Staatsbürgerschaft für 150.000 Dollar So läuft das lukrative Geschäft mit den Pässen für Superreiche

Karibik-Reisepass: Für 150.000$ kriegen Reiche eine zweite Staatsbürgerschaft auf St. Kitts und Nevis. Quelle: Getty Images

Amerikanische Millionäre zieht es nach Portugal, deutsche nach Dubai. Der Handel mit Staatsbürgerschaften und goldenen Visa ist zur wichtigen Einnahmequelle für viele Länder geworden. Eine Firma steht im Zentrum des Milliardengeschäfts.

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Die beiden Vulkaninseln St. Kitts und Nevis gehören zu den Kleinen Antillen im Karibischen Meer. Der Sand an den Stränden des Inselstaates ist weiß, das Wasser dank der tropischen Hitze lauwarm. „Zwei Inseln, ein Paradies“ ist der Reklamespruch von St. Kitts und Nevis.

Und doch hat bis vor circa 15 Jahren kaum ein Besucher freiwillig seinen Fuß auf die beiden Eilande gesetzt. Die Stimmung unter den Bürgern war schlecht, gefährlich schlecht sogar. Die Volkswirtschaft hing an der staatlichen Zuckerrohr-Produktion, doch diese war so unrentabel, dass sie eingestellt werden musste. Wer St. Kitts und Nevis besuchte, traf frustrierte Menschen. Und musste zudem fürchten, überfallen und getötet zu werden. Statistik-Experten verzeichneten eine der höchsten Mordraten der Welt.

Dann geschah ein Wunder. Manager einer Firma aus Europa kamen auf die Inseln, erzählten den Bürgern, dass sie statt des Zuckers doch ein anderes Gut exportieren könnten: ein kleines Büchlein mit blauem Einband, darauf das Staatswappen. Den Pass von St. Kitts and Nevis.

Und so fanden Politiker und Bürger von St. Kitts and Nevis ihr Glück. Die Pässe entwickelten sich zum Exportschlager: In diesem Jahr sollen über den Passverkauf 400 Millionen Dollar in die Staatskasse fließen – mehr als 40 Prozent der gesamten Einnahmen.

Die Firma aus Europa – Henley & Partners heißt sie – ist mittlerweile so etwas wie der Weltmarktführer bei der Vermittlung von Staatsbürgerschaften und goldenen Visa. Im Krisenjahr 2022 sorgen die Inflation, die Pandemie und der Ukrainekrieg hohe Nachfrage. Ein neuer Pass kann dabei helfen, außer Reichweite von Putins Atomraketen zu kommen.

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Kunden sind überwiegend Millionäre. Sie sind so wohlhabend, dass sie sich in fremden Ländern eine Staatsbürgerschaft erkaufen können, indem sie dort Millionen in Immobilien, Staatsfonds, Stiftungen oder Unternehmen investieren.

Jürg Steffen, Vorstandschef von Henley & Partners, sagt: „Während der Coronazeit haben viele gemerkt, dass man auch mit einem amerikanischen, deutschen oder Schweizer Pass eingeschränkt sein kann.“ Die Nachfrage komme vor allem von Millionären aus den Vereinigten Staaten von Amerika und habe schon früh nach Ausbruch von Corona begonnen: „Das waren erst Milliardäre, die den Trend gesetzt haben. Die Vermögenden reden miteinander, sie sind alle vernetzt. Viele merken, wie Freunde zusätzliche Aufenthaltsbewilligungen annehmen – und wollen das auch.“ Namen von Kunden nennt er nicht. Nur so viel: „Wenn Sie die Liste unserer Kunden sehen würden, dann würden Sie viele kennen.“

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Amerikaner suchten oftmals „mehrere Lösungen“: ein goldenes Visum in Portugal, Spanien oder Griechenland. Kombiniert mit einer Lösung in Hongkong, Singapur, Australien, Neuseeland. „Unsere Kunden wollen sich global alle Möglichkeiten offenhalten. Sie denken langfristig, über Generationen hinweg“, sagt Steffen.

Seine Firma hat die Fluchtbewegungen der Millionäre untersuchen lassen: In diesem Jahre werden 88.000 High-Net-Worth-Individuals (also Dollar-Millionäre, die somit dank des schwachen Euro auch Euro-Millionäre sind) in andere Staaten auswandern, heißt es darin. Interessant: Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ist vor allem die Nachfrage aus Ländern in Europa gestiegen: In Deutschland um 86 Prozent, in Spanien gar um 202 Prozent, sagt Steffen.

Der deutsche Pass jedenfalls ist unverkäuflich. Und Deutsche können in der Regel nicht Staatsbürgerschaften shoppen gehen, wie etwa Amerikaner oder Schweizer. Für Deutsche kommen vor allem Aufenthaltsgestattungen infrage – vor allem Dubai sei gefragt, aber auch Thailand und Malaysia, so Steffen. In Dubai übrigens sind auch reiche Russen nach wie vor willkommen.

Welche Programme gibt es nun also? Henley & Partners hat einen Überblick erstellt – hier ein Auszug daraus:

Der Preis der Pässe

Henley & Partners-Chef Jürg Steffen sagt, die meisten seiner Kunden wollten aktuell gar nicht umziehen, sie bräuchten es als „zusätzliche Option“: „Es ist wie eine Versicherung. Man weiß wirklich nicht, was passiert. Wer hätte gedacht, dass es in der Ukraine Krieg geben wird?“

Mit den Pass- und Visa-Programmen der Länder kennt er sich bestens aus. Henley & Partners hat viele davon mitgestaltet. Man sei mit mehr als 70 Regierungen in Kontakt.

Wie viele Pässe er selbst hat? Einen. „Natürlich überlege auch ich, ob Europa ein sicherer Aufenthaltsort ist. Der Krieg ist sehr nah. Aber grundsätzlich fühle ich mich sicher mit der Schweizer Staatsbürgerschaft“, sagt er.

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