
Ist das nun schon Teil der Therapie? Als das Taxi kurz hinter Montfort-sur-Argens von der Landstraße in den kleinen Feldweg einbiegt, dürfen die Neuankömmlinge einen letzten Blick auf eine der Versuchungen der Provence werfen.
Den Wegrand säumen Weinberge mit den Rebsorten Syrah, Grenache und Cabernet. Wie schön wäre es, die Ankunft auf Château Robernier gleich mit einem Glas zu feiern. Aber kurz danach ist es vorbei mit derartigen Genüssen auf dem mittelalterlichen Schloss im südfranzösischen Hinterland. Gebucht sind fünf Tage Entgiftung.
Wasser statt Wein. Functional Food statt Foie Gras. Yoga und Meditation statt mediterraner Lebenslust.
Detox liegt derzeit schwer im Trend. Unter seinem neudeutschen Alias hat das althergebrachte Heilfasten einen Milliardenmarkt erobert. Hollywood-Stars wie Gwyneth Paltrow, Jennifer Aniston oder Angelina Jolie schwören auf grünen Tee, Gemüsesäfte und Smoothies. Damit, so die Hoffnung, wollen sie Körper und Geist von westlichem Wohlstandsmüll reinwaschen.
Überarbeitete Manager, Burn-out-Kandidaten oder auch Nahrungsmittelallergiker tun es ihnen in Scharen nach. Je teurer die neumodische Entschlackungskur, so der Eindruck, desto besser.
Alternative Ernährungsformen
Flexitarier sind Menschen, die gesundheitsbewusst leben und sich auch so ernähren. Für sie gibt es nicht unbedingt grundsätzliche Bedenken, Fleisch zu konsumieren. Das kommt bei Flexitariern nämlich durchaus auf den Teller - aber nur selten. Und wenn, dann stammt das Tier meist aus artgerechter Bio-Haltung, wenn möglich aus der näheren Umgebung. Flexitarier sind nämlich oft unter den sogenannten Lohas* zu finden. Neben dem Wissen, dass eine einseitig fleischlastige Ernährung für den modernen Stadtmenschen ungesund ist (und manchmal auch der zelebrierten Vorfreude auf den Sonntagsbraten als etwas Besonderem!) sind sich Flexitarier auch der Umweltschädlichkeit extensiven Fleischkonsums bewusst.
*Menschen, die einen gesundheitsbewussten und nachhaltigen Lebensstil pflegen (Lifestyle of Health and Sustainability)
Freeganer zeichnen sich weniger durch strenge Regeln der Form "Das darf ich essen - das darf ich nicht essen" aus, als durch den Willen, mit dem Ort ihres Nahrungsmittelbezugs ein Zeichen zu setzen. Freeganer gehen nicht in den Supermarkt, sondern dahinter. Sie holen sich ihr Essen aus dem Müll der Supermärkte und Discounter und setzen sich damit gegen die Wegwerfgesellschaft und Lebensmittelverschwendung ein.
Frutarier pflegen eine besonders strenge Form der pflanzenbasierten Ernährung. Die Ernte der von ihnen gewählten Pflanzen(-bestandteilen) darf den Gesamtorganismus der Pflanze weder beschädigen noch seinen Tod zur Folge haben. Manche Frutarier verzehren Äpfel beispielsweise nur als Fallobst. Knollen etwa (wie Kartoffeln) sind nicht erlaubt: Sie sind der Energiespeicher der Kartoffelpflanze und daher für sie auf Dauer lebenswichtig.
Lacto-Vegetarier nehmen keine Eier zu sich. Milchprodukte dürfen neben Lebensmitteln nicht-tierischen Ursprungs aber verzehrt werden.
Ovo-Lacto-Vegetarier praktizieren eine relativ weit verbreitete und im täglichen Leben eher unkomplizierte Form des Vegetarismus. Neben rein pflanzlichen Produkten wie Obst oder Gemüse nehmen Ovo-Lacto-Vegetarier auch Eier und Milchprodukte zu sich, also Lebensmittel, für deren Gewinnung keine Tiere geschlachtet werden müssen.
Keine Milchprodukte, aber Eier (und pflanzliche Speisen) dürfen Ovo-Vegetarier zu sich nehmen. Unter anderem eine Lösung etwa für Vegetarier, die kein moralisches Problem mit dem Verzehr von Eiern haben, aber an einer Lactose-Intoleranz leiden.
Pescetarier sind Menschen, deren Ernährungsplan Fisch (je nach Ausprägung auch Weichtiere, Milch und/oder Eier) und vegetarische Kost kombiniert. Pescetarismus ist oft, wie andere alternative Ernährungsformen auch, mit einem Unbehagen der Massentierhaltung gegenüber verbunden.
Vegane Ernährung bedeutet: Weder Fisch noch Fleisch, noch Eier oder Milchprodukte stehen auf dem Speiseplan. Stattdessen gibt es Obst und Gemüse. Für die Eiweißversorgung nutzen Veganer (wie viele andere Vegetarier übrigens auch) pflanzliche Proteine, enthalten etwa in Tofu (Sojaeiweiß) oder Seitan (Weizeneiweiß - Gluten). Strengen Veganern ist der Veganismus aber mehr als eine Ernährungsform: Sie lehnen die Nutzung von Tieren (und daher auch tierischer Produkte) ab. Das heißt für einen strengen Veganer: Neben den oben aufgezählten Produkten meidet er auch Honig und Wachsprodukte, Kosmetika mit tierischen Inhaltsstoffen sowie Leder. Wer streng vegan orientiert ist, kann im Supermarkt nicht einfach zu Fertig-Produkten greifen - oft verstecken sich in der langen Zutatenliste solcher Gerichte Milchpulver, Butterreinfett oder Hühnerei-Eiweißpulver. Ein strenger Veganer braucht daher ein gewisses Maß an Durchhaltevermögen und Akribie.
Deshalb ist also schon etwas Skepsis angebracht, wenn ein Londoner Ernährungsexperte und sein Bruder als Meditationstrainer unter dem irgendwie indisch klingenden Kunstnamen Bodhimaya für 2500 Pfund aufwärts ein Detox-Programm in einem angemieteten französischen Schloss anbieten.
Daniel und Cornelius O’Shaughnessy sehen beruhigend normal aus. Keine ausgezehrten Körper, erst mal gibt es auch noch etwas Vernünftiges zu essen. Salat mit Cashewkernen, Thai-Curry mit Reis, Schokoladen-Mousse mit roten Beeren.
Das Ganze nennt sich allerdings „Letztes Abendmahl“, deshalb muss es nun unangenehm werden. Der Weckdienst klopft am nächsten Morgen um sieben an die Prinzessinnen-Gemächer der Robernier-Dynastie – mit einer Tasse lauwarmen Wassers, in der eine Scheibe Zitrone schwimmt. Das fördert den Stoffwechsel und soll Leber und Nieren stimulieren. Wer Detox mit einem entspannten Spa-Aufenthalt am Pool verwechselt, liegt aber falsch.





Da ist es von Vorteil, wenn zumindest die Umgebung reizvoll ist. „In diesen fünf Tagen“, sagt Daniel O’Shaughnessy, „hören unsere Gäste in sich hinein, spüren ihren Körper neu.“ Er hält nichts von radikalen Fastenkuren mit Wasser und Brot. „Unser Körper hat ein natürliches Entgiftungssystem. Alles, was wir hier tun, ist, ihn dabei zu unterstützen und die Grundlagen dafür zu schaffen, auch nach der Kur bewusster zu leben.“
Nur wer will, reduziert seine Ernährung in den ersten beiden Tagen auf Gemüsesäfte, geht am dritten Tag zu Smoothies über und gewöhnt sich an den Tagen vier und fünf langsam wieder an feste Nahrung. Alternativ gibt es an allen fünf Tagen laktose- und glutenfreies „functional food“, das den Körper nicht belastet. Viel Gemüse, ein wenig Hühnerfleisch, eine Handvoll Nüsse.
„Viele Menschen denken, für ein gesundes Leben müssten sie enorm viel Zeit aufbringen. Doch die meisten unserer Kunden haben wenig Zeit. Sie arbeiten viele Stunden täglich und sind häufig in Flugzeugen unterwegs. Wir stellen uns darauf ein und erarbeiten individuelle Ernährungspläne.“