Österreichisches Start-up Cointed bietet Bitcoins aus dem Geldautomaten

Das österreichische Start-up Cointed baut ein Netz von Geldautomaten mit Kryptowährungen auf. Der Andrang an den bislang 123 Automaten hält sich (noch) in Grenzen.

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Neben Bitcoins können auch die Kryptowährungen Monero, Litecoin, Ether und Dash abgehoben werden. Quelle: Reuters

Wien An der Seitenwand des Bücherregals in der weitläufigen Lobby leuchtet der türkisfarbene Bildschirm schon von weitem. Von fern könnte der Gast an einen Spielautomaten denken, doch der passt nicht in die Empfangshalle des schicken, zeitgeistigen Hotel Schanni am Wiener Hauptbahnhof.

Das seltsame Gerät ist Bitcoin-ATM, ein Geldautomat für Kryptowährungen. Auf dem Bildschirm leuchtet der aktuelle Kurs auf: ein Bitcoin für 9.142,92 Euro. Der Bitcoin-Automat ist der umsatzstärkste des österreichischen Start-up-Unternehmens Cointed.

Hinter dem ausgefallenen Geldautomat steht Cointed mit seiner Muttergesellschaft Cointed Ltd. welche mittlerweile in Hongkong sitzt. Die beiden jungen Tiroler Wolfgang Thaler und Christopher Rieder stellten sich die Frage, wie kann ich den oft mühsamen Kauf von Bitcoins mit Abstürzen der Handelsplattformen und einen aufwändigen Verifizierungsverfahren vereinfachen.

Die Antwort aus dem Tiroler Grenzstädtchen Kufstein lautet: Kryptowährungs-Bankautomaten. „Wir sind fest davon überzeugt, dass sich Bitcoins und andere Kryptowährungen langfristig als gängige Zahlungsmittel durchsetzen“, sagte Cointed-Mitbgründer Christopher Rieder.

Die 2014 gegründete Firma Cointed betreibt derzeit 123 solche Automaten. Sie sind eine Eigenwicklung und werden in Osteuropa gebaut. Nähre Angaben will die Firma wegen Konkurrenten nicht machen. An den Automaten können nach Unternehmensangaben neben Bitcoins auch die Kryptowährungen Monero, Litecoin, Ether und Dash abgehoben werden. In wenigen Minuten können die gekauften Bitcoins auf das Handy geladen werden. Rund 3.500 Euro kostet so ein Bitcoin-Automat.

Die meisten ATMs stehen allerdings nicht in zeitgeistigen Hotels in zentrale Lage, sondern an weniger prominenten Orten, die oftmals nicht einfach zu finden sind. Auf dem Bildschirm leuchtet eine Karte auf, welche die Standorte in Mittel- und Osteuropa ausweist. Überall dort kann der Kunde Bitcoins und Altcoins im Wert von 500 Euro ohne Verifizierung kaufen. Über diesen Betrag muss sich der Kunden ausweisen. Nach eigenen Aussagen besitzt Cointed 30.000 registrierte Kunden und 90.000 Abhebungen am Bitcoin-Automaten pro Monat. Zuletzt erzielte Cointed im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben vorläufige Erlöse von 150 Millionen Euro.

Cointed hat ehrgeizige Expansionspläne. „In den nächsten Zügen werden wir unseren Fokus stark in Richtung Asien ausrichten“, sagt Albert Sperl, Marketingchef von Cointed. Er ergänzt: „Dies erfordert aber eine starke und solide Basis in unserer Heimat. Deshalb werden wir unsere Position in Europa weiter ausbauen und stärken.“

In den vergangenen Monaten hatte Bitcoin aber durch seinen von Skeptikern lange vorausgesagten Absturz für Unruhe gesorgt. Die Kryptowährungen spalten die Finanzbranche. Von einer Verschlechterung der Stimmung will Cointed-Manager Sperl nichts wissen. „Derzeit kann man von einer sehr positiven Stimmung gegenüber Kryptowährungen und einem sehr großen Interesse der Bevölkerung sprechen. (…) Momentan interessieren sich sehr viele Regierungen und große Konzerne dafür“, sagt Sperl in Anspielung auf Venezuela.

Der dortige Regierungschef Nicolas Maduro, der quasi diktatorisch das südamerikanische Land führt, gilt als starker Befürworter von Kryptowährungen. Man müsse den Menschen die Scheu vor dieser neuen Technologie nehmen und ihnen vor Augen halten, was für ein riesiges Potenzial die Blockchain berge, sagt Sperl. Doch noch gibt es viel Erklärungsbedarf.

Die Unsicherheit bei den Verbraucher ist angesichts von Diebstählen von Kryptowährungen aus sogenannten Wallets ist groß. „Je besser sich ein User vor einem externen Zugriff Dritter von außen absichert, desto sicherer sind seine Kryptowährungen“, sagt Sperl. Cointed rät jeden Kunden sein Coins in einen Hardwarewallet, sogenanntes Cold Storage, zu sichern. Dabei handelt es sich um eine externe, mit Password geschützte Speicherung der Coins.

Die Cointed Ltd. befindet sich zur Hälfte im Besitz der Gründer Thaler und Rieder sowie ihrer beiden Partner Daniil Orlov und Charli Aho. Doch soll sich auch in Zukunft nicht ändern. „Wenn Cointed weiter in diesem rasanten Tempo anwächst, sind zusätzliche Investoren nicht von Nöten“, sagt Sperl. „Wir wollen uns aber an der Wiener Börse listen an und die Möglichkeit für einen Börsengang in der Zukunft zu haben.“ Nach einer Aussage will Cointed weltweit die Nummer Eins werden.

Der Markt ist hart umkämpft. Im Gegensatz zu Konkurrenten wie Bitpanda, Coinfinity und Kurant versteht sich Cointed als „All in One Service Provider“. Die Österreicher wollen das Know-How aus allen relevanten Bereichen der Kryptowelt, dem Mining, dem Vertrieb und Handel von Kryptowährungen online wie als auch physisch mit Geldautomaten unter einem Dach vereinen.

Von Deutschland lässt Cointed zwangsläufig erst einmal die Finger. „Solange sich an der Gesetzeslage nichts ändert, sind uns derzeit noch die Hände gebunden. Sobald sich die rechtliche Situation ändert bin ich mir sicher dass wir innerhalb kürzester Zeit 800 ATMs betreiben könnten“, kündigt Marketingchef Sperl an. Derzeit gibt es in der Bundesrepublik noch keinen Bitcoin-ATM.

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