Frauenförderung Der Weg aus der Diskriminierungsfalle

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Kultur der Unternehmen analysieren

Wo Frauen in deutschen Konzernen stehen
European Commissioner for Justice, Fundamental Rights and Citizenship Viviane Reding Quelle: dapd
Die Beine von Deutsche Bank-Mitarbeiterinnen, aufgenommen auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank in der Festhalle in Frankfurt am Main Quelle: dapd
Frau an einem Fax-Gerät Quelle: Fotolia
Männer und Frauen verschiedenen Alters Quelle: Fotolia
zwei Frauen und zwei Männer in einem Meeting Quelle: Fotolia
Business-Meeting Quelle: Fotolia
Frau schaut in den Himmel Quelle: Fotolia

Unternehmen können die einseitige Festlegung auf Gruppenzuschreibungen umgehen, indem sie ihre Bemühungen um die Gruppe der Frauen in ein allgemeineres Diversity-Konzept einbinden. Hierbei gibt es zwei Handlungsrichtungen:

Erstens werden die Strukturen und die Kultur des Unternehmens systematisch daraufhin analysiert, inwieweit sie Vielfalt ermöglichen und inwieweit sie diese verhindern, wie beispielsweise bei den oben angesprochenen Besetzungsmechanismen. Anschließend werden strukturelle Veränderungsprozesse initiiert, die zu einem systematischen IST-SOLL-Abgleich einer Organisation führen. Der Abgleich fließt dann in die Anforderungsanalysen für Führungskräfte ein. Diese dürfen aber gerade nicht ausschließlich stereotyp „männliche“ Fähigkeiten und Verhaltensweisen umfassen, sondern es wird je nach strategischer Zielsetzung ein breites Portfolio an erwünschten Kriterien erstellt.

Zweitens setzt man bei der Unterstützung von Führungskräften auf der individuellen Ebene an: Für jeden und jede werden Potenzialanalysen und Anforderungsanalysen zueinander in Beziehung gesetzt und Entwicklungsmaßnahmen abgeleitet. Auf diese Weise kann man zunächst einmal gruppenunabhängig erheben, wer denn nun eigentlich welche Stärken und Defizite hat, ohne diese pauschal vom Geschlecht abzuleiten.

Diese Fehler verbauen Frauen die Karriere
1.  Frauen lassen sich von Stellenanzeigen einschüchternKeine Frage, Bewerber sollten Stellenanzeigen sorgfältig durchlesen. Aber zu viel Sorgfalt schadet eher. Ein Problem, das vor allem Frauen betrifft. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Online-Stellenbörse Jobware. 151 Männer und 79 Frauen lasen darin 150 Stellenanzeigen. Währenddessen wurden ihre Augenbewegungen aufgezeichnet, hinterher bewerteten die Studienleiter ihre Aussagen. Das Ergebnis: Frauen klickten im Schnitt nicht nur auf mehr Jobprofile, die sie auch länger durchlasen. Mehr noch: Sie ließen sich wesentlich stärker von vermeintlich männlichen Stellentiteln und Qualifikationen beeindrucken – und wollten sich gar nicht erst bewerben. Ein Indiz dafür, dass sich Frauen von manchen Anforderungen immer noch zu stark beeindrucken lassen. Ein Problem, das schon früh beginnt... Quelle: Fotolia
2. Schon Mädchen scheuen WettbewerbMatthias Sutter und Daniela Rützler von der Universität Innsbruck untersuchten in einer Studie das Verhalten von mehr als 1000 Kindern im Alter zwischen 3 und 18 Jahren. Sie sollten verschiedene Tests lösen, etwa Wettläufe oder Matheaufgaben. Als Belohnung erhielten sie kleine Geldbeträge. Im Verlauf des Spiels konnten die Kinder dann gegen Gleichaltrige antreten und dabei mehr verdienen. Bei den Jungen entschieden sich 40 Prozent für den Wettkampf unter Gleichaltrigen. Von den Mädchen wollten das nur 19 Prozent wagen. Quelle: Fotolia
3. Frauen unterschätzen ihre LeistungErnesto Reuben von der Columbia Business School gewann für sein Experiment (.pdf ) 134 Studenten. Alle hatten zwei Jahre zuvor verschiedene Aufgaben absolviert, jetzt sollten sie ihre damalige Leistung bewerten. Das Ergebnis: Die Männer überschätzen ihre tatsächliche Leistung um rund 30 Prozent überschätzt, die Frauen hingegen um weniger als 15 Prozent. Im zweiten Schritt teilte Reuben die Teilnehmer in Gruppen. Sie sollten einen Vertreter wählen, der für die Gruppe Geld gewinnen konnte. Das Ergebnis: Weil sie zu ehrlich waren, schafften es weibliche Teilnehmer drei Mal seltener als Männer, die Rolle des Anführers zu übernehmen. Quelle: Fotolia
4. Frauen lassen sich von Klischees beeinflussenMarina Pavlova vom Universitätsklinikum Tübingen reichte für ihre Studie im Jahr 2010 83 Medizinstudenten den Abschnitt eines Intelligenztests. Dabei sollten sie eine Reihe von Bildern in die richtige Reihenfolge zu bringen. Doch vorab gaukelte Pavlova der einen Hälfte der Teilnehmer vor, dass Frauen bei dieser Aufgabe generell besser abschneiden. Die andere Hälfte erfuhr, dass Männer darin bessere Ergebnisse erzielen. Ergebnis: Die Frauen ließen sich von negativen Aussagen viel stärker beeinflussen als Männer. Deren Leistung litt kaum unter der Vorab-Information. Quelle: Fotolia
5. Frauen sind schneller zufriedenDer Soziologe Stefan Liebig von der Universität Bielefeld analysierte für seine Studie (.pdf ) Daten des Sozio-oekonomischen Panels. In dieser Langzeitstudie machen 10.000 Deutsche regelmäßig Angaben zu Ihrem Beruf und Privatleben. Liebig wollte wissen, ob sie ihr aktuelles Einkommen als gerecht empfanden - und falls nein, welches Nettogehalt angemessen wäre. Wenig überraschend: Etwa jeder dritte Befragte fand sein Einkommen ungerecht. Doch das Einkommen, das Frauen als gerecht empfanden, lag noch unter dem tatsächlichen Gehalt von Männern. Egal ob Akademikerin oder Reinigungskräfte: Frauen hatten finanzielle geringere Ansprüche. Quelle: Fotolia
6. Frauen scheuen Jobs mit WettbewerbAndreas Leibbrandt und John List schalten für ihre Untersuchung Stellenanzeigen in neun US-Städten – in zwei verschiedenen Versionen. Die eine Ausschreibung suggerierte, dass das Gehalt nicht verhandelbar sei. Die andere behauptete, dass das Gehalt Verhandlungssache sei. Fazit: Bei letzterer Stelle bewarben sich wesentlich mehr Männer. Offenbar meiden viele Frauen Jobs mit starkem Konkurrenzdenken. Quelle: Fotolia
Ein Mann hält einen Zettel mit der Aufschrift "Job gefällig?" in der Hand Quelle: dpa

Entwicklungsbedarf bei männlichen Führungskräften

Zudem wird realistischerweise davon ausgegangen, dass auch bei der Gruppe der männlichen Führungskräfte Entwicklungsbedarf bestehen kann - möglicherweise in Bereichen, die erfahrungsgemäß viele weibliche Führungskräfte zu ihren Stärken zählen, wie zum Beispiel Detailorientierung und interpersonale Kompromissfreudigkeit. Ein solches passgenaues „Empowerment“ vermeidet die Diskriminierungsfalle und verspricht tatsächlich vorhandenem Entwicklungsbedarf, unabhängig von Geschlecht oder anderen Gruppenzuordnungen, gerecht zu werden.

Es gibt aber noch eine weitere Möglichkeit, wie Frauen in Führungspositionen gelangen können. Diese ist für Unternehmen wie weibliche Führungskräfte eine elegante Ergänzung zum internen Empowerment: Man wählt den Weg über externe Angebote und vermeidet dadurch unnötige Spannungen im Unternehmen. Es gibt eine Vielzahl von exzellenten überbetrieblichen Netzwerken, Mentoring-Projekten, Trainings, Coachings und anderer Maßnahmen. Sie sind zwar spezifisch für Frauen konzipiert, sind aber keine direkten internen Angebote und werfen somit nicht die Frage auf, wieso Frauen nun „bevorzugt“ werden bzw. wieso Frauen „das denn nötig haben“.

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