Generationswechsel Thronfolge ohne Tränen

Wie der Generationswechsel in Familienunternehmen reibungslos funktionieren kann Quelle: imago images

Bei Generationswechsel in Familienunternehmen kann es schnell zu Streitereien zwischen Senior und Junior kommen. So lassen sich typische Konfliktfelder vermeiden.

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Über den Mittelstand rollt eine Nachfolgewelle hinweg. Ein Großteil der Firmeninhaber hat ein Alter erreicht, in dem er seine Angestellten längst in Rente schicken würde. Nach Erhebungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) liebäugeln bis 2023 rund 511.000 Familienunternehmer mit einem Generationswechsel. Damit stehen Jahr für Jahr gut 100.000 Nachfolgen an.

In vielen Familienunternehmen ist der Stabwechsel ein regelrechtes Tabuthema. Statt die Übergabe frühzeitig zu planen, schiebt der Inhaber den Machtwechsel auf die lange Bank. Mit fatalen Folgen: Eine ungeklärte Nachfolge lähmt den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und gefährdet den Erhalt des Familienvermögens. Dabei bieten sich vielfältige Varianten bis hin zu der Gründung einer Stiftung, sodass für jede individuelle Konstellation eine maßgeschneiderte Lösung möglich ist.

Viele Inhaber träumen zwar davon, ihr Unternehmen an den eigenen Nachwuchs oder Verwandte zu übertragen. Doch viele Firmenpatriarchen lassen nur ungerne los und scheuen den Rückzug aus dem aktiven Geschäft. Sie übergeben schließlich nicht nur einen Betrieb, sondern lösen sich von ihrem Lebenswerk. Die junge Generation hingegen fremdelt häufig mit althergebrachten Strukturen, möchte eigene Ideen umsetzen oder verfolgt einen anderen Lebensweg. Gerade bei kurzfristigen Nachfolgen sind Generationskonflikte vielerorts programmiert. Nicht wenige Übergaben drohen zu scheitern und schaden dem Familienfrieden. 

Schon mit 55 Jahren die Übergabe planen

Eine Firmenübergabe ist eine komplexe Aufgabe, die gründlich geplant werden muss. Zusätzlich erschwert wird die Nachfolge durch größer werdende Gesellschafterkreise in Familienunternehmen, wodurch mehr Personen und Organe eingebunden werden müssen. Je früher der Ablöseprozess und die Nachfolgeplanung beginnen, desto vielfältiger sind die Optionen. Zudem steigen die Chancen auf einen reibungslosen Generationswechsel.

In der Praxis hat sich eine Faustregel bewährt: Spätestens, wenn der Firmenlenker 55 Jahre alt wird, sollte er mit der Nachfolgersuche starten – in der eigenen Familie oder unter den Mitarbeitern. Wird er dort nicht fündig, hat er noch genügend Zeit, einen externen Junior-Chef aufzubauen. Der gesamte Prozess – von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Übergabe – kann schnell fünf Jahre dauern.

Marc R. Hocks ist Vorstandsvorsitzender der Kölner Vermögensberatung Tresono Family Office. Quelle: Tresono Familiy Office

Unternehmer alter Prägung sind gewohnheitsmäßig Alleinentscheider. Die Einbindung des eigenen Nachwuchses erfordert von ihnen ein radikales Umdenken. Sie müssen bestehende Konzepte auf den Prüfstand stellen und sich für neue Ideen des Nachwuchses öffnen. Oft hilft dem Senior auch die Erinnerung, welche Querelen er beim eigenen Einstieg erlebt hat und wie man sie besser hätte lösen können. 

Der Geburtenrückgang macht auch dem Mittelstand zu schaffen. Nur wenige Inhaber sind mit dem Kinderreichtum vergangener Generationen gesegnet. Umso wichtiger ist es, allen potenziellen Kandidaten eine Chance zu geben und sie nicht vorschnell zu verprellen. Je früher der Nachwuchs an unternehmerische Themen herangeführt wird, desto besser. 

Getrennte Wege, gemeinsame Werte

Wer das Familienunternehmen fortführen möchte, benötigt sowohl eine fachliche als auch eine betriebswirtschaftliche Ausbildung. Der Nachwuchs sollte zunächst einen eigenen Karriereweg unabhängig vom elterlichen Betrieb einschlagen und Erfahrungen bei fremden Unternehmen sammeln. So gewinnt der Nachwuchs mehr Autorität und wird von Mitarbeitern nicht vorschnell als „das Kind vom Chef“ abgestempelt.

Gleichzeitig sollten Firmeninhaber aber potenzielle Nachfolger möglichst früh in unternehmerische Fragen einbinden. Dabei helfen regelmäßige Zusammenkünfte der Unternehmerfamilie, auf denen die Firmenentwicklung thematisiert wird. Die Treffen dienen nicht nur dem Erfahrungsaustausch, sondern stärken auch die gemeinsame Identifikation. In kleineren Familien findet der Austausch über unternehmerische Themen traditionell bei gemeinsamen Mahlzeiten statt. Von zentraler Bedeutung ist immer eine offene Kommunikation. So schafft die Unternehmerfamilie auch Raum für Auseinandersetzungen mit unterschiedlichen Positionen und Zielvorstellungen, ohne das Tischtuch zu zerschneiden.

Eine Nachfolge an der Firmenspitze ist nicht die einzige Option. Nicht immer wollen oder sollen Familienmitglieder ins operative Geschäft einsteigen. Auch Nachfolgen als reiner Gesellschafter mit Sitz im Beirat sind eine attraktive Variante. Fachkundige und engagierte Familienmitglieder können Fremdgeschäftsführer als Beirat gezielt überwachen und die Grundlagen für eine erfolgreiche Firmenentwicklung legen. 

Stolperfallen im Blick 

Eine Firmenübergabe ist eine große Herausforderung, sowohl für den Unternehmer als auch für dessen Nachfolger. So verschieden die Unternehmer sind, so verschieden sind auch die Nachfolgeprozesse. Nichtsdestotrotz lauern bei familieninternen Nachfolgen oft einige typische Stolperfallen. Viele Differenzen zwischen Senior und Junior rühren von persönlichen Verletzungen aus der Vergangenheit. Sie flammen durch die Zusammenarbeit leicht wieder auf. Deshalb sollten alle aufgestauten Konflikte ausgeräumt werden, damit auch eine Nachfolge glücken kann. Ganz wichtig ist eine gelebte Streitkultur, die einen Wettstreit der Ideen zum Wohle des Unternehmens zulässt. Zudem sind eigene Verantwortungsbereiche und ein klarer Zeitplan für die Übergangsphase unerlässlich.

Ein systematisches Nachfolgekonzept ist auch betriebswirtschaftlich von hoher Bedeutung. Es bietet der Unternehmensführung Planungssicherheit, verbessert die Bonität und sichert den Mitarbeitern eine langfristige Perspektive. Zudem ist ein offener Umgang mit der Nachfolgefrage für den Inhaber selbst oft befreiend. Er gewinnt das Gefühl, nicht nur gut vorbereitet zu sein, sondern auch ein Unternehmen mit Zukunftsperspektive zu führen.

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