Für 52 Milliarden Euro verantwortlich zu sein, kann belasten. Als Marcel Renné zum Interview den Konferenzraum betritt, ist es aber nicht die Last der Verantwortung, die ihn das Gesicht verziehen lässt: Rückenschmerzen, Sport getrieben, Nerv eingeklemmt, erklärt der Chef des Vermögensverwalters Feri. Kann passieren – und ist offenbar ein Risiko, das der 52-Jährige bereit ist, einzugehen.
Mit Risikomanagement kennt sich Renné aus. Seit 22 Jahren arbeitet der gelernte Bankkaufmann bei der Feri-Gruppe, einer Portfolio-Manufaktur für Superreiche. Viele von ihnen sind bei der Geldanlage eher konservativ. Seit 2019 ist Renné Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, die zum Finanzvertrieb MLP gehört. Beruflich hat Renné die Oberaufsicht über breit gestreute Portfolios aus Aktien und Anleihen. Privat setzt er dagegen auf andere Anlageklassen. Mit Blick auf seine eigene Vermögensallokation sagt er sogar: „Bitte nicht als Vorbild nehmen.“
Der Privatmann Renné investiert konträr zu den Investment-Leitlinien des Feri-Chefs Renné. Während Anlagen in Kryptowerte für die Feri-Kunden nicht in Frage kommen, entpuppt sich der Chef des Vermögensmanagers im Gespräch als Krypto-Investor. Wenn er auch nicht in die Währungen selbst investiert, beteiligt er sich zumindest an Handelsplattformen für Kryptowährungen. Daneben investiere er in Immobilien und Private Equity. Denn: „Aktien und Renten sind zwar interessant. Aber das ist nichts, was in die Zukunft reicht“, ist er überzeugt.
Flexibilität gehört dazu
Es gehört zu Rennés Job, Widersprüche auszuhalten. Das beginnt schon damit, dass Feri den Anspruch hat, international eine Rolle zu spielen – seinen Sitz aber seit Gründung in den 1980er-Jahren im hessischen Bad Homburg hat, nicht in der nahen Finanzmetropole Frankfurt.
Auch der Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit ist bei Renné nicht frei von Konflikten. Privat sind dem Familienvater Nachhaltigkeitsregeln bei der Geldanlage wichtig, schon für die Zukunft seiner Kinder. Für seine vermögenden Kunden muss er dagegen der Rendite oberste Priorität einräumen – „dafür sind wir mandatiert“, betont er.
Allgemein gebe es unter den Vermögenden in Deutschland diejenigen, die sich in Form von Stiftungen sozial engagieren, um die gesellschaftliche Situation zu verbessern. Andere nutzen den Stiftungsmantel jedoch zur Steueroptimierung. Das kostenlose Marketing gibt es dann obendrauf. Denn Vermögen am Fiskus vorbeizuschieben sei in Deutschland nach wie vor ein Problem. „Steuervermeidung kommt für die Deutschen immer noch weit oben auf der Skala“, kommentiert der Feri-Chef. Er selbst würde unter bestimmten Umständen eine Vermögensteuer befürworten. Als Geldmanager der Superreichen? Wirklich? Noch so ein Widerspruch.
Im Dezember läuft Rennés Mandat als Vorstandsvorsitzender aus. Möglich, dass es verlängert wird. Seine Arbeit mache ihm Spaß, sagt Renné. „Noch mehr sogar, wenn der Rücken wieder gerade ist.“
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