Die Gründe sind vielfältig. „Heaven is for Real“-Regisseur Randall Wallace, der für das Drehbuch des martialischen „Braveheart“ für einen Oscar nominiert nominiert wurde, interpretiert den biblischen Massenmarkt so: „Wir hatten mehr als ein halbes Jahrhundert ohne Weltkriege, in dem sich die Menschen auf materielle Güter und ihr Selbst konzentrierten. Das führte zwangsläufig zu einem Hunger nach Spiritualität, wie wir ihn jetzt erleben.“ Mike Medavoy, erfahrener Branchenmogul, der Filme von „Einer flog über das Kuckucksnest“ bis zu „Black Swan“ verantwortete, sieht den Auslöser ebenfalls beim Zeitgeist: „Wir leben in viel komplizierteren Zeiten, weil wir durch die modernen Kommunikationstechnologien mit einer unglaublichen Fülle von schlimmen Erfahrungen, Katastrophen konfrontiert werden. Also suchen die Menschen nach einer Erklärung für ihr Leben, die über reines Geld hinausgeht. Daher wollen sie inspirierende Geschichten, die sich nicht nur um fliegende Männer in Kostümen drehen.“
Mit kommerziellem Kalkül
Wird also aus der amerikanischen Filmindustrie das Holy-Wood? Deren Beteiligte sind eigentlich nicht für ihre sonderlich religiöse Art zu denken bekannt: „Am Sonntag geht Hollywood nicht unbedingt in die Kirche, es erholt sich eher vom Kater der Poolparty,“ so Top-Manager Mark Gill, Produktionschef der Firma Millenium („Expendables“). Das Kalkül, das hinter den Glaubensstreifen steckt, ist also nicht zuletzt kommerzieller Art. „Unser Film ist ein Event, das auf dem erfolgreichsten Buch der Welt basiert“, erklärt Produzent Brad Weston seinen „Noah“. „Die Branche springt auf den Trend auf, weil sie ein Geschäft darin sieht“, so Gill.
Gestartet wurde dieser Trend indes von den echten Gläubigen, die mit einem kleinen Klingelbeutel fürs Budget auskommen mussten. Mit christlichen Dramen wie „Fireproof“ und „Courageous“ etwa zeigte der Filmemacher und Pastor Alex Kendrick in den letzten sechs Jahren, welches Potenzial in diesem Marktsegment steckte. Seine Billigwerke spielten in den Staaten jeweils 34 Millionen Dollar ein. „Soul Surfer“, die Geschichte der gläubigen Surferin Bethany Hamilton, die von einem Hai schwer verletzt wurde, kam in den USA auf ein Ergebnis von 43 Millionen Dollar.
Fans auf dem Land
Und dieses Potenzial wurde noch nicht annähernd ausgeschöpft, bestenfalls von Mel Gibsons Passionsepos. Einer Schätzung des Branchenmagazins „Variety“ zufolge beläuft sich die Zahl gläubiger Christen allein in den USA auf über 180 Millionen. Chris Stone, CEO der Consultingagentur FaithNomics, die sich auf das Marketing für christliche Konsumenten spezialisiert, gibt an, dass seine Zielgruppe über eine jährliche Kaufkraft von 1,75 Billionen Dollar verfügt.
Dass die Produzenten des Mainstreams diese Klientel erst jetzt ins Visier nehmen, hat auch seine Ursache darin, dass sich die Filmbranche auf die Hauptmärkte in den amerikanischen Küstenregionen und Großstädten konzentriert. Das Publikum derartiger Filme dagegen findet sich, wie die Einspielergebnisse zeigen, in den Kleinstädten und mittleren Landesteilen. Aber jetzt lassen sich auch zunehmend die Spieler der ersten Liga auf diese vermeintliche Peripherie ein. „Heaven is for Real“ etwa wurde produziert von Sony, zur Besetzung zählen bekannte Charakterdarsteller. Für die Schöpfung der Bibel-Miniserie zeichnet Mark Burnett verantwortlich, ein Mogul des Reality-TV („Survivor“). Im Herbst kommt „Left Behind“ in die Kinos, die Verfilmung von endzeitlichen Bestsellerromanen voll christlicher Motivik, in der Nicolas Cage die Hauptrolle spielt. Oscar-Gewinner Forest Whitaker wiederum soll den Bestseller „The Shack“ über die Begegnung eines Mannes mit Gott verfilmen.