Die Eindrücke des vergangenen Reise-Sommers sind noch frisch: Lange Schlangen vor der Sicherheitskontrolle, genervte Fluggäste, die ihrem Unmut in sozialen Netzwerken und vor Fernsehkameras Luft machen und Bilder von bergeweise Gepäckstücken, die ihre Besitzer nicht erreichten.
Die Flughäfen hatten massive Probleme bei der Abfertigung: Die Nachfrage nach Flugreisen und der Wiederhochlauf des Betriebs nach den Lockdowns brachten Flughäfen an ihre Grenzen, vor allem weil Personal fehlte.
Experten erwarten auch für die kommenden Sommermonate Turbulenzen. So warnte die europäische Flugsicherungsbehörde Eurocontrol, auch 2023 könnte es viele Verspätungen und Flugausfälle geben – schlimmer als im Vorjahr, da beispielsweise nach Pandemie-Ende wieder nach und aus China geflogen würde. Der Flughafenverband ADV rechnet damit, dass es vor allem zur Hauptreisezeit im Juli und August voll werden könnte: Er prognostiziert 42 Millionen Menschen, die fliegen wollen. Das wären rund 16 Prozent mehr als in den Sommermonaten 2022.
Wie Sie Wartezeiten und Stress vermeiden können – dank neuer Technik und Tipps eines Vielfliegers.
Den richtigen Flug buchen
Dass ein Direktflug schneller und stressfreier über die Bühne geht: klar. Dafür müssen Fluggäste tiefer ins Portemonnaie greifen, sich aber nicht über Anschlüsse und Zwischenaufenthalte Gedanken machen. Frühzeitig zu buchen lohnt sich, um dabei Geld zu sparen. Außerdem sind Flüge morgens tendenziell pünktlicher, da sich Verspätungen über den Tag anstauen. Jens Degner ist Chef der Beratung Airport Commercial Services GmbH und selbst Vielflieger: „Wenn ich Langstrecke fliege, versuche ich nachts zu fliegen, um am Zielort ausgeruht in die jeweilige Zeitzone einzusteigen. Vorher stelle ich die Uhren schon mal auf die lokale Zeit am Zielort um.“
Richtig packen
Kein Geheimtipp, trotzdem schnell vergessen: Wer fliegt, sollte seine Tasche gut organisieren. Wer Elektronik, Flüssigkeiten und Medikamente sachgemäß verstaut und schnell zur Hand hat, verliert weniger Zeit bei der Sicherheitskontrolle und spart sich zudem hektisches Wühlen in der Tasche. Jens Degner reist auch bei mehrtägigen Aufenthalten meist mit Handgepäck. „Wenn ich dennoch Gepäck aufgeben muss, nutze ich die Automaten. Das spart Zeit.“
Checken Sie die Wartezeiten online vorab
Viele Flughäfen stellen Echtzeitdaten zu Wartezeiten zur Verfügung. Der Frankfurter Flughafen beispielsweise gibt sie ab der Bordkartenkontrolle an. Ein Blick auf die Wartezeiten kann sich vor allem dann lohnen, wenn die Anreise kurz ist oder für die Planung des Aufenthalts am Flughafen selbst. Je nachdem, ob Feiertag, Ferien oder Wochenende ist, können die Schlangen länger sein – und je nach Passagieraufkommen und Personalstärke.
Buchen Sie ein Zeitfenster für die Sicherheitskontrolle
Was viele nicht wissen: Auch hierzulande bieten einige Flughäfen an, dass Reisende feste Zeitfenster für die Sicherheitskontrolle vorab buchen können. Bereits jetzt geht das schon an den Flughäfen Köln/Bonn, Hamburg, Hannover, Düsseldorf, Frankfurt und Berlin-Brandenburg. Der Service ist hierzulande kostenlos – im Gegensatz zu den Fast Lanes, die Fluggäste nur unter bestimmten Voraussetzungen nutzen dürfen. Vielflieger Jens Degner nutzt den Service regelmäßig: „Manchmal sind die Slots schon ausgebucht. Aber das System funktioniert sehr gut, man kann so sehr viel Wartezeit sparen.“
Buchen Sie vorab einen Parkplatz und nutzen Sie den Online-Check-in
Wer schon einmal kurz vor knapp am falschen Terminal stand, wird sich eines gewünscht haben: Sich vorher über den Flughafen informiert zu haben. So lohnt es sich, den Standort des Terminals vorab zu checken und – je nachdem, wo dieser liegt – eine Zubringermöglichkeit zu planen. Jens Degner rät denjenigen, die mit dem Auto anreisen, sich vorab online in der Nähe des Terminals einen Parkplatz zu buchen. Damit fällt die Parkplatzsuche weg, außerdem geben Flughäfen manchmal Rabatte auf ihren Buchungsseiten. Flüge checkt er vorher online ein. Wer diesen Service nutzt, muss sich am Flughafen nicht am Schalter oder Automaten anstellen.
Acht Tipps zum Stressabbau
Versuchen Sie, die Situation, die Ihnen Frust bereitet, ganz bewusst von oben beziehungsweise von außen zu betrachten. So bauen Sie eine innere Distanz zum aktuellen Geschehen auf. Zum Beispiel: „Der Stau, in dem ich gerade stehe, ist eine Tatsache, die ich nicht ändern kann. Wenn ich mich aufrege, verschlimmere ich die Situation nur.“
Quelle: Deutsche Herzstiftung
Sport zählt laut der Deutschen Herzstiftung zu den besten Möglichkeiten, um Stress loszuwerden. Bereits eine halbe Stunde Bewegung, sei es Walking, Schwimmen oder Tennis, kann das Stresslevel deutlich senken.
Zwar lassen sich die Ursachen von Stress nicht immer beheben, etwa bei einem schwierigen Chef. Bei Stress in der Beziehung können gezielte Gespräche helfen.
Hier gilt: Nicht schon aufgebracht ins Gespräch gehen, sondern lieber ein paar Tage warten und alle Argumente und Gegenargumente auch sacken lassen.
Yoga, autogenes Training und Co. werden immer wieder angepriesen – doch nicht jedem sind sie eine Hilfe. Während manche Menschen alleine und in völliger Stille entspannen, bevorzugen andere etwa die Anleitung in einer Gruppe.
Die gewählte Technik sollte unbedingt regelmäßig geübt werden, damit sie in akuten Stress-Situationen dann auch abrufbar ist.
Unter dem „Gegenentwurf“ versteht man die ständige Pflege persönlicher Interessen, seien es Chorsingen, Fußballspielen oder Briefmarkensammeln. Also Aktivitäten, die uns anregen, ein Kontrastprogramm zum (beruflichen) Alltag bieten, uns positiv herausfordern – und so vom negativen Stress ablenken.
Fernsehen mag zwar entspannend erscheinen, doch man ist dabei passiv und erreicht keine nachhaltige Stress-Reduktion. Wertvolle Zeit, in der man den Ärger des Tages verarbeiten und abschütteln kann, geht so verloren.
Es kann helfen, sich einen Plan zu machen, an welchen Tagen man den Fernseher auf jeden Fall auslassen und stattdessen etwa ein altes Hobby wieder aufleben lassen oder ein Treffen mit Freunden verabreden kann.
Gerade wer viel zu tun und das Gefühlt hat, dass der Tag nie genug Stunden haben kann, achtet oft nicht ausreichend auf seine Ernährungsweise. Es wird dann oft das Falsche, zu hastig und insgesamt zu viel gegessen und häufig auch zu viel Alkohol getrunken.
Zusammen mit Bewegungsmangel kann das zu Übergewicht führen, was Unzufriedenheit und Frustgefühle noch verstärken kann. Man sollte sich am Besten ein Repertoire an schnellen und gesunden Mahlzeiten zulegen, etwa aus der Mittelmeerküche, die sich auch gut vorbereiten lassen.
Arzneien, die Beruhigung versprechen gibt es zwar – sie sollten aber stets nur unter Kontrolle eines Arztes zum Einsatz kommen, und nicht einfach auf eigene Faust im Internet bestellt werden.
Als Beispiel nennt die Deutsche Herzstiftung Benzodiazepine, die für langfristige Stressbewältigung ungeeignet sind, weil sie schon nach kurzer Zeit abhängig machen und zudem erhebliche Nebenwirkungen (Konzentrationsschwierigkeiten, Benommenheit) haben können.
Diese Apps helfen Ihnen schnell vor Ort
Helfen können zudem Apps. Die der eigenen Fluggesellschaft bietet einige nützliche Funktionen: Reisende können damit vorab einchecken und in der App ihre Bordkarte hinterlegen. Außerdem erhalten sie Echtzeit-Daten zum Flug und oder Änderungen des Gates. In der App der US-amerikanischen Fluggesellschaft Delta beispielsweise können Kunden zudem Wegbeschreibungen durch Flughäfen aufrufen. Aber auch die der Lufthansa bietet neue Dienste an: So können Reisende dort künftig nachschauen, welche Schlangen der Sicherheitskontrollen am kürzesten sind.
Um sich vor Ort gut zurechtzufinden, rät Vielflieger Jens Denger zu Flughafen-Apps. „Sie sind für mich die beste Orientierungshilfe.“ Alle größeren Airports bieten Reisenden darin kompakte Lagepläne und Informationen.
Eigenes Essen und Getränke – und genügend Zeit
Wer am Flughafen Zeit (und Geld) sparen möchte, kann eigene Verpflegung mitbringen. Damit entfallen der Weg und die Schlange am Imbissstand. Wer am Flughafen gerne einkauft, kann Artikel per „Click & Collect“-Verfahren oft schon vorbestellen und dann nur noch abholen. An manchen US-amerikanischen Flughäfen können Sie sich Speisen und Getränke sogar ans Gate liefern lasen – auch dafür gibt es Apps von Anbietern wie „Airport Sherpa“ oder „AtYourGate“.
Für die langen Wege sind bequeme Schuhe von Vorteil. Trotz guter Vorbereitung ist ein Punkt dennoch der wohl Wichtigste: Genügend Zeit einplanen.
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