Testlauf Athen will an den Markt zurück

Griechenland will mit einer Anleihe-Emission den Kapitalmarkt testen. Das wäre das erste Mal seit drei Jahren. Für Premier Alexis Tsipras wäre das ein bedeutender politischer Erfolg – wenn die Konditionen stimmen.

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Das südeuropäische Land will zurück an den Markt. Quelle: dpa

Athen Noch hängt Hellas am Tropf der Hilfskredite. Nach dem erfolgreichen Abschluss der zweiten Prüfrunde Mitte Juni erwartet Athen jetzt die Auszahlung einer weiteren Kreditrate von 7,7 Milliarden Euro. Dank des im Sommer 2015 geschnürten dritten Rettungspakets, das Hilfen von bis zu 86 Milliarden Euro vorsieht, ist das Land bis zum August 2018 durchfinanziert. Danach soll es sich wieder am Kapitalmarkt Geld besorgen. Rechtzeitig vor dem Ende des Programms will die staatliche Schuldenagentur PDMA den Appetit der Anleger auf neue griechische Schuldpapiere testen – möglicherweise noch in diesem Monat.

Im Gespräch ist eine fünfjährige Anleihe im Volumen von rund drei Milliarden Euro. Sie soll einen 2014 aufgelegten Bond gleicher Laufzeit ersetzen. Mit einer solchen Emission könnte die Schuldenagentur Griechenland den Refinanzierungsbedarf für 2019 reduzieren. Er liegt bisher bei rund 20 Milliarden Euro, gegenüber 11,3 Milliarden im Jahr 2018. Anfängliche Überlegungen, einen ebenfalls 2014 begebenen dreijährigen Bond, der am 17. Juli fällig wird, mit einer Neuemission zu refinanzieren, gelten inzwischen wegen der Kürze der verbleibenden Zeit als wenig realistisch.

Klar ist: Griechenland wird für frisches Geld am Kapitalmarkt zwischen vier und fünf Prozent Zinsen zahlen müssen und damit deutlich mehr als für die Euro-Hilfskredite, die nur rund ein Prozent kosten. Außerdem profitiert Griechenland bei den Darlehen des Euro-Stabilitätsfonds ESM von Zinsstundungen und tilgungsfreien Jahren. Aber die Kosten der Kreditaufnahme stehen nicht im Vordergrund, zumal es sich um einen überschaubaren Betrag handeln dürfte. Es geht darum, den Marktzugang schrittweise wieder zu öffnen.

Athen dürfe jetzt aber nichts überstürzen, lautet die Mahnung aus Kreisen institutioneller Anleger. So sollte einer Emission eine Roadshow vorausgehen. Das spricht eher für einen Marktgang im Herbst, zumal sich Griechenland dann wahrscheinlich billiger refinanzieren könnte. Nachdem die Ratingagentur Moody’s Ende Juni Griechenlands Kreditwürdigkeit um eine Stufe auf Caa2 heraufsetzte, wird Ende Juli ein neues Rating von Standard & Poor’s erwartet. Eine weitere Heraufstufung könnte das Marktklima verbessern – obwohl Griechenlands Schuldpapiere immer noch mehrere Stufen unter der Kategorie „investitionswürdig“ rangieren.


Griechenland muss weniger Hilfsgelder abrufen

Nach dem Ende des mehr als einjährigen Tauziehens mit den Gläubigern fassen die Anleger aber wieder mehr Vertrauen. Die Rendite des zehnjährigen Griechen-Bonds fiel diese Woche mit 5,3 Prozent auf den niedrigsten Stand seit September 2009. Schon damals kämpfte Griechenland mit steigenden Refinanzierungskosten. Im Frühjahr 2010 verlor das Land seinen Marktzugang. Ende April musste der damalige sozialistische Premier Giorgos Papandreou um Hilfe der Euro-Partner bitten. Aus den drei seither geschnürten Hilfspaketen sind mittlerweile fast 250 Milliarden Euro nach Griechenland geflossen. Der Großteil diente dazu, fällige Schulden zu refinanzieren. Weitere 8,5 Milliarden Euro bewilligten die Euro-Finanzminister Mitte Juni, die Gelder sind aber noch nicht ausgezahlt.

Die geplante Emission ist nicht Griechenlands erste Rückkehr an den Markt seit Beginn der Krise. Bereits im April 2014 testete die damalige konservative Regierung den Markt mit einer fünfjährigen Anleihe und im Juli mit einem dreijährigen Bond. Doch die zweite Emission brachte nur 1,5 statt geplanter drei Milliarden Euro in die Kassen. Die Aussicht auf vorzeitige Parlamentswahlen und einen Sieg des radikalen Linksbündnisses Syriza verunsicherten die Anleger.

Solche Sorgen gibt es jetzt nicht. Die Regierung von Premier Tsipras sträubt sich zwar immer wieder gegen die Reform- und Sparauflagen, setzt sie aber, wenn auch mit ständigen Verzögerungen, letztlich um. Trotz ihrer knappen Parlamentsmehrheit von 153 der 300 Sitze gilt die regulär bis September 2019 amtierende Regierung mittlerweile als stabil. Der Wille zum Machterhalt schweißt sie zusammen. Sollte es zu vorzeitigen Wahlen kommen, wären die oppositionellen Konservativen der wahrscheinliche Gewinner. Sie versprechen eine Beschleunigung der Strukturreformen. Neuwahlen wären mithin, anders als 2014, kein Schreckensszenario sondern ein positiver Ausblick. Zur Beruhigung der Anleger dürfte auch beitragen, dass Griechenland bisher weniger Hilfsgelder abrufen musste als geplant. Aus de m86-Milliarden-Paket von 2015 sind noch rund 30 Milliarden übrig. Der ESM könnte diese Gelder nach dem Ende des Programms im August 2018 als eine Art Sicherheitsnetzt bereithalten.

Wann Tsipras den Markt mit einer Emission testet – ob schon im Juli oder erst im Herbst -, hängt von der Entwicklung der Renditen ab. Letztlich ist das auch eine politische Frage. 2014 betrug die Rendite der damals begebenen fünfjährigen Anleihe 4,95 Prozent. Tsipras möchte den geplanten Bond auf alle Fälle zu günstigeren Konditionen an den Markt bringen als sein konservativer Vorgänger Antonis Samaras vor drei Jahren. Alles andere wäre eine politische Blamage.

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