In einigen Fällen, etwa beim Holzverarbeiter Pfleiderer, wurden auch Aktionäre enteignet. Der Hedgefonds Atlantik hatte Pfleiderer-Schulden aufgekauft und einen Kapitalschnitt durchgesetzt. Das Aktienkapital wird dabei auf null heruntergesetzt, die alten Aktien sind wertlos. Dann folgt eine Kapitalerhöhung, die nur ausgewählte Investoren zeichnen dürfen. Ihnen gehört dann das Unternehmen.
Am Ende müssen zwar auch nach neuem Recht Anleger und Aktionäre über den Insolvenzplan abstimmen. Dabei aber werden sie in Gruppen eingeteilt: Aktionäre, Agentur für Arbeit, Lieferanten, Finanzierer, Anleihegläubiger. Geht der Plan bei der Mehrheit der Gruppen durch, gilt er als angenommen. Insolvenzrechtler Guido-Friedrich Weiler von der Kanzlei Brennecke & Partner nennt die Tricks: „Die Kunst bei einem Insolvenzplan liegt darin, die Gruppen so zu gestalten, dass ich am Ende die gewünschten Mehrheiten bekomme. Ich schreibe meine Insolvenzpläne bewusst so, dass Gläubiger, von denen ich Gegenstimmen erwarte, möglichst Gruppen zugeordnet werden, in denen sie überstimmt werden können.“
Nachdem Anwälte und Unternehmer die ersten Verfahren nach neuem Recht durchgepeitscht haben, wird nun langsam deutlich: Die Einzigen, die gestärkt aus den Verfahren hinausgingen, waren Banken und kapitalstarke Investoren. Die Verlierer des neuen Gesetzes sind Anleihekäufer, Aktionäre und Steuerzahler.
Vertraute Manager in Schlüsselpositionen
Der Fall Siag, in dem ein Unternehmen nur acht Monate nach der Anleiheemission pleiteging, macht das allzu deutlich. Die DKB hat hier offenbar ihr vertraute Manager in Schlüsselpositionen installiert und so das Beste für sich herausgeholt. Die Bank bestreitet das, sie sieht sich als Retterin, die „das Fortbestehen der Siag“ besonders durch einen Kredit zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes ermöglicht habe. Fest steht aber: Die DKB hat das Trauerspiel um den Siag-Bond von der Wiege bis zur Bahre begleitet.
Bei Licht betrachtet hätte es die Anleihe nie geben dürfen: 2011, Siag hatte das letzte Geschäftsjahr mit einem operativen Verlust von 17 Millionen Euro abgeschlossen, brauchte das Unternehmen dringend Geld. Das sollten Anleger leihen – und tappten in die Falle. Werte lagen nicht bei der Holding, der die Anleihezeichner ihr Geld gaben, sondern bei Töchtern.
Die Anleihe kam im Juli 2011. Siag bot neun Prozent Zins, wollte 50 Millionen einsammeln, bekam aber nur 13 Millionen.