Krypto-Währungen Die drei großen Blockchain-Allianzen

Der Kampf um die Vorherrschaft bei den dezentralen Datenbanken ist entbrannt. Unternehmen und Banken entwickeln gemeinsam sogenannte Blockchains. Wer sind die wichtigsten Verbünden? Und wie weit ist die neue Technologie?

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Blockchain: Die drei großen Blockchain-Allianzen Quelle: Reuters

Düsseldorf/New York Blockchain, so viel steht fest, wird sich zur neuen großen Zukunftstechnologie entwickeln. Doch noch ist nicht klar, wie genau diese dezentralen Datenbanken ausgestaltet werden und welche Technologie sich am Ende durchsetzt. Egal ob beim Abwickeln von Zahlungsverkehr, beim Erstellen einer Lieferkette oder bei der Analyse von Patientendaten – überall können die komplexen Algorithmen Prozesse vereinfachen.

Statt Daten auf zentralen Servern zu lagern, sind die Informationen in der Blockchain dezentral auf oft tausenden von Rechnern verteilt. Sie ermöglicht es den Unternehmen, sogenannte „Smart Contracts“ auszustellen – so werden Zahlungen an einen Lieferanten beispielsweise automatisch ausgelöst, wenn er die richtige Menge zur vereinbarten Zeit geliefert hat.

Unternehmen aus der ganzen Welt können und wollen sich dieser Technologie nicht entziehen. So schließen sie sich zusammen – zum Teil nach Branchen geordnet, zum Teil über verschiedene Sektoren hinweg. Dabei ist das Feld ist unübersichtlich. Einige Unternehmen schließen sich einer Allianz an und wechseln wenig später zu einer anderen. Ein paar Unternehmen sind gleich bei mehreren Verbünden mit dabei. „FOMO“ oder „Fear of Missing Out“, heißt das Phänomen das gerade die globale Konzernwelt antreibt: Die Angst, etwas zu verpassen.

„Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um einzusteigen“, sagt Professor Emin Gun Sirer von der Cornell-University aus Ithaca im Bundesstaat New York. „Wer jetzt einer Allianz beitritt, der kann noch beeinflussen, wie die Programme künftig aussehen werden.“ Sirer gehört selbst einem Verbund von Wissenschaftlern an, die zu Blockchain-Allianzen forschen. Klar ist auch: Je mehr Unternehmen sich einem Netzwerk anschließen, desto besser können die Vorteile der neuen Technologie genutzt werden.

Die Blockchain-Technologie liegt auch der Krypto-Währung Bitcoin zugrunde. Während der Software-Code dazu öffentlich ist, sind die Unternehmen nun dabei, sich die besten Funktionen herauszupicken und in einer sogenannten privaten Blockchain nur für bestimmte Mitglieder zugänglich zu machen. So soll auch der Schutz von Daten gewährleistet werden.

Und während es fast täglich Meldungen von neuen kleinen Kooperationen gibt, zeichnen sich derzeit drei große Blockchain-Allianzen ab.

Hyperledger

Das Konsortium entwickelt Blockchain-Projekte auf der Basis von Linux, also mit frei verfügbarer, kollektiv weiter entwickelter Software. Maßgeblich wird Hyperledger von IBM entwickelt. Doch auch die Deutsche Börse und SAP sind daran beteiligt. Insgesamt gibt es 120 zahlende Mitglieder, sagt Brian Behlendorf, der Exekutivdirektor des Hyperledger-Projektes.

Den ersten Meilenstein verkündete die Allianz diese Woche. Die „Hyperledger Fabric“, ein wesentlicher Teil des Software-Angebots, wurde in der Version 1.0 veröffentlicht. Das heißt, sie hat die Beta-Testphase verlassen und ist nun ausgereift genug, um sie in einzelne Unternehmen integrieren zu können. Der Code sei kriegserprobt und bereit für die Massen, versichert Behlendorf im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Sicher werden noch ein paar Fehler auftauchen und behoben werden müssen“, stellt er klar. Aber das gehört dazu. „In den nächsten Jahren werden viele neue Produkte und Dienstleistungen auf der Basis von Hyperledger laufen.“

Auch europäische Banken setzen auf diese Technologie. Ende Juni kündigte eine Gruppe von sieben Finanzinstituten an, mit Hyperledger Fabric und IBM eine eigene Blockchain zu entwickeln. So sollen kleinere und mittlere Unternehmen in Europa einfacher Handelsgeschäfte im In- und Ausland abschließen können. Mit dabei sind unter anderem die Deutsche Bank, HSBC, Unicredit und Société Générale.


JP Morgan bringt Teile einer eigenen Blockchain ein

R3

R3 ist speziell auf Banken ausgerichtet. Die Blockchain namens Corda wurde für finanzielle Transaktionen zwischen regulierten Finanzinstituten entwickelt. Corda zeichnet diese auf, verwaltet und synchronisiert sie. Dabei greift das Konsortium, zu dem auch die Commerzbank und die Deutsche Bank gehören, nicht auf die Blockchain zurück. R3-Chef David Rutter spricht lieber von „Distributed Leger Technology“ (DLT). Zwar gibt es auch hier keine zentrale Instanz, die zum Beispiel Zahlungsvorgänge, den Besitz vor Wertpapieren oder Kundendaten registriert. Anders als bei der Blockchain bekommt bei Corda aber nicht jeder, der sich in das Netz einklinkt, auch alle Daten – sondern nur diejenigen, die betroffen sind.

Während Bitcoin-Zahlungen in den „Blocks“ für jedermann sichtbar sind, wenn auch mit anonymisierten Adressen, sehen bei Corda nur Empfänger und Sender, was passiert. „Wir vertrauen uns gegenseitig, daher hat es keinen Sinn, Terrabytes an Daten durch die Welt zu schicken“, erklärte Rutter Ende Mai im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Anders als andere Allianzen sammelt R3 auch Investments von seinen Mitgliedern ein. 107 Millionen Dollar hat Rutter Ende Mai von R3-Mitgliedern wie Bank of America, HSBC und Intel eingesammelt. Diese Woche verkündete der Verbund außerdem eine weitere Kooperation mit Intel, um die Sicherheit des Systems zu verbessern. In den nächsten Wochen möchte er in einer zweiten Runde noch einen zweistelligen Millionenbetrag von außenstehenden Investoren aufbringen.

Doch nicht alle großen Banken sind mit dem System einverstanden. Goldman Sachs und JP Morgan Chase traten aus der Allianz wieder aus. Rutter zufolge sei es Goldman gewöhnt, mehr Mitspracherecht zu haben. JP Morgan dagegen entwickelt seine eigene Blockchain und wurde kurz nach dem Ausscheiden bei R3 Gründungsmitglied eines anderen Konsortiums, Enterprise Ethereum Alliance.

Enterprise Ethereum Alliance (EEA)

Zum Start ließ sich der Erfinder persönlich zuschalten: Vitalik Buertin, Erfinder der Blockchain Ethereum, wählte sich im Februar per Videoschalte ein, um den Mitgliedern der neuen Allianz einen guten Start zu wünschen und auf eine freundliche Zusammenarbeit einzustimmen. Der 23-jährige Kanadier mit russischen Wurzeln hat die Open-Source-Blockchain Ethereum entwickelt, auf deren Technologie auch die Kryptowährung Ether basiert.

Unternehmen wie JP Morgan, Microsoft, Intel und Accenture nutzen nun diese frei zugängliche Technologie, um daraus ihr eigenes, geschlossenes Netzwerk zu programmieren. JP Morgan wird Teile seiner eigenen Blockchain Quorum in EEA einbringen. Im Idealfall sollen eines Tages die privaten Blockchains der Allianz mit der öffentlichen Blockchain verbunden werden. Das werde „ein sehr starkes Netzwerk schaffen“, schwärmt Alex Batlin, der bei der Bank of New York Mellon für die Blockchain-Technologie verantwortlich ist und ebenfalls Teil der Allianz ist.

Noch ein bis zwei Jahre wird es dauern, bis die ersten Unternehmen Teile ihrer IT komplett auf Blockchain oder DLT umstellen werden, schätzt Professor Kevin Werbach von der Wharton Business School in Philadelphia. Bis dahin, das ist sicher, wird es sicher noch eine Reihe neuer Allianzen geben.

Die Serie

Banken zittern, Spekulanten jubeln: Aber was steckt wirklich hinter Bitcoin, Ethereum und Co.? In einer Serie behandeln wir die Welt der Digitalwährungen. Bisher erschienen:

(Fortsetzung folgt.)

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