
WirtschaftsWoche: Professor van Dick, Manager betonen unentwegt, wie wichtig ihnen das Arbeiten in der Gruppe ist. Kaum eine Stellenanzeige kommt noch ohne das Wort Teamfähigkeit aus. Wird Teamarbeit in unserer Gesellschaft überbewertet?
Rolf van Dick: Nein, keineswegs. Die Aufgaben, die in den vergangenen Jahren hinzugekommen sind, machen sie nötiger denn je.
Warum?
Erstens wegen des technologischen Fortschritts. Während zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs eine Arm- oder eine Beinamputation so ziemlich die kompliziertesten Eingriffe waren, verpflanzen Ärzte heute ganze Organe. Diese OPs dauern Stunden, daran sind mehrere Ärzte beteiligt. Einer alleine kann das überhaupt nicht leisten. Zunehmende Spezialisierung führt also automatisch zu mehr Teamarbeit.
Zur Person
Rolf van Dick ist Professor für Sozialpsychologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und beschäftigt seit mehr als zehn Jahren mit dem Thema Teamarbeit. Unteranderem hat er dazu das Buch „Teamwork, Teamdiagnose und Teamentwicklung“ verfasst, das 2013 in der zweiten Auflage erschienen ist.
Gibt es noch andere Gründe dafür, dass wir so häufig mit anderen zusammenarbeiten?
Ja, der zweite wichtige Grund sind die Erwartungen der Verbraucher. Wir sind es mittlerweile gewohnt, ständig neue Produkte kaufen zu können oder extrem schnell Lösungen für Probleme zu erhalten. Würden einzelne Personen in Unternehmen mit der jeweiligen Produktentwicklung oder Problemlösung betraut, würde es viel zu lange dauern.
Und das würde sich der Verbraucher nicht bieten lassen?
Genau. Stellen Sie sich mal vor, Sie wollen einen neuen Telefonanschluss anmelden und das Telekommunikationsunternehmen sagt: In sechs Wochen können Sie dann telefonieren. Das war früher Realität. Heute würde der Kunde in Gelächter ausbrechen und den Anbieter wechseln.
Wer nicht im Team arbeitet, hat also Wettbewerbsnachteile?
So pauschal kann man das sicherlich nicht sagen. Es gibt immer noch Jobs, die vor allem in Einzelarbeit erledigt werden.
Welche wären das?
Im Controlling etwa wird meist alleine gearbeitet. Da brütet ein Spezialist über den Excel Tabellen und rechnet jede Zahl nach. Das sind gleichzeitig aber auch Tätigkeiten, die in ein paar Jahren von Algorithmen übernommen werden können. Was Teams leisten, ist nicht so leicht ersetzbar.
Wieso glauben Sie, dass Teamarbeit schwieriger zu ersetzen ist?
Da geht es häufig um Kreativität, um die Entwicklung von etwas Neuem. Das kann nicht mit Hilfe bestehender Zahlen errechnet werden. Da müssen sich kluge Köpfe austauschen und innovative Ansätze entwickeln.





Aber solche Geistesblitze entstehen ja nicht im luftleeren Raum. Da müssen sich die Teammitglieder ja auch vorab Informationen beschaffen, Geschäftszahlen recherchieren oder Marktanalysen betreiben.
Sicher solche Vorarbeiten laufen häufig in Einzelarbeit ab. Das ist aber überall so. Sogar im Sport. Nehmen wir die Formel 1. Natürlich sind da die Rennteams, die für ein technisch einwandfreies Auto und den reibungslosen Boxenstopp verantwortlich sind. Auf der Strecke ist der Fahrer dann aber auf sich gestellt. Es ist immer eine Mischung aus beidem. Der Fokus liegt mittlerweile häufig auf der Teamarbeit.
Das alleine ist aber sicherlich keine Erfolgsgarantie.
Natürlich nicht. Teamarbeit kann an vielem scheitern.