Erfolgreiche Konzerne Hundert Jahre alt und kein bisschen müde

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Vorstandsvorsitzende sind entscheidend

So weit wollte es Siemens eigentlich nie kommen lassen. Der Mischkonzern mit verschiedenen Sparten von Telekommunikation über Stromerzeugung bis hin zu Medizintechnik hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Umbauten hinter sich gebracht. In den Sechzigerjahren verschmolzen die drei Tochtergesellschaften Siemens & Halske, Siemens Schuckert und Siemens Reiniger zu einem Konzern. Diese Zusammenlegung hatte die Führungsriege schon vor dem Zweiten Weltkrieg offen diskutiert. So kam die Entscheidung zur Umstrukturierung 1965 für die Mitarbeiter wenig überraschend.

Damals wollte sich Siemens auch auf seine Kernkompetenzen konzentrieren. Die Führungskräfte hatten erkannt, dass die Haushaltsgeräte nicht mehr ins Portfolio passten. 1967 beschloss der Münchner Konzern eine Partnerschaft, aus der das Unternehmen BSH Bosch und Siemens Hausgeräte entstand. Ging es zunächst nur um den gemeinsamen Vertrieb, legten die beiden Traditionsunternehmen später ihre Produktion zusammen.

Auch heute steckt Siemens wieder mitten in einer Transformation. Das Solargeschäft soll bis zum nächsten Frühling aufgegeben werden, seine Lichttochter Osram hat Siemens gerade an die Börse gebracht, 2011 entstand neben den Geschäftsfeldern Energie, Medizintechnik und Industrie eine vierte Säule namens Infrastructure & Cities. Unter ihrem Dach vereinen sich diverse Produkte von Brandmeldern über Züge bis hin zu satellitengestützten Mautsystemen. „Beim Aufbau der neuen Sparte wurde viel aufgerissen und zusammengewürfelt“, sagt Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. „Das sorgte für Unmut in der Belegschaft.“

Diese Unruhe gipfelte vor einigen Wochen in der Entlassung des Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher. „Für den Konzernumbau war er der Falsche“, sagt Bergdolt. Für diese Aufgaben braucht ein CEO ein starkes Netzwerk im Unternehmen. „Auf ein solches konnte sich Löscher nicht stützen“, sagt die Siemens-Expertin.

Dass der Erfolg eines Konzerns vom Vorstandsvorsitzenden abhängt, wissen auch die Studienautoren Stadler und Wältermann. In ihrer Untersuchung analysierten die Forscher nicht nur die Jahrhundert-Champions, sondern auch deren CEOs. Das Ergebnis: Nur bestimmte Chefs können die fünf Erfolgskriterien umsetzen.

Das Netzwerk, das Löscher fehlte, ist zum Beispiel essenziell. Stadler und Wältermann raten daher: Lieber einen internen Kandidaten befördern als den Chefposten von außen besetzen. Denn Eigengewächse haben nicht nur gute Beziehungen, sondern kennen das Unternehmen.

Das haben die Jahrhundert-Champions berücksichtigt. Sie beriefen in 95 Prozent der untersuchten Fälle Interne zum Vorstandschef. Eine Regel, die auch Siemens mit der Ernennung von Joe Kaeser wieder ernst nimmt. So wie Shell. Im Juli gab der Konzern bekannt, dass Ben van Beurden Anfang 2014 CEO werden wird. Der Niederländer ist seit 30 Jahren im Unternehmen. Seine beiden Vorgänger waren ebenfalls langjährige Shell-Mitarbeiter.

Außerdem sollten Vorstandsvorsitzende ihre Grenzen kennen. Nur so könnten rechtzeitig Nachfolger aufgebaut und Schwächen ausgeglichen werden. Alleinherrscher und charismatische Führer hält Stadler für gefährlich. „Ich mag langweilige Chefs“, sagt der Wissenschaftler, „sie treffen im Hintergrund solide Entscheidungen.“

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