Edelmetalle Gold ist bloß aus Silber

Manche beißen auf die Medaille, andere schwenken sie bei der Siegerehrung fröhlich in die Runde. Der Wert von olympischem Gold ist höchst emotional. Weit höher, als der wahre Edelmetallgehalt.

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Jeff Henderson aus den USA stört es wenig, dass der Materialwert seiner Goldmedaille im Weitsprung nur 550 Dollar beträgt. Quelle: AP

Salvador de Bahia/ Düsseldorf Als  die deutschen Frauen beim Doppelvierer in Brasilien Gold holten, hängte Ihnen die IOC-Funktionärin und frühere Olympiasiegerin Irena Szewinska eigentlich nur sechs Gramm echtes Gold um den Hals. Die 500 Gramm schweren Medaillen bestehen laut offiziellen Angaben nämlich zu fast 99 Prozent aus Silber.  Damit ist das Metall der Goldmedaillen gerade mal 200 Euro mehr wert als das der Silber-Medaillen, die aus reinem Silber gegossen werden.

Genauer: Beim derzeitigen Goldpreis von 43 Dollar je Gramm Gold und 65 US-Cent je Gramm Silber ist eine Goldmedaille 555 US-Dollar wert, also rund 500 Euro. Übertroffen wurde das in jüngster Zeit nur von den Medaillen der Olympischen Spiele in London, als Edelmetallpreise noch höher waren. Damals hatte eine Goldmedaille 640 US-Dollar Materialwert.

Für 500 Euro um den Hals haben sie die Ruderfrauen bestimmt nicht so angestrengt. Es ist der ideelle Wert, der zählt. Wären die Medaillen durch und durch aus echtem Gold, hätten sie rund  21.500 US-Dollar gekostet.  Das wäre bei über 1600 Goldmedaillen in den olympischen und paralympischen Spielen für das Gastgeberland unbezahlbar.

Teuer wird es für die staatliche Münzprägeanstalt Brasiliens auch so. Sie musste für die Wettbewerbe 5130 Medaillen prägen und dafür insgesamt 2,5 Tonnen Metall verarbeiten. Darunter 4,9 Kilo Gold und 1,6 Tonnen Silber. Vom Materialwert her ist auch eine Silbermedaille nicht billig. Das Silber wäre, zum aktuellen Tageskurs von 65 Cent berechnet, umgerechnet knapp 300 Euro teuer. Nur bei Bronzemedaillen lässt sich der Materialwert vernachlässigen. Er liegt bei rund zwei Euro für fast 500 Gramm Kupfer und etwas Zink.

Nun zur Optik: Die Olympiade die große Stunde der  brasilianischen Münzanstalt, die sonst unter den brasilianischen Institutionen nur ein Schattendasein führt. Vor mehr als dreihundert Jahren wurde sie vom portugiesischen König Dom Pedro  II gegründet. Doch in Brasilien weiß kaum jemand, dass das Land einer der größten staatlichen Banknoten-, Pass- und Münzdruckereien weltweit betreibt.

Das muss sich ändern, dachten sich die Verantwortlichen im Finanzministerium, dem die Münze untersteht. Die Olympischen Spiele am Zuckerhut nahmen sie zum Anlass, um mal richtig zu zeigen, was sie können: Die Münzanstalt hat die Medaillen nicht nur geprägt – sondern auch ganz neu designt: 100 Mitarbeiter waren dort jahrelang mit der Entwicklung einer ganze neuen Serie von Medaillen beschäftigt. „Sie haben ganz einzigartige Objekte rarer Schönheit geschaffen“, lobte sie Carlos Arthur Nuzman, der Präsident des brasilianischen Olympischen Komitees bei der Vorstellung Mitte Juni an der Seite von IOC-Präsident Thomas Bach. 

Wenn man den Ausführungen der brasilianischen „Münze“ glauben darf, hat sie die Medaillen besonders nachhaltig hergestellt. Das Gold sei frei von Quecksilber, 30 Prozent des Silbers wurden nach ihren Angaben aus Schweißdrähten, Windschutzscheibenheizungen und Röntgengeräten recycelt. Das Holz der Schatullen, die zu den Medaillen gehören, stammt laut „Münze“  aus  Plantagen und nicht aus Regenwäldern.

Für die Medaillen der der Para-Olympischen Spiele wurde zudem eine einfallsreiche Neuerung eingeführt: Die Münzen enthalten zwischen 28 bis 16 kleine Metallkugeln. Die Medaillen klingen so je nach Rang unterschiedlich:  Bei der Goldmedaille klingelt es am lautesten, bei Bronze leiser.


Ein sehr enger Markt für Sammler

Solche Details sind für den Münzenhändler Bernhard Winter aus Düsseldorf weniger wichtig. Mehr als zwei Dutzend Goldmedaillen hat er schon gehandelt und versteigert, dazu noch viele Silber- und Bronzemedaillen. Seine Kunden stammen aus aller Welt. Bei Winter wechseln die Stücke zu ganz anderen Preisen den Besitzer als zu ihrem reinen Edelmetallwert.

Seine Kunden kommen aus aller Welt, neuerdings auch aus China. Viele sind Sportfans oder hatten beruflich mal mit Sport zu tun. Vierstellige oder gar fünfstellige Summen zahlen sie für Medaillen aus vergangenen Olympiaden. „Solche Medaillen sind sehr selten, denn nur wenige Sportler wollen ihre Medaillen weggeben“, sagt Winter. Der enge Markt bestimme deshalb die Preise.

Manchmal kommen die Sportler direkt zu ihm ins Geschäft. Wer, verrät er nicht. „Manche brauchen dringend das Geld, andere sind schon älter und wollen die Medaillen lieber selbst noch zu Geld machen, bevor sie die Kinder verkaufen.“

Die „Welt“ berichtete etwa von der estnischen Olympiasiegerin Erika Salumäe. Die Bahnradrennfahrerin hatte 2013 ihre beiden Goldmedaillen aus Seoul und Barcelona zusammen mit anderen Memorabilien aus ihrer Sportler-Karriere versteigert, um eine teure Rückenoperation damit zu finanzieren. Darunter auch das Olympiafahrrad der Spiele von 1992 in Barcelona. Alles in Allem hat sie damit laut dem Bericht rund 95.000 Euro zusammenbekommen.

Münzenhändler Bernhard Winter kennt die ideellen Werte und handelt nicht nur mit Medaillen sondern auch mit anderen olympischen Sportlerandenken. Etwa mit den Vorläufern der heutigen Plastikausweise. Das seien hübsche emaillierte Ansteckabzeichen, teils mit unterschiedlichen farbigen Bändchen gewesen, die Farbe abhängig von der Sportart. Ab 50 Euro seien diese Stücke heute zu haben. Oder er hatte auch schon eine der Fackeln im Angebot, die beim Lauf von 1996 benutzt wurden. Damals entzündete der legendäre Boxer Muhammad Ali in Atlanta das Feuer. Winters wertvollstes Stück bislang war eine Goldmedaille der Winterspiele von Squaw Valley 1960. „So ein Stück hatte ich vorher noch nirgends auf dem Markt gesehen“, sagt er. 40 000 Euro hat ein Bieter dafür bezahlt.  

Medaillen aus echtem Gold gibt es heute praktisch nur noch im Museum: Bis 1912 wurden Medaillen aus reinem Gold vergeben. Sie waren damals aber auch nur 24 Gramm schwer. Das reichte wohl damals. Sie mussten schließlich nicht groß in den Fernsehkameras sichtbar sein. 

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