Duales System Deutsche Berufsbildung für Süditalien

Nach Spanien und Portugal interessiert sich nun auch Italien für das duale System der Ausbildung von Lehrlingen. Bundesarbeitsministerin von der Leyen hat dazu ein Pilotprojekt in Neapel gestartet.

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Lehrlingsausbildung beim Pumpenhersteller KSB AG in Halle an der Saale Quelle: dpa

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat heute mit ihrer italienischen Amtskollegen Elsa Fornero in Neapel ein Memorandum unterzeichnet, mit dem das deutsche Erfolgsmodell "Lehre" nach Italien exportiert werden soll. Überschattet wurde die Veranstaltung von Tumulten. Demonstranten warfen Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper auf die Polizei. Diese antwortete mit Tränengas und versuchte, die Menge mit Gewalt abzudrängen, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Nach Angaben der Kundgebungsteilnehmer wurden 20 von ihnen dabei verletzt. Die Demonstration richtete sich gegen die prekäre Lage auf dem Arbeitsmarkt Italiens.

Im gesamten Süden Italiens liegt die Jugendarbeitslosigkeit mit über 50 Prozent noch über dem landesweiten Durchschnitt von 36,2 Prozent. Dort und in anderen südeuropäischen Ländern arbeiten junge Menschen außerdem oft jahrelang unterbezahlt und ohne Fachausbildung in prekären Arbeitsverhältnissen. Viele Unternehmen haben weder für allzu viele Universitätsabsolventen noch für schlecht ausgebildete Nicht-Akademiker Verwendung.

Die Ministerinnen haben, so heißt es im Bundesarbeitsministerium, eine engere Zusammenarbeit beider Länder in der Arbeitsmarktpolitik vereinbart. Im kommenden Jahr soll außerdem die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der deutschen Arbeitsagentur eine große Informationskampagne in Süditalien durchführen, heißt es aus von der Leyens Ministerium.

Wenn Ökonomen die Akademikerquoten international vergleichen, muss sich Deutschland meist eine Watsche gefallen lassen. Doch offenbar ist das kein wirklicher Nachteil. Tatsächlich gelten Deutschlands gut ausgebildete Lehrlinge als entscheidender Grund für die Stärke des deutschen Arbeitsmarktes und die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Immer mehr Länder übernehmen mittlerweile daher das deutsche „duale System“. Die Hauptverantwortung für die Ausbildung liegt dabei im Unternehmen. Die Berufsschule vermittelt zusätzlich theoretisches Grundlagenwissen. Dadurch sollen die Auszubildenden frühzeitig in das Arbeitsleben hineinwachsen. Die praxisnahe Ausbildung im Betrieb trägt nach Ansicht des Bundesbildungsministeriums für die Schulabgänger wesentlich zur Attraktivität der beruflichen Ausbildung bei. Mehr als 50 Prozent der Schulabgänger wählen einen Ausbildungsberuf, rund 20 Prozent davon haben Abitur, könnten also auch studieren.
 Berufsbildung ist mittlerweile ein Exportschlager gerade in den von Jugendarbeitslosigkeit geplagten Ländern Südeuropas. Aber nicht nur der Arbeitsmarkt profitiert von einem dualen System. Volkswirtschaften mit einer Kombination von betrieblicher und schulischer Ausbildung sind innovationsfähiger als solche, die vorwiegend auf schulische Wege setzen, stellt der aktuelle Innovationsindikator der Deutschen Telekom-Stiftung fest.

Auch Spanien und Portugal wollen Deutschlands System weitgehend übernehmen. Bundesbildungsministerin Annette Schavan und ihr portugiesischer Amtskollege Nuno Crato haben vor einer Woche in Berlin ein Abkommen unterzeichnet, das den Austausch von Auszubildenden und Schülern vorsieht. Zugleich sollen sich Bildungsexperten und Verantwortliche von Unternehmen aus beiden Ländern auf regelmäßiger Basis treffen und gegenseitig informieren.  In Portugal waren im September 2012 laut Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, 35,1 Prozent der unter 25-Jährigen arbeitslos. Demgegenüber liegt die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland bei 8,0 Prozent. Mit Spanien wurde im Juli ein ähnliches Abkommen geschlossen.

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