Zumal Informationen zum Geschäftsverlauf bei vielen Unternehmen spärlich ausfallen und oft verspätet kommen. "Immer wieder versprechen Unternehmen dem Markt Zahlen zu einem Termin, ein Teil liefert sie aber nicht pünktlich", sagt Thomas Morgenstern, Geschäftsführer der unabhängigen Berliner Ratingagentur Scope. Der Grund: Mittelständler seien oft schlicht überfordert. "Viele haben nicht verinnerlicht, wie der Kapitalmarkt tickt."
So blieb Underberg die Antwort schuldig, ob die Mutter für die Anleihe der semper idem Underberg hafte. Beim Saftladen Valensina weiß angeblich niemand, ob die Holding für den 2011 von der Valensina GmbH herausgegebenen Minibond geradesteht. Wilfried Mocken, Underberg-Generalbevollmächtigter und Valensina-Eigner, weilt im wohlverdienten Urlaub. Im Ausland sei er zwei Wochen lang "nicht erreichbar" und "der Einzige", der derlei Fragen beantworten könne, heißt es.
Zwei Drittel des Anliehenvolumens sind mangelhaft
Orientierung für Anleger können unabhängige Analysen bieten. Auch Scope hat sich den Mittelstandsanleihemarkt vorgeknöpft und Ratings erstellt, die weder von den Emittenten beauftragt noch bezahlt werden. Besonders auffällig: Nahezu zwei Dritteln des benoteten Anleihevolumens verpasst die Agentur die Qualitätsnoten mangelhaft oder ungenügend. Das unabhängige Rating fällt schlechter aus als jenes von Creditreform, die bislang die meisten Minibonds bewerten durfte – gegen Bezahlung der Emittenten, versteht sich.
Laut Scope sieht es bei vielen Bonds besonders schlecht mit der Tilgung am Laufzeitende aus. Dabei ist relevant, wie lange Mittelständler brauchen würden, um aus den von ihnen pro Jahr erwirtschafteten Barmitteln (Cash-Flows) die Anleiheschulden zurückzuzahlen. Auf Basis der 2011er- Zahlen errechnete Scope, dass die Mittelständler im Durchschnitt 23 Jahre brauchen, um aus ihren Geschäften auch die Tilgung der Schulden gewährleisten zu können – Minibonds laufen in der Regel aber nur eine halbe Dekade.
Für Anleger dürften die ersten drei Insolvenzen also nicht die letzten schlechten Nachrichten gewesen sein. Besonders bei Deutschlands zweitgrößter Airline Air Berlin, die schon drei Bonds in Stuttgart emittiert hat, sieht es mies aus: Die Eigenkapitalquote liegt bei schwachen 8,2 Prozent, die Nettoschulden sind vier Mal so hoch wie das Eigenkapital. "Diese Hochzinsanleihe ist nichts für Privatanleger", sagt Engelmayer.
Bestenfalls 3,8 Prozent Wie viel Rendite relativ sichere Unternehmensanleihen von größeren Konzernen bringen | |||||
Unternehmen/Land | ISIN | Kurs | Kupon | Rendite | Laufzeit |
Hochtief/D | DE000A1MA9X1 | 107,5% | 5,500% | 3,8% | 23.03.2017 |
Sixt/D | DE000A1PGPF8 | 100,53% | 3,750% | 3,6% | 16.05.2018 |
KTM/AT | AT0000A0UJP7 | 103,98% | 4,375% | 3,5% | 24.04.2017 |
Borealis/AT | AT0000A0H0V3 | 108,94% | 5,375% | 3,3% | 30.04.2017 |
Petrobras/BR | US71645WAU53 | 102,78% | 3,500% | 2,8% | 06.02.2017 |
Fraport/D | XS0447977801 | 115,57% | 5,250% | 2,8% | 10.09.2019 |
Lafarge/FR | XS0196630270 | 104,98% | 5,000% | 2,4% | 16.07.2014 |
Symrise/D | DE000SYM7779 | 108,74% | 4,125% | 2,3% | 25.10.2017 |
Gea/D | DE000A1KQ1M5 | 107,35% | 4,250% | 2,2% | 21.04.2016 |
Porsche/D | DE000A0GMHG2 | 107,93% | 3,875% | 1,5% | 01.02.2016 |
Quelle: Bloomberg; Stand: 30. Juli 2012 |
Nicht alle Unternehmen sind Schrott
Die Berliner haben zudem in die Trickkiste gegriffen und Altanleger ausgebootet. Sie hatten bereits zwei Anleihen auf dem Markt und brauchten im vergangenen November erneut 100 Millionen Euro, um eine Wandelanleihe abzulösen. Air Berlin bot das neue Papier mit einer Laufzeit von drei statt wie zuvor für die beiden alten Anleihen von fünf Jahre an. Inhaber der neuen Anleihe haben also größere Chancen, ihr Geld wiederzusehen, als Anleger der Altpapiere.
Trotzdem sind wie einst am Neuen Markt auch nicht alle Unternehmen Schrott. Anleger sollten aber eingehend Kennzahlen vergleichen und sich vor einer Investition den Prospekt durchlesen. Wichtig ist zu klären, wie abhängig das jeweilige Unternehmen von einzelnen Großkunden ist. Wer genau hat die Anleihe emittiert – und haftet die Mutter?
Doppelt gesicherte Anleihen gibt es: Bei der Uniwheels Holding garantiert die Rasch Holding mit Sitz im Steuerparadies British Virgin Islands für die Tilgung der Anleihe ebenso wie für die Zahlung der Zinsen. Auch die Steilmann-Boecker Fashion Point hat als Emittentin mit der Steilmann Holding (vormals Miro Radici) einen Vertrag zugunsten der Gläubiger geschlossen. Die Holding ist für Zins und Tilgung mitverantwortlich.