Heidelberger Druckmaschinen 3G am Arbeitsplatz: „Wie am Flughafen in der Priority Line“

Quelle: imago images

Nun dürfen nur Mitarbeiter zur Arbeit, die geimpft, genesen oder getestet sind. Aber wie läuft das und was passiert, wenn die Regel nicht erfüllt wird? Rupert Felder erklärt, wie es bei Heidelberger Druckmaschinen umgesetzt wird.

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WirtschaftsWoche: Herr Felder, normalerweise kommen Ihre Mitarbeiter am Standort Wiesloch-Walldorf mit einer Zutrittskarte zum Arbeitsplatz. Die ist jetzt erst einmal gesperrt. Warum das?
Rupert Felder: Weil nun 3G am Arbeitsplatz gilt: Jeder muss geimpft, genesen oder getestet sein. Seit Monaten sagen wir der Politik: Lasst uns doch den Impfstatus erfragen. Aber das durften wir nicht. Somit steht nun die Frage im Raum: Wie hoch ist die Zahl der Geimpften und Genesenen, wie hoch die derjenigen, die noch getestet werden muss? Das gilt es nun herauszufinden – und dazu ist erst einmal jede Karte gesperrt.

Und wie geht es weiter?
Der Mitarbeiter zeigt seiner Führungskraft den Impfstatus oder den Genesenennachweis. Wenn der stimmt, wird dies als Zugangsberechtigung im IT-Tool des HR-Systems abgehakt, die Werkskarte wieder freigeschaltet und der Mitarbeiter darf auf das Gelände. Wenn der Mitarbeiter weder geimpft noch genesen ist, wird dieser auf eine Liste geschrieben und die Karte bleibt gesperrt. Der Mitarbeiter macht dann einen Coronatest und muss das Ergebnis am Werkstor vorzeigen. Ist der Test negativ, darf er aufs Werksgelände.

Das heißt also, es werden in den nächsten Tagen ziemlich viele Kontrollen vor dem Werkstor stattfinden?
Ja, anders geht es leider nicht.

Dr. Rupert Felder, Personalchef bei Heidelberger Druckmaschinen AG. Quelle: Heinrich Voelkel

Wurden die Führungskräfte denn geschult, worauf sie achten müssen, um beispielsweise Fälschungen von Impfnachweisen zu erkennen?
Nein, das ist den Führungskräften nicht zuzumuten. Ich habe ihnen gesagt: Macht das wie ein guter Gastronom. Ihr kennt eure Mitarbeiter, schaut auf das Datum, kontrolliert gewissenhaft - und es geht nur um die Zugangsberechtigung, nicht um den Impfstatus. Das läuft dann wie am Flughafen: Es gibt eine Priority Line für die mit einem Testnachweis direkt zum Tor, und eine zweite zum Testzentrum, wo dann Tests durchgeführt werden. Alle anderen haben ja wieder funktionierende Werkskarten und können direkt die Tore passieren.

Müssen die Impf- oder die Genesenennachweise dann täglich gezeigt werden?
Impfnachweise haben kein Verfalldatum. Deswegen wird bei denen, die ihn einmal zeigen, die Zugangskarte wieder freigeschaltet. Bei den Genesenennachweisen vermerken die Führungskräfte das Datum - und schauen, ob sich zum Beispiel der Impfstatus ändert, bevor der Genesenenstatus abläuft. Unsere genesenen Mitarbeiter können sich beim Werksarzt einen Termin für eine Impfung holen. Sollte der genesene Mitarbeiter allerdings erst nach dem Verfallsdatum zur Erstimpfung gehen, muss er bis zum vollständigen Impfschutz das tägliche Testprozedere durchlaufen. Da gibt es kein Entrinnen.

Wie läuft es für die Mitarbeiter, die im Schichtdienst sehr früh morgens anfangen - und nicht geimpft oder genesen sind?
Auch denen bieten wir bereits in den frühen Morgenstunden einen Test an. Das sind extra Kosten für zusätzliches Personal, welches dann auch zu den Schichtzeiten testet.

Dazu verpflichtet sind Sie nicht. Das Gesetz schreibt vor, dass Ungeimpfte sich um den Test selbst kümmern müssen. Wieso also nehmen Sie diese zusätzlichen Kosten auf sich?
Wir kommen unseren Mitarbeitern an unseren großen Standorten, etwa in Wiesloch, entgegen, weil wir den Betrieb aufrechterhalten wollen. Dort haben wir auch ein Impf- und Testzentrum. An kleineren Standorten ist dies nicht möglich, da müssen die Mitarbeiter dann auf die Bürgertests ausweichen. In den vergangenen Tagen sehen wir eine zunehmende Anzahl an Infektionen in unserem Unternehmen. Wir erhoffen uns von unserem Angebot also mehr Sicherheit. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass die Produktionskette abbricht. Das versuchen wir zu verhindern.

Zu hohen Kosten.
Bei den Preisen für die Tests zeigt sich die ungezügelte Marktwirtschaft. Vor einigen Wochen waren sie noch sehr günstig und jetzt steigen die Kosten wieder immens. Ein weiteres Problem ist die Lieferung: Teilweise werden die zugesagten Lieferungen nicht eingehalten, wenn jemand anderes mehr bietet. Das ist ein Barometer für die aktuelle Lage.

Durch die Kontrolle entsteht natürlich auch Wartezeit.
Ja das stimmt – und das ist vom Gesetzgeber durchaus gewollt. Es soll nicht komfortabel sein. Das Warten aufs Testergebnis ist keine Arbeitszeit. Das ist klar geregelt. Die Arbeitszeit beginnt erst, wenn der Arbeitsplatz erreicht ist. Deswegen empfehlen wir unseren Mitarbeitern rechtzeitig zu kommen. Und was wir auch empfehlen: schon nachmittags zur Teststation zu gehen und dieses Ergebnis dann am nächsten Morgen vorzuzeigen.

von Christian Schlesiger, Jürgen Salz

Erwarten Sie denn, dass sich nun auch noch weitere Mitarbeiter impfen lassen?
Es gibt immer welche, die sich bisher noch nicht haben impfen lassen. Die melden sich jetzt beim Werksarzt – und bekommen da einen Termin. Wir werden im Dezember auch wieder unser Impfzentrum hochfahren und über 100 Booster-Impfungen am Tag anbieten.

Wie reagieren Ihre Mitarbeiter denn darauf?
Unser Unternehmen ist ein Querschnitt der Gesellschaft - und deshalb gab es schon in den vergangenen Wochen Diskussionen. Und es könnte durchaus mehr Spannungen geben: Zwar muss ein Mitarbeiter seinen Impfstatus nicht offenlegen. Aber dann verfällt der Zugang, die Werkskarte wird nicht freigeschaltet. Da muss man sachlich bleiben: Wir betrachten nur die Zugangsvoraussetzung, keine medizinischen Daten. Und wir führen auch keine Diskussion über die Sinnhaftigkeit. Die Schutzmaßnahmen im Betrieb müssen einfach funktionieren.



Gab es schon Mitarbeiter, die weder geimpft noch genesen waren - und sich auch nicht testen lassen wollen?
Ja das gab es schon. Wir hatten einen Servicetechniker, der Kundenkontakt hatte und keines der 3G-Kriterien erfüllte oder sogar: erfüllen wollte.

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