Einfluss der Technik Schaden digitale Medien den sozialen Fähigkeiten?

Tablet statt Malblock: Die junge Generation wächst in einer digitalen Welt auf. Das hat auch Nachteile. Kinder, die viel Zeit mit technischen Geräten verbringen, können sich nicht in andere Menschen hineinversetzen.

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Internet-Tafeln und Tablet-PC ersetzen Kreide und Schwamm, Mamas iPad das Malbuch: Das hat Folgen für die Sozialkompetenz. Quelle: dpa

Ein Großteil des sozialen Lebens spielt sich heute online ab, auch in Kindergärten, Kitas und Grundschulen erhält die digitale Welt Einzug. Tablet und Smartphone statt Kreide und Schwamm.

Nun muss man diese Entwicklung nicht gutheißen. Und jetzt erhalten die Kritiker der neuen Technologien neue Bestätigung - in Form einer Untersuchung der Universität von Kalifornien in Los Angeles.

Für die Studie zeigten die Forscher 105 Kindern Fotos von verschiedenen Gesichtsausdrücken - mal guckten die Menschen wütend, mal traurig oder ängstlich. Außerdem zeigten sie ihnen Videos von Schauspielern, die diverse Gefühle ausdrückten. Die Kinder sollten daraufhin einordnen, welche Gefühle mimisch dargestellt wurden und wie sich die Menschen auf den Fotos gerade fühlen mochten. Mit anderen Worten: Sie sollten sich in sie hineinversetzen.

Anschließend verbrachten 51 der Grundschüler fünf Tage lang in einem Camp in der Natur. Dort war jegliche Art von Bildschirmen verboten: Es gab weder Fernseher noch Computer oder Handys.

Die Kontrollgruppe aus 54 Gleichaltrigen verbrachte fünf Tage in einer ganz gewöhnlichen Umgebung. Dort verbrachte jedes Kind im Schnitt 4,5 Stunden pro Tag mit Fernsehen, Videos schauen, Nachrichten schreiben und Computerspiele spielen.

Nach diesen fünf Tagen zeigten die Wissenschaftler allen Kindern erneut Fotos und Videos, die sich um menschliche Gefühle drehten. Und siehe da: Die Kinder, die Zeit in der Natur und ohne moderne Medien verbracht hatten, machten beim Zuordnen der Gefühle durchschnittlich neun Fehler. Vor der Woche im Wald waren es noch 14 Fehlzuordnungen. Bei der Kontrollgruppe verbesserte sich das Ergebnis hingegen nur von zwölf auf zehn Fehler.

Die Studie deutet also darauf hin, dass Kinder sich besser in andere Menschen hineinversetzen können, wenn sie Umgang mit echten Spielkameraden haben anstatt mit virtuellen. "Viele Menschen betrachten nur den Nutzen der digitalisierten Bildung", sagt Patricia Greenfield, Mitautorin der Studie. Dabei übersehen sie gerne die Kosten, meint die Forscherin - etwa den Verlust der Empathie.

Nun heißt das nicht, dass Kinder ständig mit hölzernen Rechenschiebern lernen und den ganzen Tag an der frischen Luft verbringen sollen. Stattdessen versteht Greenfield die Studie als Appell: Ein Bildschirm ersetzt keine menschliche Interaktion - womöglich verringert er sogar unsere sozialen Fähigkeiten.

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