Opec und der Ölpreis Bröckelt das Abkommen?

Bislang hat sich das Ölkartell Opec überraschend stark an seine Förderkürzungen gehalten. Fraglich bleibt aber, wie lange die Disziplin unter den Mitgliedern hält. Nun reißt ausgerechnet der Musterschüler seine Marke.

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Mit dem Kürzungsabkommen will das Ölkartell gemeinsam mit zehn Nicht-Mitglieds-Staaten den Ölmarkt stabilisieren. Quelle: dpa

Frankfurt Saudi-Arabien ist der unumstrittene Anführer der 14 Mitglieder zählenden Organisation erdölexportierender Staaten (Opec). Das Königreich steht für fast ein Drittel der Produktion des Ölkartells. Was die Saudis sagen und wie sie sich verhalten, hat Gewicht.

So hat ihr seit einem Jahr neuer Ölminister Khalid Al-Falih die Förderkürzung des Kartells mit zehn weiteren Nicht-Mitgliedsstaaten maßgeblich eingefädelt.

Das Abkommen, bei dem die Länder ihre tägliche Produktion um 1,8 Millionen Barrel beschränken (die Opec allein um 1,2 Millionen Barrel) soll das Überangebot vom Markt nehmen, die hohen Lagerbestände aufzehren und damit den Preis stabilisieren. Als Zeichen, dass es das Kartell ernst meint, gingen die Saudis schon im Januar mit leuchtendem Beispiel voran: Statt der vereinbarten 486.000 Barrel verzichtete das Land gleich um mehr als 747.000 Barrel.

Laut dem jüngsten Opec-Monatsbericht hat sich der bisherige Musterschüler nun aber offenbar zum Kartellsünder gewandelt. Nach eigenen Angaben förderte das Land im Juni täglich 10,070 Millionen Barrel Öl. Das ist deutlich mehr als im Monat zuvor und erstmals seit Inkrafttreten des Kürzungsabkommens im Januar über der vereinbarten Zielmarke von 10,058 Millionen Barrel.

Seit Monaten warnt Commerzbank-Chef-Rohstoffstratege Eugen Weinberg, dass die hohe Disziplin der Opec – das Kartell hat seine Ziele seit März nahezu vollständig erfüllt oder sogar übertroffen – im Laufe des Jahres nachlassen könnte. Je niedriger der Ölpreis, desto größer die ökonomischen Sorgen in den stark vom Ölpreis abhängigen Haushalten der Opec-Staaten. Der Druck nimmt zu. Seit Jahresbeginn hat sich Öl um rund ein Fünftel auf derzeit 48 Dollar je Barrel verbilligt. Die Frage ist: Bröckelt das Abkommen nun?

Im Königreich bemühen sich Experten, zu beschwichtigen: „Ein Anstieg um diesen marginalen Betrag ist von den Umständen gerechtfertigt“, sagte der ehemalige Saudi-Aramco-Vizepräsident für das Explorationsgeschäft, Sadad al-Husseini, der Nachrichtenagentur Bloomberg. Mit den Umständen meint er die Sommersaison am Golf. Wegen der Hitze steigt der Stromverbrauch von Klimaanlagen. Weil Elektrizität in Saudi-Arabien laut Statistiken der Internationale Energieagentur noch immer zu knapp der Hälfte mit Öl erzeugt wird, steigt demnach auch der Ölverbrauch.

Ohnehin ist Saudi-Arabien nicht das erste Mitglied, das seine Förderkürzungsziele nicht erfüllt. Der Irak etwa zählt zu den Staaten, die bei der Umsetzung stets hinterherhinken. Im Juni legte das Land erneut kräftig zu, um 60.000 Fass auf 4,502 Millionen Barrel. Die Zielmarke liegt bei 4,351 Millionen Barrel.

Insgesamt ist die Produktion der Opec im Juni gegenüber dem Mai um fast 400.000 Barrel gestiegen. Mehr als die Hälfte des Anstiegs kann jedoch auf Libyen und Nigeria zurückgeführt werden. Beide Mitgliedsländer sind wegen ihrer politisch instabilen Lage von den Kürzungen ausgeschlossen.

Insgesamt ergibt sich trotz der Erhöhungen nach Handelsblatt-Berechnungen eine Umsetzungsquote von mehr als 93 Prozent, bemisst man die Kürzungen am vereinbarten Produktionsniveau vom Oktober 2016.

Um erst gar nicht Spekulationen über eine mögliche schwindende Disziplin des Kartells aufkommen zu lassen, legt Saudi-Arabien nach den höheren Zahlen Reuters-Informationen zufolge eine neue Zielmarke nach: Im August will das Königreich seine Ölexporte um 600.000 Barrel kürzen, um so die höhere Produktion in den Sommermonaten zu kompensieren. Nun müssen den Worten auch Taten folgen.

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