Übergeswapt
Das Sparschwein ist eher eine schlechte Option für die Geldanlage. Aber andere Anlageformen sind für viele Verbraucher schwerer zu durchschauen. Quelle: dpa

Online-Anleger, aufgepasst!

Die Aufsichtsbehörde Bafin kümmert sich derzeit vor allem um die Rolle der Banken bei der Wirtschaftsförderung. Gerät dabei der Verbraucherschutz womöglich aus dem Blick?

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Der Verbraucher ist ein sonderbares Wesen. Jeder von uns ist ein Verbraucher, obwohl wir alle unterschiedlich sind, unterschiedliche Vorlieben und Verhaltensweisen haben,  unterschiedlich geprägt sind. Das Recht hat daher ein Idealbild eines Verbrauchers geschaffen, der sozusagen Blaupause sein soll für gesetzliche Auslegungen, aber auch Maßstab für die Rechtsprechung: der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher. Und wer würde nicht gerne von sich behaupten, diesem Ideal zu entsprechen?  Wo aber steht der Verbraucher in Corona-Zeiten?

Diskussionen darum, wie und wann die Wirtschaft wiederaufgebaut werden kann, vermitteln  den Eindruck, dass der Verbraucher im Moment in den Hintergrund tritt – oder nur als Konsument wichtig ist. Doch mit einem Blick auf den Finanzmarkt und die Tätigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird klar, dass der Verbraucherschutz auch in diesen Tagen bedeutend ist. Vor wenigen Tagen erst hat die BaFin eine neue Konsultation veröffentlicht, in der es darum geht, wie Banken und Finanzdienstleister mit Verbrauchern umgehen sollen. Es werden Mindestanforderungen gesetzt, die das vorhandene Gesetz konkretisieren, damit Banken besser wissen, wie und was die BaFin im Rahmen ihrer Aufsicht prüft und verlangt. Danke, BaFin – oder ist hier schon wieder der deutsche Bürokrat tätig geworden, der gerne genau vorgibt, wie was zu laufen hat?

Fokus auf die Online-Broker

Da geht es einerseits um Anforderungen an Informationen, die Banken und Finanzdienstleister veröffentlichen und die sich an ihre Kunden, also die Verbraucher, richten. Dabei gibt es dafür bereits gesetzliche Vorgaben: Die Infos sollen redlich, eindeutig und nicht irreführend sein. Das wirkt wie eine Selbstverständlichkeit – ist es dann bei einem Blick auf die Praxis aber doch nicht, weswegen der Gesetzgeber dafür eine Regelung getroffen hat. Diese Regeln gelten übrigens europaweit. Denn der spanische Verbraucher soll ja genauso richtige Informationen erhalten wie der deutsche. Nun schlägt die BaFin in der aktuellen Konsultation vor, welche Informationen bei der Verwendung von Online-Brokerage-Tools wichtig sind, also etwa bei Apps oder Online-Handelsplattformen, über die ein Verbraucher auf dem Handy eine Handelsorder direkt an seinen Broker abgeben kann. Diese Tools werden genutzt, wenn im Web mit Wertpapieren gehandelt wird – ein Marktsegment, das derzeit einen ordentlichen Aufschwung erlebt, trotz oder sogar wahrscheinlich aufgrund der hohen Volatilität der Märkte. Trading-Webinare boomen gerade

Mit Online-Trading-Tools werden eine Vielzahl von Kunden erreicht – und nicht alle wissen, was genau sie da tun. Nicht alle entsprechen eben dem rechtlich erwünschten fähigen und verständigen Durchschnittsverbraucher, der sich erst gut informiert und dann entscheidet. Also ist es wichtig, dass vor allem Preishinweise einfach und verständlich formuliert werden. So müssen die Verbraucher künftig noch verständlicher darüber aufgeklärt werden, dass es für sie die Möglichkeit gibt, Aufträge zu begrenzen, um höhere Kosten als gewollt bei der Ausführung eines Kaufauftrags von vornherein zu verhindern. Eine sinnvolle Maßnahme.

Andererseits greift die BaFin im analogen Bereich in der aktuellen Konsultation ein altbekanntes Thema auf. Nämlich die Anforderungen an eine Anlageempfehlung, die ein Anlageberater einem Privatkunden gegenüber ausspricht. Jeder Privatkunde muss vor Abgabe einer Kauf- oder Verkaufsentscheidung für Wertpapiere eine Erklärung zur Verfügung gestellt bekommen, die noch einmal ausführt, wieso das gewünschte Wertpapier für ihn mit seinen ganz individuellen Anlageabsichten geeignet ist. So soll verhindert werden, dass hochriskante Anlagemöglichkeiten angeboten werden Hätten wir es mit einem aufmerksamen und verständigen Verbraucher zu tun, wäre das  nicht nötig, denn im Gespräch mit dem Anlageberater könnte der Verbraucher ja alles klären. Ob es nun hilft, wenn ein Anleger im Rahmen der Anlageberatung noch einmal schwarz auf weiß sieht, was gerade besprochen wurde, bevor er eine Entscheidung trifft, mag dahingestellt sein. Jetzt hilft die BaFin sogar noch mehr und gibt vor, was in so  einer Erklärung stehen soll, bis hin zur  konkreten Formulierung.

Wir können also alle aufatmen. Denn auch wenn sich unsere BaFin im Moment sehr viel mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Finanzmarkt und die Rolle der Banken bei der derzeitigen Wirtschaftsförderung beschäftigt und der Finanzbranche nötige Erleichterungen gewährt, geht eben auch das normale Geschäft der Aufsichtsbehörde weiter. Nahezu täglich veröffentlicht sie, dass wieder irgendein Unternehmen ohne Erlaubnis Finanzdienstleistungen erbringt und dies einzustellen ist. Daneben gibt sie Hinweise, wenn Aktienwerbungen irreführend sind.

Der Verbraucher kann sich daher beruhigt zurücklehnen. Die BaFin hat ihn schützend im Blick, wohl wissend, dass eben nicht jeder Verbraucher der umsichtige und gut überlegt handelnde Verbraucher ist, der wir gerne bei allen Entscheidungen wären.

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