WirtschaftsWoche: Frau Hartmann, was ist das schlimmste Business-Outfit, das Ihnen jemals untergekommen ist?
Da gibt es wirklich unmögliche Kombinationen. Was ich sehr häufig sehe und wirklich gruselig finde, sind Anzüge, die nicht passen. Vor allem kleine, schmächtige Männer kaufen gerne eine Nummer größer. Sie denken nämlich, dass ihre Schultern dadurch breiter wirken. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Das sieht man auch bei einem unserer Beispiele. Für kleine Männer ist es besonders wichtig, dass der Anzug genau passt.
Nun ist ein zu großer Anzug ja nicht der einzige Fauxpas, den man begehen kann. Wie sieht es mit bunten Kleidungsstücken für den Bürodress aus?
Das kommt ganz auf die Branche an. Bei einer Werbeagentur darf es ruhig mal etwas schriller zugehen als in der Anwaltskanzlei. In einem solchen doch sehr förmlichen Umfeld können Männer höchstens mit der Krawatte experimentieren und eine bunte Farbe auswählen.
Wie steht es mit den Damen?
Bei Frauen ist da mehr möglich. Deshalb können sie aber auch mehr falsch machen. Eine buntes Top oder eine knallige Bluse können in Kombination mit einem klassischen Hosenanzug sehr gut aussehen und niemand würde es als zu flippig bezeichnen. Generell gilt: Je größer das Unternehmen und je höher die Position, umso klassischer die Kleidung. Da bleibt irgendwann nicht mehr viel Spielraum.
Wie schaffe ich es dann trotz der einheitlichen Kleidung im Kostüm oder im Anzug eine individuelle Note zu behalten?
Männer können das über die Auswahl ihrer Krawatte tun. Es ist erlaubt mit Farben und Mustern zu experimentieren.
So kleiden Sie sich richtig
Wie kleidet man sich ordentlich? Dabei geht es um mehr als die Frage, ob mit oder ohne Krawatte. Welche Aussagen lassen sich durch welche Kleidung transportieren? Das ist keineswegs Jacke wie Hose. Ein Crashkurs.
Im Englischen heißt es „it fits“, wenn etwas passt. Daher das Wort „Outfit“. Ihre Kleidung sollte in drei Kategorien passen: Dem Anlass entsprechend, dem Typ entsprechend und der individuellen Aussage entsprechend. Genau in der Schnittmenge liegt das für sie optimale Outfit.
Anzug oder Kostüm sollten Werte wie Vertrauen und Sicherheit widerspiegeln. Das gilt auch für Mitarbeiter im Back-Office. Ein Ziel ist Understatement. Die Kleidung sollte modern und nicht bieder wirken; dunkle Business-Farben wirken am besten.
Es gilt, einen Tick schicker zu sein als im klassischen Business. Hosen mit Pullover gehen maximal in der Werbebranche. Ansonsten eher kompletter Hosenanzug oder Blazer-Hose-Kombi für Damen, Anzüge und Kombinationen für Herren. Anspruchsvoll, gehobene Qualität und dunklere Farben.
Professioneller Look ist hier unabdingbar. Klassische Kostüme, Anzüge und Kombinationen in mittleren bis dunkleren Farbtönen. Farben dürfen nicht ins Auge springen, sollten aber modern sein.
In der Werbung oder bei den Medien darf es bunter und ausdrucksstark zugehen. Hier ist Nähe angesagt und schwarze Kleidung ist da sehr hinderlich.
Für besonders große Männer empfehlen sich farbliche Unterteilungen. Also zum Beispiel blaue Hose oder roter Pullover. Das unterbricht die Größe und lässt Sie weniger lang wirken. Männer mit langen Beinen tragen am besten längere Jacken und Ärmel.
Ist Ihr Körper insgesamt kurz, empfiehlt sich farblich Ton in Ton. Farbliche Unterteilungen würden die Kürze betonen. Haben Sie kurze Beine, sollten Sie von Hosenaufschlägen absehen – und auch davon, Ärmel aufzukrempeln.
Tiefsinnige und Kreative wollen sich ausdrücken. Die Erscheinung darf Außergewöhnliches bieten, also kreativer Kragen, Schmuck, extravagante Brille oder bunte Farben. Bodenständige Typen verwenden besser natürliche Materialien und Erdtöne. Dramatiker und Extrovertierte mögen vielleicht asymmetrisch geschnittene Kleidung – sie sollten dann aber darauf achten, dass sie niemals billig wirkt. Zu sportlichen Typen passen Blau und Grün.
Sollten Sie eine schlanke Frau sein und Kleidergröße 32 bis 34 tragen, sehen Röhrenjeans super aus. Ab Kleidergröße 40 sehen Sie mit ihnen dicker aus. Es liegt also stets an der Form ihres Körpers.
Sind Schulter, Taille und Hüfte gleich breit, empfiehlt sich eine gerade Hose oder ein gerader Rock.
Die Schulter ist schmaler als die Hüfte. Hier sollten Sie Hosen und Rücke in der sogenannten A-Linie mit kurzen Oberteilen kombinieren.
Die Schulter ist breiter als die Hüfte: Hier empfehlen sich Caprihosen, Röhrenhosen und enge Röcke. Die schmalen Hosen lassen sich gut in Stiefel stecken.
Die Figur ist wie eine 8 geformt. Sie ist eine sehr weibliche Figurform. Die Röcke sind konisch geschnitten, sie werden zum Knie hin schmaler. Passende Hosen sind Hosen in Bootcut-Schnitten.
Und bei Frauen?
Die haben wiederum mehr Möglichkeiten. Schmuck, aber auch andere Accessoires wie Tücher und das Make-Up geben den Frauen mehr Gestaltungsspielraum. Aber Vorsicht, das kann auch zu viel sein. Die Accessoires müssen wohl dosiert und aufeinander abgestimmt sein. Ein kantiges Armband passt nicht zu verspielten Ohrringen. Auch die Farben müssen harmonieren.
Das ist manchmal gar nicht so einfach.
Wenn jemand mit der Kombination von Farben unsicher ist, rate ich ihm, die Farben zu wiederholen. Ein Tuch, das die Farbe eines Kleidungsstücks wieder aufnimmt. Oder bleiben Sie insgesamt in einer Farbwelt. Zum Beispiel nur blaugrundige oder nur gelbgrundige Töne.
Wie finde ich denn heraus, welche Farben am besten zu mir passen?
Wenn Sie das genau wissen wollen, empfehle ich eine individuelle Farbanalyse machen zu lassen. Die dauert ein bis zwei Stunden.
Immer passend angezogen
Aber in zahlreichen Frauenzeitschriften und Internetportalen gibt es doch immer wieder solche Beiträge, die sagen welche Farben zu blonden Frauen mit blauen Augen oder zu dunkelhaarigen Frauen mit grünen Augen passen.
Das ist Humbug. Haben Sie schon mal überlegt, wie viele verschiedene blaue Augen es gibt? Solche Verallgemeinerungen halte ich für wenig aussagekräftig.
In unseren Beispielbildern haben Sie erwähnt, dass Nadelstreifen in Deutschland momentan aus der Mode sind. Welche Büroklassiker sind noch vom Aussterben bedroht?
Naja ausgestorben ist der Nadelstreifenanzug mit Sicherheit noch nicht. Er wird wieder kommen, da bin ich mir ziemlich sicher. Auch wird im Moment auf die Weste beim Anzug relativ häufig verzichtet. Sie wirkt sehr formell und elegant, wird deshalb nur zu speziellen Anlässen getragen. Aber ich kann mir vorstellen, dass auch sie eine Renaissance erlebt.
Welche Trends sind denn in den vergangenen Jahren zurückgekommen?
Dunkelblaue Anzüge. Sie gibt es schon seit Jahrzehnten, waren aber bis vor einigen Jahren eher selten zu sehen. Mittlerweile sind sie wieder groß in Mode. Und damit ist man auch wirklich immer passend angezogen, ob im Büro oder beim Geschäftsessen. Im Gegensatz zu schwarzen Anzügen.
Schwarze Anzüge sind also im Büro unpassend?
Korrekt. Ein Fehler, den immer noch viele Menschen machen. Schwarze Anzüge sind für besondere Anlässe reserviert – Hochzeiten, Beerdigungen oder festliche und offizielle Veranstaltungen. Im beruflichen Alltag haben sie nichts zu suchen.
Gerade junge Menschen haben im Beruf das Problem, dass sie durch ihre äußere Erscheinung sehr unerfahren wirken und deshalb nicht ernst genommen werden. Was können sie tun?
Frauen, die mädchenhaft wirken, rate ich zu kräftigen Farben. Finger weg von Rosa und anderen Pastellfarben. Außerdem sollten sie sich schminken. Von Ponys ist ebenfalls abzuraten. Lieber die Haare aus der Stirn kämmen oder binden. Das betont die Augen und schafft mehr Präsenz.
Was können junge Männer tun, um reifer zu wirken?
Ganz wichtig ist ein erkennbarer Haarschnitt, der ein wenig gestylt sein sollte. Zu wilde Haare wirken jungenhaft und unreif. Brillenträger sollten in jedem Fall ein gut sichtbares Modell auswählen. Das wirkt intellektuell und ist momentan sehr aktuell.
Was tragen Sie selbst bei einem Geschäftstermin am liebsten? Es kommt natürlich auch immer auf den jeweiligen Kunden und dessen Branche an. Aber am liebsten trage ich eine Bluse und eine gut sitzende Stoffhose. Darin fühle ich mich am wohlsten und im Zweifel ist diese Kombination auch immer passend.