Führungswechsel

So werden öde Hausverwaltungen zu coolen Community-Managern

Licht und Heizung steuern sich längst selbst, die Hausverwaltung arbeitet noch mit Papierdurchschlag. In den Tante-Emma-Läden der Immobilienbranche steckt enormes Potential, das Wohnen schöner und günstiger machen kann.

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Wohnen wird smart: Morgens weckt uns Siri mit den neusten Nachrichten. Tagsüber saugt der Roboter zuhause, die Heizung reguliert sich automatisch und das Licht geht an, wenn wir nach Hause kommen. Abends aktiviert Alexa das Wohnzimmerkino, bis wir uns ins Bett legen, das per App auf unsere Liegebedürfnisse eingestellt werden kann. Ein super Leben – es sei denn man ist Eigentümer dieses Heims.

Die Verwaltung von Mieteigentum ist nämlich alles andere als komfortabel. Nebenkostenabrechnungen und Vermessung von Verbrauchsdaten sind kompliziert und kleinteilig auf viele verschiedene Zeitpunkte und Instanzen verteilt. Deswegen engagieren Eigentümer Dienstleister, die ihnen den lästigen Kleinkram abnehmen sollen. Die scheinbar läppischen Kosten summieren sich über die Jahre zu durchaus erheblichen Beträgen, die schleichend die Rendite von Anlageobjekten reduzieren. Besonders ärgerlich, wenn die Eigentümer für ihre Altersabsicherung in Wohnungen oder Mehrfamilienhäuser investieren.

Im Gegenzug finanziert man leider nur altbackene Umständlichkeit. Die gängigen Hausverwaltungen funktionieren wie Tante-Emma-Läden der Immobilienbranche. Manche arbeiten noch mit Taschenrechner und Durchschlagpapier und halten Excel schon für fortschrittlich. Hier ist großes Potenzial für innovative Geschäftsideen.

Der Markt ist überraschend groß: Etwa zwei Drittel der Mietwohnungen in Deutschland befinden sich laut Statistischem Bundesamt im Eigentum von Privatpersonen. Ein weiteres Fünftel des Mietbestandes gehört der Öffentlichen Hand und Genossenschaften. Auf privatwirtschaftliche Unternehmen entfallen damit nur etwa 2,7 Millionen Mietwohnungen, das entspricht etwa 13 Prozent. Sie konzentrieren sich vor allem auf kreisfreie Städte und arbeiten häufig bereits mit digitalisierten Lösungen in der Hausverwaltung. In ländlichen Regionen befindet sich eine deutliche Mehrheit der Mietwohnungen in Gebäuden im Eigentum von Privatpersonen oder Eigentümergemeinschaften.

Digitale Lösungen für die Verwaltungsarbeit könnten hier durch Komfort und Effizienz punkten und die Verschwendung in Gewinn umwandeln – für alle Beteiligten. Mittlerweile gibt es vielversprechende Ansätze einer Hausverwaltung 4.0.

Anbieter wie vermietet.de oder Habitalix digitalisieren die Verwaltungsprozesse, indem sie Dokumente statt in Aktenordnern digital aufbewahren und Daten wie Mietzahlungen, Rückstände oder technische Mängel auf einem Dash-Board in Echtzeit anzeigen. Elektrizität, Wasser, Gas lassen sich mittels Smart Metering von Kugu automatisieren und dadurch Kosten für die großen Vermessungsfirmen sparen.

Eine ganzheitliche Verwaltungslösung, die bereits von großen Konzernen wie der Union Invest eingesetzt wird, bietet das Hamburger Unternehmen REOS. Die Cloud Plattform als Basisbetriebssystem ermöglicht eine Stammdatenverwaltung, automatische Mietverträge und Mailversand an Mieter. Dagegen haben sich Unternehmen wie Ogulo oder Wohnungshelden auf den Vermietungsprozess spezialisiert. Ogulo ermöglicht digitale Spaziergänge durch Mietobjekte. Wohnungshelden vereinfacht das Interessenten- und Terminmanagement, holt auf digitalem Weg Mieter-Selbstauskünfte ein und ermöglicht eine zentrale Vertriebssteuerung.

Nicht immer lohnen sich diese Lösungen auch für private Eigentümer. Ogulo etwa empfiehlt sich aus Kostengründen eher für professionelle Makler. Häufig aber bieten diese Unternehmen auch die Nutzung einzelner Module an. Über die Zeit hinweg kann man sie mit anderen Funktionen ergänzen Das gibt Kunden wie Unternehmen die Sicherheit, dass die Technik wirklich funktioniert. Irgendwo lauert schließlich immer ein technologischer Hickup. Wer sich daran wagt, darf sich doppelt freuen: Die Kosten für die Verwaltung lassen sich teilweise halbieren. Und so entsteht Spielraum für eine gesellschaftliche Chance: die Stärkung der Hausgemeinschaften.

Statt in Aktenordnern zu Blättern können sich künftig die Hausverwalter um die Menschen kümmern und beispielsweise Räume und Anlässe für den Mieteraustausch schaffen. Hausverwaltung goes Community Management! Die Erfahrung zeigt, dass es nicht nur schöner ist, in funktionierenden Hausgemeinschaften zu leben, sondern dass auch die Instandhaltungskosten sinken. Wer seine Nachbarschaft mag, der pflegt sie auch – in jeder Hinsicht. So ist die Digitalisierung des Property Managements zugleich eine Investition in den Wert der Gemeinschaft wie in den Wert der eigenen Immobilie. Ein echter Mehrwert für Wohnungseigentümer und ihre Mieter.

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