Nestlé, Coca Cola & Co. Nahrungsmittel-Aktien: Krisenfest, aber umstritten

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Neuheiten im Bierregal

Auf dem Biermarkt wird mit harten Bandagen gekämpft. Aber momentan sieht es in den Supermärkten so aus, als könnten sich Handwerksbiere aus kleinen Brauereien mehr Platz erkämpfen. Belastet das Bierbrauer wie Heineken, Anheuser Busch oder deren brasilianische Tochter Ambev? „Die Trinkgewohnheiten der Europäer sind anders als die im Rest der Welt. Es wirkt für uns so, als sei Craftbier in aller Munde, aber das ist ein auf eine bestimmte Mittelschicht konzentriertes Thema“, sagt Fondsmanager Philip Terwey. Handwerksbrauereien verdienten mit den Craft-Spezialitäten häufig kaum Geld.

Vor einem Jahrzehnt lag deren Marktanteil in Deutschland bei 1,54 Prozent, inzwischen sind es 1,77. Der Zuwachs sei minimal, obwohl alle von Craftbier reden. Terwey hält Aktien vom Bierriesen AB Inbev, die den Konkurrenten SAB Miller 2016 übernahmen, sowie von Heineken und Carlsberg. Auch Aktienfondsmanager Henrik Muhle vom Acatis Gané Value Events, erwartet, dass den Preiskampf im Biersegment eher die großen Brauereien überleben. In Deutschland wurden AB Inbev-Marken zwar in den vergangenen Monaten häufig aussortiert, weil das Unternehmen die Preise erhöht habe. Aber weltweit werde das Unternehmen mit SAB Miller etwa auch in Afrika noch Marktanteile hinzugewinnen können.

Anpassen an Ernährungstrends

Viele Börsianer finden ungesunde Ernährung nicht mehr zum Anbeißen. Fett-Salz-Zucker-Produkte der Multis sind unter vielen Verbrauchern und Anlegern nicht mehr im Trend. Investoren, die auf Nachhaltigkeit achten, berücksichtigen schädliche Langzeitfolgen des Wirtschaftens stärker. Für die Nahrungsmultis geht es darum, dem Schicksal von Tabak- und Ölkonzernen zu entkommen, von denen sich Großanleger abwenden. Der Weg vom Welternährer zum "stranded asset", einem im Niedergang begriffenen und geächteten Vermögenswert, ist nicht weit. Bislang konnten die Konzerne allzu drastische Maßnahmen der Politik vor Kalorienbomben abwenden, aber die Richtung kann sich leicht ändern.

Die Kolosse steuern gegen, aber das geht nicht auf die Schnelle. Coca-Cola hat sein Sortiment längst auch mit Softdrinks wie Honest Bio Tea und Fuze Tea ergänzt und verkauft Marken, bei denen man nicht sofort den Berg an Zuckerwürfeln vor Augen hat, wie bei der Cola-Flasche. Nestlé sei ein ständiges Feindbild für Nachhaltigkeitsfans. Dabei sei der Konzern in den verganenen Jahren deutlich nachhaltiger geworden und will etwa Wasserquellen nicht mehr privatisieren. "Vielmehr sieht Nestlé Wasser mittlerweile als Menschenrecht an", so Fondsmanager Terwey. 2017 habe sich Nestlé zudem den US-Gemüse- und Nahrungsmittelkonzern Sweet Earth Foods geschnappt und sich in den weltweiten Markt der vegetarischen und veganen Lebensmittelbranche bewegt.

Es gelingt den Multis also noch immer, ungeliebte Konkurrenz oder Angreifer einfach aufzukaufen und das eigene Geschäft zu erweitern. „Wenn ein Unternehmen eine Wachstumsnische entdeckt, in der es sich etabliert, wird es schnell übernommen“, sagt Terwey. Als Whitewave durch Danone übernommen wurde, erschien vielen der Preis von zwölf Milliarden Dollar zu hoch. „Die Wachstumsraten bei veganem Sojajoghurt sind aber durchaus interessant“, so Terwey. Die Lebensmittelriesen wüssten, dass sie ihren Output kaum noch erhöhen könnten, weil viele Märkte längst gesättigt seien, so Terwey. „Deshalb stellen sie sich etwa dem Trend zu hochpreisigen Biolebensmitteln, um beim Verkauf gleicher Mengen die Umsätze und Margen auszuweiten.

Neue Märkte bei Farm und Fisch

Terwey beobachtet die Entwicklungen rund um vertikale Landwirtschaft mit großem Interesse. Noch gibt es keine Aktien, mit denen sich das Thema abdecken ließe, bedauert er. Große Farmen werden zum Beispiel im arabischen Raum gebaut. „Mit nur zwei Prozent des Wasserverbrauchs herkömmlicher Landwirtschaft, zudem nachhaltig mit Solarenergie betrieben, ergeben sich dort ganz neue Möglichkeiten“, sagt Terwey. Schon jetzt plane die Fluggesellschaft Emirates, die eine der großen Farmen baut, mit drei Tonnen Obst und Gemüse, die täglich geerntet und verarbeitet werden könnten.

Vom steigenden Fischkonsum können Anleger durch Aktien von Bakkafrost oder Marine Harvest profitieren. Zwar waren zu Jahresbeginn die Aktien der Fischzüchter unter die Räder gekommen, aber sie haben sich deutlich erholt und neue Höchstkurse erreicht. Pläne der norwegischen Regierung zu Steuererhöhungen hatten die Aktien belastet und manche Zuchtfarm litt unter einem ISA Virus. Der löste bei Lachsen Blutarmut aus, Tiere mussten getötet werden, das Angebot ging zurück. Makabererweise ist damit der Preis für Zuchtlachse gestiegen. So leicht geht das nur im exklusiveren Nahrungsmittelsegment. Das herkömmliche Fett-und-Zucker-Geschäft dürfte zäh bleiben.

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