halten, am Ball bleiben. Auch optisch.
So kleiden Sie sich richtig
Wie kleidet man sich ordentlich? Dabei geht es um mehr als die Frage, ob mit oder ohne Krawatte. Welche Aussagen lassen sich durch welche Kleidung transportieren? Das ist keineswegs Jacke wie Hose. Ein Crashkurs.
Im Englischen heißt es „it fits“, wenn etwas passt. Daher das Wort „Outfit“. Ihre Kleidung sollte in drei Kategorien passen: Dem Anlass entsprechend, dem Typ entsprechend und der individuellen Aussage entsprechend. Genau in der Schnittmenge liegt das für sie optimale Outfit.
Anzug oder Kostüm sollten Werte wie Vertrauen und Sicherheit widerspiegeln. Das gilt auch für Mitarbeiter im Back-Office. Ein Ziel ist Understatement. Die Kleidung sollte modern und nicht bieder wirken; dunkle Business-Farben wirken am besten.
Es gilt, einen Tick schicker zu sein als im klassischen Business. Hosen mit Pullover gehen maximal in der Werbebranche. Ansonsten eher kompletter Hosenanzug oder Blazer-Hose-Kombi für Damen, Anzüge und Kombinationen für Herren. Anspruchsvoll, gehobene Qualität und dunklere Farben.
Professioneller Look ist hier unabdingbar. Klassische Kostüme, Anzüge und Kombinationen in mittleren bis dunkleren Farbtönen. Farben dürfen nicht ins Auge springen, sollten aber modern sein.
In der Werbung oder bei den Medien darf es bunter und ausdrucksstark zugehen. Hier ist Nähe angesagt und schwarze Kleidung ist da sehr hinderlich.
Für besonders große Männer empfehlen sich farbliche Unterteilungen. Also zum Beispiel blaue Hose oder roter Pullover. Das unterbricht die Größe und lässt Sie weniger lang wirken. Männer mit langen Beinen tragen am besten längere Jacken und Ärmel.
Ist Ihr Körper insgesamt kurz, empfiehlt sich farblich Ton in Ton. Farbliche Unterteilungen würden die Kürze betonen. Haben Sie kurze Beine, sollten Sie von Hosenaufschlägen absehen – und auch davon, Ärmel aufzukrempeln.
Tiefsinnige und Kreative wollen sich ausdrücken. Die Erscheinung darf Außergewöhnliches bieten, also kreativer Kragen, Schmuck, extravagante Brille oder bunte Farben. Bodenständige Typen verwenden besser natürliche Materialien und Erdtöne. Dramatiker und Extrovertierte mögen vielleicht asymmetrisch geschnittene Kleidung – sie sollten dann aber darauf achten, dass sie niemals billig wirkt. Zu sportlichen Typen passen Blau und Grün.
Sollten Sie eine schlanke Frau sein und Kleidergröße 32 bis 34 tragen, sehen Röhrenjeans super aus. Ab Kleidergröße 40 sehen Sie mit ihnen dicker aus. Es liegt also stets an der Form ihres Körpers.
Sind Schulter, Taille und Hüfte gleich breit, empfiehlt sich eine gerade Hose oder ein gerader Rock.
Die Schulter ist schmaler als die Hüfte. Hier sollten Sie Hosen und Rücke in der sogenannten A-Linie mit kurzen Oberteilen kombinieren.
Die Schulter ist breiter als die Hüfte: Hier empfehlen sich Caprihosen, Röhrenhosen und enge Röcke. Die schmalen Hosen lassen sich gut in Stiefel stecken.
Die Figur ist wie eine 8 geformt. Sie ist eine sehr weibliche Figurform. Die Röcke sind konisch geschnitten, sie werden zum Knie hin schmaler. Passende Hosen sind Hosen in Bootcut-Schnitten.
Eine Folge: Noch nie wurde mehr gecremt, gezupft und trainiert. Allein in Deutschland hat die Pflege- und Kosmetikbranche 2017 rund 16,6 Milliarden Euro umgesetzt. Für 2018 gehen Experten von einer Steigerung um 400 Millionen Euro aus. In den USA gibt es für diesen Trend schon ein neues Wort. Aus Wellness und Health wird „Wellth“ – die neue Vokabel des Erfolgs. „Der Körper wird für viele Mächtige zur Obsession“, sagt Modesoziologin Giannone. Vor allem für diejenigen, die in der Öffentlichkeit stehen.
Das bestätigt Timm Golüke, Dermatologe in München. Er spritzt Botox in Zornesfalten, entfernt Altersflecken oder geplatzte Äderchen: „Viele meiner Patienten kommen zu mir, wenn sie ein unglückliches Foto von sich in den sozialen Netzwerken gesehen haben.“
Instagram, Facebook und Pinterest hätten fraglos den Optimierungsdruck erhöht. Vor allem unter Männern. Im vergangenen Jahr wurden bereits 17,5 Prozent aller Schönheitsoperationen an Männern durchgeführt. Ein neuer Rekord. Auf Platz eins liegt dabei die Lidstraffung. Sie sorgt für ein frisches, ausgeschlafenes Aussehen. Offenbar empfindet das so mancher im Berufsleben als einen Wettbewerbsvorteil.
Tatsächlich hat der Wirtschaftswissenschaftler Daniel Hamermesh vor einigen Jahren herausgefunden, dass Attraktivität im Berufsleben belohnt wird. Der Amerikaner gilt als führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Ökonomie der Schönheit. Für sein Buch „Beauty Pays“ wertete er Daten von mehr als 2700 Männern und Frauen aus, die Forschern der Universität Michigan ihr Gehalt mitteilten – und deren Aussehen in die Kategorien wunderschön, gut aussehend, durchschnittlich, unansehnlich und hässlich unterteilt wurde. Das Ergebnis: Attraktive Angestellte verdienen im Schnitt bis zu fünf Prozent mehr als unansehnliche Kollegen. Im Laufe eines Berufsleben kommt da einiges zusammen: So verdienen schöne Menschen 230.000 Dollar mehr – zumindest in den USA.
Slim Fit passt nicht zum Genießerbauch
Kein Wunder, dass erfolgreiche Menschen viel Zeit und Geld für die richtige Ernährung, den Personaltrainer, für Maniküre, Pediküre, Friseur, Barbier und regelmäßige Auszeiten im Wellness-Hotel investieren.
Zum Beispiel bei Christine Müller. Die Allgemeinmedizinerin arbeitet seit acht Jahren als medizinische Leiterin des Kranzbach bei Garmisch-Patenkirchen. Zuvor war sie mehrere Jahre im Lanserhof tätig, eine Art Medizin-Mekka für angeschlagene Manager. Im Kranzbach geht es mehr um die Optik – „das Äußere“ werde im Beruf halt „immer wichtiger“, sagt Müller. Detox-Kuren und Ayurveda-Anwendungen sollen die Kilos schmelzen lassen, Einläufe den Darm reinigen und die Haut zum Strahlen bringen, Yoga-Übungen in der Natur den Körper entspannen und straffen.
Der Fitnesskult der Manager zeigt sich längst auch in der Businessmode. Von Jahr zu Jahr werden die Schnitte schmaler, sodass ein Genießerbäuchlein kaum noch darin Platz findet. „Eine schmale Silhouette wird mittlerweile von fast all unseren Kunden nachgefragt“, sagt Uli Hesse, Geschäftsführer des Maßschneiders Cove & Co.
Darauf sollten Sie beim Anzug achten
Hände weg von Synthetik: Polyester, Polyacryl und Co. bringen den Träger nur ins Schwitzen. „Gentleman“-Autor Bernhard Roetzel rät zu 100 Prozent Naturfasern, im Idealfall Schurwolle. Diese ist im Gegensatz zu einfacher Wolle frisch geschoren und zeichnet sich daher durch besonders feine Fasern aus. Stoffe aus Schurwolle sind elastisch, glatt und fallen besser. In vielen Fällen können Anzugkäufer die Stoffqualität auch dadurch ausmachen, indem sie einmal zupacken und schauen, wie stark der Stoff knittert. Das ist aber nicht immer ein Qualitätshinweis: Leinen knittert beispielsweise immer.
Billiganzüge haben meist ein synthetisches Futter aus Kunstfasern. Bessere Anzüge sind mit Viskose gefüttert. Das ist zwar auch synthetisch, wird aber aus Holz hergestellt und weist somit gleiche Eigenschaften auf, wie Baumwolle. Im besten Fall ist das Futter jedoch aus Seide.
Je billiger der Anzug, desto weniger Stiche weisen die Nähte auf. Wichtig ist vor allem, dass sie ordentlich und gerade verlaufen. Wer dafür keinen Blick hat, kann einfach den ausgewählten Anzug mit einem teuren High-Ende-Modell vergleichen. Wichtig ist hierbei auch die Hose auf links zu drehen und die inneren Nähte zu begutachten.
Billiganzüge verzichten gerne auf einen ordentlich verarbeiteten Saum. Dadurch fransen die Stoffränder schnell aus.
An Knöpfen lässt sich die Qualität eines Anzugs kaum ausmachen. Diese sind in so gut wie allen Preisklassen aus Kunststoff. Lediglich am oberen Ende haben Anzüge Knöpfe aus Büffelhorn, Steinnuss oder Perlmutt. „Das sind aber eher traditionelle Qualitätsmerkmale“, sagt Stilexperte Bernhard Roetzel.
Egal, ob der 22-jährige Berufsanfänger oder der Unternehmer Mitte 50: Über alle Altersklassen und Geldbeutel hinweg soll die Hose „slim“ sitzen, die Jacke tailliert sein. Statt breit und spitz ist das Revers heute schmal und abgerundet. Auch eine starke Schulterbetonung, wie bei Zweireihern, die noch Ex-VW-Chef Martin Winterkorn gern trug, auch Bundfaltenhosen und Umschlag sind aus den Unternehmen verschwunden. Und natürlich hat sich das Material an die Bedürfnisse des flexiblen Managers angepasst. „Der Stoff muss sich dem mobilen Leben unterordnen“, sagt Hesse. Schurwolle knittert von Natur aus wenig – und wenn ihr ein paar Prozent Elasthan beigemischt werden, auch noch herrlich nachgiebig.
Wenn der Anzug heute also kein Panzer der Macht mehr ist und keine Distanz mehr gebietet – taugt er dann noch wenigstens als Erkennungszeichen für Eingeweihte? Und wie! Zum einen wäre da das handgemachte Reversknopfloch — beim Anzug von der Stange eher selten zu finden. Ebenfalls ein Zeichen dafür, dass es sich um eine hochwertige Maßanfertigung handelt, sind die aufknöpfbaren Ärmel, bei denen der letzte Knopf offen gelassen wird. Die Tasche für das Einstecktuch hingegen sollte eine Barchetta-Form haben, also einem kleinen Boot ähneln. Kenner wissen: Die lässt sich nur von Hand nähen.
Details, auf die Pulli-Träger wie Sergio Marchionne gerne verzichten. Im April 2019 tritt der Automanager ab. Sein Nachfolger steht noch nicht fest. Doch mittlerweile ist klar, dass es auf einen von drei Kandidaten hinauslaufen wird: Finanzvorstand Richard Palmer, Europa-Chef Alfredo Altavilla oder Jeep-Boss Mike Manley. Noch tragen alle gerne klassische Anzüge. Bleibt die Frage: Wer wird sich ihn bald ersparen können?