Bjergsø vereint mit seinem dänischen Bierunternehmen die Megathemen der Wirtschaft: Globalisierung, Digitalisierung, Sharing Economy. Seine Kunden, bierdurstige und weltoffene Städter, posten in sozialen Netzwerken Fotos von ihren Lieblingsgerichten und -getränken, haben nostalgisch verklärt Lust auf Selbstgemachtes und stellen – wie er selbst – einen besonderen Anspruch an Qualität. So erzielte Bjergsø in nur zehn Jahren das, worauf der gleichaltrige, börsennotierte Medienkonzern Twitter weiter warten muss: satte Gewinne.
Doch ihm geht es um mehr als Geld: „Ich will gutes Bier machen und anderen Leuten zeigen, wie das schmecken kann“, sagt er. „Und weil Dänemark ein viel zu kleiner Markt für Bier ist, habe ich gleich versucht, die ganze Welt zu erobern.“ Dabei war ihm früher gar nicht klar, wie vielfältig der Gerstensaft schmecken kann. Gemeinsam mit Kommilitonen kaufte er als Student palettenweise das billigste Bier auf der Fähre zwischen Deutschland und Dänemark – und bunkerte es zu Hause im Kühlschrank.
Die internationalen Craft-Bier Stars
Die Schotten aus Aberdeen sind die wohl lautesten Craft-Bier-Brauer Europas. „Dead Pony Pale Ale“ heißt eines ihrer Biere, „Punk IPA“ ein anderes. Zur Finanzierung ihrer Expansion gaben sie eine Anleihe unter dem Motto „Equity for punks“ aus, die rasch unter den Fans verkauft war. Brew Dog suchen seit längerem nach einer Location für eine Bar in Berlin. Womit Besucher zu rechnen haben? Ungewiss: “ Experimentation is our Art. Revolution is our weapon. Walk tall, kick ass and learn to speak craft beer.”
Biertipp: Dead Pony Pale Ale
Statt nur Bier nach Deutschland zu exportieren, geht die kalifornische Brauerei einen Schritt weiter – 2016 plant sie im Marienpark in einer 4000 Quadratmeter großen alten Halle eine Brauanlage aufzubauen. An gleicher Stelle soll auch ein Restaurant entstehen – jedoch anders als ein klassisches Brauhaus mit Bioküche – und gegebenenfalls wie im Stone Bistro Escondido mit veganen Speisen am #meatlessmonday
Biertipp: Stone Smoked Porter
1985 wurde die Brauerei Boston Beer Company von Jim Koch gegründet. Ein Rezept seines Ur-Ur-Großvaters veränderte Koch und brachte es als Samuel Adams Boston Lager auf den Markt – und wurde drei Monate später unter 93 Bieren zum besten Bier der USA gewählt. Die Produktion stiegt in 25 Jahren von rund acht auf heute mehr als 160 Millionen Liter jährlich. Dennoch gilt die Boston Beer Company unter Craft-Bier-Anhängern dank der handwerklichen Zubereitung als Vorbild.
Biertipp: Samuel Adams Boston Lager
Als er sich dann in einer Bar mal was gönnen wollte und einen Eimer mit ausländischen Bierflaschen bestellte, hatte Bjergsø sein Aha-Erlebnis. Ein India Pale Ale, das ihm besonders gut schmeckte, wollte er im 20-Liter-Bottich in der eigenen Küche nachbrauen – um Geld zu sparen. Der Duft aus seinen Brautöpfen mischte sich mit dem der Carlsberg-Brauerei, die gleich neben seiner Wohnung ihren Hauptsitz hat.
Auch sein Bruder Jeppe war inzwischen auf den Geschmack gekommen und hatte in Kopenhagen einen Craft-Beer-Laden eröffnet. Dort verkaufte er Mikkels erste Biere. Als die paar Fässchen, die er zu Hause brauen konnte, nicht mehr reichten, suchte er zunächst in Dänemark eine Brauerei, bei der er als sogenannter Gypsy-Brauer produzieren konnte: Wie ein Handwerker ging er auf Wanderung, mietete Braukessel und zog mit vollen Fässern wieder ab.
Andere Craft-Brauer verkaufen Anleihen und Aktien an Fans und Investoren, um ihre Braustätten zu finanzieren. Bjergsø konnte wachsen, ohne sich zu verschulden. „Ich würde jedem raten, auf organisches Wachstum zu setzen“, sagt Bjergsø. Er habe keinen Bankkredit benötigt oder Investoren suchen müssen. „Deshalb hatte ich nie das Gefühl, ein großes Risiko einzugehen.“
Als die Kapazitäten in Dänemark nicht mehr ausreichten, fand Bjergsø mit der Proefbrouwerij in Belgien einen Ort, an dem er sich regelmäßig zum Brauen einmietete. Und 2007 brachte ihn seine Walz schließlich in die USA, mit gut 4200 Kleinbrauereien die Heimat der Craft-Biere. Er wollte mit den besten Brauern der Welt zusammenarbeiten. Also schrieb er Three Floyds und Alesmith an. Zwei der renommiertesten Kleinbrauereien weltweit, die mit ihren Kreationen schon mehrfach den World Beer Cup gewannen.
Die Craft-Biere der großen Brauereien
Die Tochter der Radeberger-Gruppe ist das sicherlich sichtbarste Unternehmen der Craft-Bier-Szene. Die Kühlschränke von Braufactum mit eigenen Kreationen wie auch importierten Bieren (siehe Mikkeler) sind in guten Supermärkten zu finden.
Biertipp: Firestone Union Jack
Optisch wie geschmacklich sind die Craftwerk-Biere, die auf der Versuchsanlage von Bitburger gebraut werden, ein kompletter Bruch mit der Tradition und der Vermarktung der bekannten Marke.
Biertipp: Barrel Aged Ltd.
Die Köstritzer-Brauerei setzt nicht auf eine neue Marke, sondern versucht, beliebte Sorten der Craft-Bier-Szene unter eigenem Namen zu vermarkten. Derzeit im Angebot: Ein Weizenbier mit starker Fruchtnote unter dem Namen Witbier und ein Pale Ale.
Biertipp: Pale Ale
Das war so, sagt Bjergsø, als hätte er die Rolling Stones und die Beatles gleichzeitig angeschrieben und gesagt: „Hey, lasst uns doch einen Song aufnehmen!“ Weil Craft-Brauer aber neugierig darauf sind, was die anderen machen, luden ihn die Rolling Stones und die Beatles der Craft-Bier-Welt ein, mit ihm an den Braukesseln zu musizieren. Wobei ihm zugutekam, dass er bereits mit seinen ersten Bieren zu einem Star der Szene geworden war. Sein Dunkelbier Beer Geek Breakfast gilt seitdem auf dem Szeneportal ratebeer.com als bestes Stout der Welt. „Ich hatte Bewertungen für Mikkels Bier gelesen“, sagt Nick Floyd, einer der Inhaber von Three Floyds, „und mochte, was er tat. Also tranken wir zusammen und starteten unsere Kooperation.“
Mikkeller braute mit Three Floyds ein gemeinsames Bier, ebenso wie mit Alesmith. Dadurch wurde Mikkeller in den USA bekannt – und sein Brauprojekt zum multinationalen Unternehmen.