Die deutsche Liebe zum Bargeld Warum die Deutschen nicht auf Scheine und Münzen verzichten

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Schweden und Dänen zeigen wie es ginge

Auch das Sparschwein in den Kinderzimmern hat ausgedient, weil Taschengeld schon bei den Kleinsten aufs Konto überwiesen wird. Sogar auf dem Flohmarkt zahlen viele Schweden inzwischen bargeldlos - mit dem Smartphone. Einer aktuellen Deloitte-Studie zufolge zahlt fast jeder dritte Däne und etwa jeder vierte Schwede sogar im Laden mit dem Handy. Smartphone-Apps werden auch genutzt, um Freunden und Bekannten Geld zu überweisen oder Ebay-Einkäufe zu bezahlen.

„Die Dänen sind auf dem Weg zu einer bargeldlosen Gesellschaft schon weit“, sagt Deloittes Technologie-Experte Frederik Behnk. Dafür sorge unter anderem die Mobilepay-App der dänischen Bank. Das Land könne eins der ersten wirklich bargeldlosen Länder der Welt werden.

Wo die Deutschen ihr Erspartes verstecken
42 Prozent der Bürger lagern ihr Bargeld aus Verunsicherung zu Hause Quelle: obs
Schmuckdose Quelle: Fotolia
Schuhschrank Quelle: Fotolia
Spardose Quelle: dpa
Tresor Quelle: dpa/dpaweb
Geld im Spülkasten Quelle: dpa
Vorratsdose Quelle: Fotolia

Technisch gesehen bräuchte auch in Deutschland kaum jemand Bargeld. In einigen Supermärkten können Verbraucher kontaktlos kleinere Beträge zahlen, indem sie ihre Kreditkarte ohne Pin oder Unterschrift an Terminals halten. Und junge Finanzfirmen bieten in Kooperation mit Banken an, Geld im Internet ohne Pin an Freunde zu verschicken.

Dass sich das bargeldlose Zahlen in der Breite noch nicht durchsetzt, liegt aber nicht nur an den Verbrauchern. Viele Restaurants oder Geschäfte akzeptieren nur Bargeld, und im Handel mangelt es oft an Terminals zum bargeldlosen Zahlen. So kommen hierzulande auf einen Geldautomaten 13 Terminals für bargeldloses Zahlen, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. In Schweden sind es 91.

Dass die Deutschen gleichwohl neue Zahlverfahren skeptisch beäugen, zeigt die ernüchternde Bilanz von Paydirekt. Mit dem Zahldienst wollten deutsche Banken dem US-Konkurrenten Paypal im boomenden Online-Handel entgegentreten. Nutzer können Rechnungen beim Einkauf im Netz direkt vom Konto begleichen, ohne Datenweitergabe an Dritte. Doch Paydirekt kommt nur langsam voran: Rund zwei Jahre nach dem Start zählt der Dienst 1,6 Millionen Kunden, während Paypal auf 19 Millionen kommt. Auch stehen Paydirekt-Kunden erst 20 Prozent der wichtigsten Online-Händler in Deutschland offen.

„Paydirekt ist ein typisches Beispiel dafür, dass Banken einem Markt hinterher rennen, der längst verteilt ist“, sagt Berater Barkow. Die Geldhäuser hätten den Aufstieg von Paypal unterschätzt und müssten nun viel Geld und Energie investieren, um hinterherzukommen.

Schon bald könnte indes ein mächtiger Konkurrent den Markt betreten. Apple will in Deutschland unbestätigten Berichten bald einen eigenen Zahldienst einführen. Damit könnten Verbraucher ihr Smartphone wie einen digitalen Geldbeutel nutzen, um mit hinterlegten Kontodaten im Geschäft, Taxi oder Internet zu zahlen. Es könnte ein Auslöser sein, um das Bargeld-Land Deutschland zu verändern.


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