Rohstoffe Wohin drehen die Rohstoffpreise?

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Öl bekommt seinen Preis, wie Quelle: dpa

Als Auslöser der Kursdelle gilt eine Studie von Goldman Sachs. Die im Rohstoffhandel stark engagierte Investmentbank hatte ihren Kunden geraten, Gewinne mitzunehmen. Die Preise seien „zu weit gelaufen, haben sich von den fundamentalen Treibern entfernt“, so die Analysten. Goldman konstatierte eine Spekulationsblase. Eine mindestens ebenso große Rolle dürften jedoch die Konjunktursorgen vieler Anleger spielen. Frühindikatoren für die Weltwirtschaft, etwa der US-Einkaufsmanagerindex ISM, deuten auf eine baldige Abkühlung hin. Auch Sorgen um die Schuldenkrise in Südeuropa trieben Anleger aus riskanten Anlagen wie Aktien und Rohstoffen.

Die Schlüsselrolle aber spielt Asien. China und Indien verbrauchen inzwischen das Gros der weltweiten Rohstoffproduktion, leiden jedoch unter hoher Inflation; um sie zu bekämpfen, erhöhen die Zentralbanken die Leitzinsen und bremsen ihre Banken bei der Kreditvergabe. „Das könnte die boomende Wirtschaft der Schwellenländer dämpfen und die Nachfrage nach Rohstoffen abschwächen“, meint Jochen Hitzfeld, Rohstoffanalyst bei UniCredit. „Mit Blick auf die nächsten sechs bis zwölf Monate“, sagt Hitzfeld vorsichtig, rechne er mit „leicht fallenden Rohstoffpreisen, bevor sich danach der säkuläre Aufwärtstrend wieder durchsetzt“.

Anklage gegen Ölhändler

„Viele Finanzinvestoren haben nach hohen Wetten auf weiter steigende Ölpreise offenbar kalte Füße bekommen und Positionen glattgestellt“, schrieben die Analysten der Helaba am 20. Mai. So ging bei Öl unterm Strich der Einsatz von Investoren, die auf steigende Kurse wetten, um ein Drittel zurück.

Spekulanten stehen im Verdacht, die Rohstoffpreise zu manipulieren. Die US-Regulierungsbehörden haben am Mittwoch Anklage gegen mehrere Händler, darunter Arcadia und Parnon, erhoben. Die Ölhändler sollen 2008, als die Lager sich ohnehin rapide leerten, durch Kauf größerer Mengen Rohöls an den Börsen das Angebot künstlich verknappt haben, das Öl dann teuer an Terminbörsen auf den Markt geworfen und in der Verkaufspanik auf fallende Preise gewettet haben. Sprecher der Firmen wiesen das als „haltlos“ zurück.

Spekulanten treiben die Rohstoffpreise hoch

Dass Spekulation – legal oder illegal – kurzfristig für erheblichen Preisauftrieb sorgen kann, gilt als sicher. Ob Spekulanten aber auch langfristig als Preistreiber agieren, ist umstritten. Studien der OECD und des Internationalen Währungsfonds (IWF) haben den Einfluss der Spekulation auf die Preise untersucht. Weil Spekulanten meist nur indirekt, über Rohstoffkontrakte, nicht jedoch mit dem physischen Rohstoff selbst handelten, trieben sie zwar zwischenzeitlich die Notierungen an der Börse hoch, verknappten jedoch nicht das Angebot der Rohwaren selbst, weshalb der Preis nach jeder Spitze wieder in sich zusammenfalle, so das Fazit des IWF.

Der renommierte Rohstoffhändler Michael Masters, der im Auftrag des US-Senats den Einfluss seiner Spekulanten-Kollegen auf die Preise untersuchte, sieht die Spekulation wesentlich kritischer. Sein Fazit: „Finanzinvestoren tragen direkt und indirekt zur Eskalation der Rohstoffpreise bei.“ Frühere Preisspitzen, etwa die Ölkrise 1973, seien stets durch eine akute Verknappung des Angebots ausgelöst worden, so Masters. Heute stiegen die Preise aber auch ohne solche Angebotsschocks. Die Nachfrage nehme exorbitant zu, und zwar stärker, als der Verbrauch der Rohstoffe. Dafür verantwortlich seien „Pensionskassen, Fonds von US-Universitäten, von Unternehmen sowie Rentenversicherungen und Vermögensverwalter, die alle zwischen 2002 und 2008 beschlossen haben, ihren strategischen Anteil am Portfolio in Rohstoffen substanziell zu erhöhen“.

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