Ölmarkt Warum die Saudis den Ölpreis nur kurzfristig stützen können

Saudi-Arabien kürzt die Ölproduktion um den Rohölpreis zu stützen.  Quelle: dpa

Saudi-Arabien kürzt die Ölproduktion und stützt damit den Preis. Ölbullen sollten sich trotzdem noch gedulden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Saudi-Arabiens Energieminister Adulaziz bin Salman kämpft gegen Ölspekulanten. Shorties, also Investoren, die auf einen fallenden Ölpreis wetten, drücken die Einnahmen des weltweit größten Ölförderlandes. Um den Markt zu stützen, hat Saudi-Arabien seine Ölproduktion um eine Million Barrel pro Tag gekürzt. Prompt ist der Ölpreis gestiegen.

Ob sich der Anstieg fortsetzt? Skepsis ist angebracht. Denn zu angeschlagen zeigt sich derzeit die Weltwirtschaft. In Deutschland beispielsweise sank das Bruttoinlandsprodukt drei Quartale in Folge. Ökonomen sprechen in diesem Fall von einer Rezession. Das böse R-Wort dominiert immer öfter die Diskussionen über die Weltkonjunktur.

Angesichts des schwachen Konjunkturausblicks für die stotternde Weltwachstumslokomotive China wirkt Saudi-Arabiens Vorstoß bei der Ölproduktion ein wenig verzweifelt. Ähnlich wie der damalige EZB-Chef Mario Draghi, der den Euro retten wollte, kündigte Adulaziz bin Salman an, alles zu tun, was nötig sei, um den Ölmarkt zu stabilisieren. Dies ist als Warnung an die Shorties zu verstehen.

Die Ölspekulanten scheinen die Botschaft aus Saudi-Arabien verstanden zu haben. Zuletzt sind viele von ihnen an der Terminbörse ICE ins Bullenlager gewechselt. Wetten auf einen steigenden Ölpreis erreichten ihren höchsten Stand seit fünf Wochen. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Shorties nur eine Pause einlegen, bis die nächste Hiobsbotschaft zur Weltkonjunktur einschlägt. Denn die Notmaßnahmen der Saudis verlieren allmählich an Wirkung.

So weist die Investmentbank Morgan Stanley darauf hin, dass Saudi-Arabien zwar bereits zum dritten Mal binnen neun Monaten die Produktion gekürzt hat. Nach der letzten Produktionskürzung im April zog der Ölpreis zwar an, fiel jedoch danach schnell wieder auf das Ausgangsniveau zurück. Die Analysten von Morgan Stanley gehen daher davon aus, dass die Maßnahme der Saudis den Ölpreis allenfalls kurzfristig stützen wird.

Die Lager sind voll

Neben der schwächelnden Konjunktur setzt auch der Ukrainekrieg den Ölpreis unter Druck. Russland hat bereits angekündigt, seine Produktion nicht kürzen zu wollen. Wegen der Sanktionen des Westens müssen die Russen ihr Öl ohnehin unter Marktpreis verkaufen. Insofern haben sie keinen Anreiz, den Ölmarkt zu stützen. 

Zudem ist Öl weltweit nicht knapp. So liegt die in Tankern gelagerte Menge um 1,8 Prozent höher als in der letzten Maiwoche, wie das Analyseunternehmen Vortexa mitteilt. Gemessen am Niveau von Anfang Mai liegt das Plus sogar bei zwölf Prozent. Wachsende Lagerbestände drücken in der Regel auf den Ölpreis. Zwar sind die Bestände derzeit sehr volatil, im Schnitt zeigt der Trend jedoch nach oben.

Lesen Sie auch: Das geht rauf wie Öl: Wo sich die Anlage jetzt lohnt

Auch am Aktienmarkt hält sich die Euphorie über die Saudi-Arabiens Produktionskürzung in Grenzen. Ölaktien wie Saudi Aramco oder TotalEnergies legten zwischen 1,0 und 1,5 Prozent zu. Der Gesamtmarkt, abgebildet über den Weltaktienindex MSCI World, lag derweil mit 0,5 Prozent im Plus. Von einer Rally zu sprechen, wäre also maßlos übertrieben.

Eine Trendumkehr am Ölmarkt setzt voraus, dass sich die Konjunkturdaten besser entwickeln als erwartet. Ölhändler blicken dabei primär auf China. Nach dem Ende der Lockdowns wegen der Coronapandemie hofften viele Investoren auf eine rasche Erholung der chinesischen Wirtschaft. Vergeblich: Zuletzt waren die Zahlen dort eher enttäuschend. So sank der Einkaufsmanagerindex für den Industriesektor – zum dritten Mal in Folge in diesem Jahr. Sinkt der Index, vermindert sich in der Regel auch die Nachfrage nach Rohstoffen.

Ein Jahr Atomausstieg „Natürlich wäre der Strom mit Atomkraft günstiger“

Vor einem Jahr gingen die letzten drei deutschen Atomkraftwerke vom Netz. Kritiker halten das bis heute für einen Fehler. Zu Recht? Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm über mangelnden Pragmatismus und hohe Preise.

Volkswagens Sparprogramm VW macht Ernst: So will der Autobauer den Personalabbau vorantreiben

Die Volkswagen AG startet ihren Personalabbau: Dabei soll es auch ein Freiwilligenprogramm mit Abfindungen geben. Wer besonders schnell zusagt, erhält 50.000 Euro extra. Zudem wird die Altersteilzeit ausgeweitet.

Varengold Bank Was hat diese Hamburger Privatbank mit heiklen Irangeschäften zu tun?

Die Varengold Bank war Drehscheibe für den Handel mit dem Iran. Nun geben Dokumente Einblick in die mutmaßlichen Geschäfte – und offenbaren Mittelsmänner.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Im Mai habe China voraussichtlich so viel Öl importiert wie im April, meldet Bloomberg. Viele Investoren hatten auf einen deutlichen Zuwachs gehofft. Dass die Importe stagnieren, sei ein Zeichen für eine langsamere Erholung als bisher erwartet, so Bloomberg. Noch lägen die Ölimporte Chinas rund acht Prozent unter dem Stand von vor einem Jahr. Für Optimismus ist es also noch zu früh. Gut möglich, dass vorher noch einmal die Shorties abkassieren.

Lesen Sie auch: Warum die Opec wieder an Einfluss gewinnt

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%