Geschlossene Fonds Fairvesta im Faktencheck

Die Immobilienfondsgesellschaft Fairvesta hat in Reaktion auf die Berichterstattung der WirtschaftsWoche eine neunseitige Stellungnahme veröffentlicht. Wir gehen hier auf einige der angesprochenen Punkte ein.

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Wohn- und Geschäftshaus Großalmerode

1. Fairvesta behauptet in der am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung: „Bei Portfolien ist es marktüblich, dass Banken zusätzlich zu sehr guten Objekten auch gerne Immobilien mit einigen Problemen dazu tun.“ Dem könne sich auch Fairvesta mittlerweile nicht mehr entziehen.

Das ist richtig. Für Banken ist ein Verkauf eines ganzen Portfolios attraktiv, weil sie hierbei häufig auch Immobilien losschlagen können, die  allein nur schwer verkäuflich wären. Dass Fairvesta den Banken Portfolien abkauft, in denen auch Problemimmobilien stecken, ist legitim. Kritisch zu sehen ist allerdings, dass Fairvesta bislang stets das Gegenteil behauptet hat. In verschiedenen Veröffentlichungen wird behauptet, dass das Unternehmen nur „Qualitätsimmobilien, in guter Lage, ohne Reparaturstau“ erwirbt.

2. Fairvesta behauptet, dass aktuell lediglich rund 7-8 Prozent der Fonds-Immobilien „Optimierungspotential“ aufweisen.

Bei einem Bestand von 206 Gebäuden wären das maximal 17 Immobilien. Da Fairvesta die Geschäftsberichte der Fonds nicht veröffentlicht, kann der Gesamtbestand der Immobilien mit „Optimierungsbedarf“  nicht über alle Fonds nachgeprüft werden. Es ist allerdings zweifelhaft, dass lediglich 17 Immobilien mit Problemen behaftet sind.

Fairvesta bietet Immobilien über den zur Gruppe gehörenden Makler German Profit Estate (GPE) zum Verkauf an. Auf der Internetseite des Unternehmens werden die Fonds-Objekte inklusive der tatsächlichen und der gewünschten Mieteinnahmen gezeigt. Auf welchen Zeitraum sich die dort publizierten Daten beziehen, wird nicht genannt.

von Melanie Bergermann, Niklas Hoyer

Die Daten legen allerdings nahe, dass es bei mehr als 17 Fondsimmobilien „Optimierungspotential“ gibt oder zumindest gab. So liegen die Ist-Mieten beim Fonds Fairvesta 1 bei zwei von sechs Immobilien, für die GPE Daten veröffentlicht, mehr als 20 Prozent unter Soll. Da der Fonds insgesamt nur acht Immobilien hält, würde das einer „Problemquote“ von wenigstens 25 Prozent entsprechen. Beim Fonds Fairvesta 4 liegen die Ist-Mieten bei fünf Immobilien um mehr als 20 Prozent unter Soll. Auf das Ende 2012 gehaltene Portfolio bezogen, würde das einer „Problemquote“ von wenigstens 22 Prozent entsprechen. Beim Fonds Fairvesta 5 liegen wenigstens vier der acht gehaltenen Immobilien laut GPE mit der Ist-Miete um mehr als 20 Prozent unter Soll („Problemquote“ wenigstens 50 Prozent). Ausnahmen gibt es:  Beim Fonds Mercatus 8 weist GPE für keine der angebotenen Immobilien große Abweichungen von Ist- und Soll-Miete auf.  Allerdings taucht auch nur etwa ein Viertel der 25 Immobilien dieses erst 2011 aufgelegten Fonds bei GPE auf.

Im Gespräch mit der WirtschaftsWoche behauptete Otmar Knoll, Handlungsbevollmächtigter bei Fairvesta, die Internetseite von German Profit Estate werde nicht aktualisiert. Die dort gezeigten Fairvesta-Immobilien seien zum Großteil längst verkauft. Diese Behauptung ist nachweislich falsch. Ein Großteil der dort gezeigten Immobilien befindet sich nach wie vor im Besitz der Fonds.

Fairvesta Fonds 4 hat seit 2007 nur fünf Immobilien verkauft

Wohn- und Geschäftshaus Pirmasens (Rheinland-Pfalz)

3. Fairvesta behauptet, dass die von der WirtschaftsWoche als „Problemimmobilien“ bezeichneten Gebäude  den Fonds immer noch mehr als neun Prozent Miet-Rendite einbringen.

Diese Behauptung kann nur bedingt nachgeprüft werden. Fairvesta  veröffentlicht in den von uns eingesehenen Geschäftsberichten der Fonds ab 2012 nicht mehr die Mieteinnahmen für die einzelnen Immobilien. Die Daten, die Fairvesta der WirtschaftsWoche zu einigen ausgesuchten Immobilien vorgelegt hat, weisen in der Tat eine Miet-Rendite von neun Prozent pro Jahr auf. Allerdings kommt diese noch längst nicht beim Anleger an. Die Rendite ist nämlich auf die Kaufpreise der Immobilien inklusive nachträglicher Kosten (Gesamtgestehungskosten) berechnet. Die den Anlegern berechneten Kosten in erheblicher Höhe werden dabei nicht berücksichtigt. Von 100 Euro die ein Anleger bei Fairvesta einzahlt, gehen immerhin über 20 Euro für Kosten drauf. Insofern sagt die Miet-Rendite aus Anlegersicht nichts aus. Die zweistelligen, von Fairvesta in Aussicht gestellten Renditen lassen sich nur mit dem von Fairvesta auch klar als "Geschäftsstrategie" bezeichnetem schnellen An- und Verkauf von Immobilien mit hohem Gewinn erzielen.

Außerdem unterschlägt die reine Betrachtung der Mietrendite, dass erst nach dem Verkauf einer Immobilie endgültig abgerechnet wird. Damit die Rendite von neun Prozent pro Jahr wenigstens für Fairvesta auch als Gesamtrendite gilt, müsste es Fairvesta bei den Problemimmobilien erst einmal gelingen, die Immobilien zum Einkaufspreis zuzüglich der Kosten wieder zu verkaufen. Gelingt dies nicht, würde der Verlust beim Verkauf die Gesamtrendite mindern. Da Fairvesta in den vergangenen Jahren wenig Immobilien verkauft hat, blieb es den Beleg für seine Verkaufserfolge im größeren Stil bislang schuldig. Der Fairvesta Fonds 5 hat noch nie eine Immobilie verkauft. Der Fairvesta Fonds 1 hat zuletzt 2008 eine Immobilie verkauft. Der Fairvesta Fonds 4 hat seit 2007 auch nur fünf Immobilien verkauft.

4. Fairvesta behauptet, dass die WirtschaftsWoche die von Fairvesta avisierten Verkaufspreise ihrer „Problem-Immobilien“  nicht veröffentlicht hat. „Eine Veröffentlichung dieser Daten, hätte jedoch in dem Artikel wesentlich dazu beigetragen ein anderes Bild aufzuzeigen.“

Es ist richtig, dass die WirtschaftsWoche die von Fairvesta intern avisierten und der Redaktion für einzelne Immobilien vorgelegten Verkaufspreise  - die unter den Verkehrswerten liegen - nicht veröffentlicht und bei eigenen Berechnungen nicht berücksichtigt hat. Hintergrund ist, dass Fairvesta selbst die Rendite ihrer Fonds auf Basis der Verkehrswerte berechnet. Die von Fairvesta ausgewiesene Rendite berechnet sich aus dem Verkehrswert einer Immobilie abzüglich des Einkaufspreises. Bei der Beurteilung, ob die von Fairvesta ausgewiesenen Renditen tatsächlich erzielbar sind, hat sich die WirtschaftsWoche dementsprechend an den von Fairvesta selbst zugrunde gelegten Verkehrswerten orientiert. Die von Fairvesta intern avisierten Verkaufspreise liegen der WirtschaftsWoche darüber hinaus nur für einzelne Immobilien und den Anlegern gar nicht vor.

Es sei keine Immobilie dabei, die länger als drei Jahre im Bestand sei

Wohnblöcke Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern)

5. Fairvesta behauptet immer wieder, dass sie zu ihren Immobiliendeals keine Details nennen können, weil sie sich zum einen den Verkäufern gegenüber der Geheimhaltung verpflichtet hätten. Zum anderen würde eine Publikation der Preise den Weiterverkauf  der Immobilien erschweren.

Das ist zumindest unglaubwürdig. Fairvesta selbst wirbt damit, dass das Unternehmen Immobilien zu Preisen einkauft, die 30 bis 50 Prozent unter dem Verkehrswert liege. Somit kann jeder, der Fairvesta eine Immobilie abkauft, ausrechnen zu welchem Preis Fairvesta die Immobilie in etwa eingekauft hat.

6. Fairvesta räumt erstmals ein, dass die Fonds im vergangenen Jahr lediglich elf Immobilien verkauft haben.

Dies zeigt die Salami-Taktik des Fairvesta-Handlungsbevollmächtigten Otmar Knoll. Im Gespräch mit der WirtschaftsWoche hatte er noch den Eindruck erweckt, im vergangenen Jahr 80 Immobilien verkauft zu haben. Ebenfalls hatte er in diesem Gespräch behauptet, dass der Fairvesta-Fonds 4 von seinen knapp 30 Immobilien, die er  im Laufe der Jahre im Bestand hatte, fast alle schon mal verkauft worden seien. Es sei keine Immobilie dabei, die länger als drei Jahre im Bestand sei. Dies ist nachweislich falsch, was Knoll  in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der WirtschaftsWoche auch einräumte.

Hier der Wortlaut des Gesprächs zu den angeblichen 80 Verkäufen im vergangenen Jahr:

WirtschaftsWoche: "Wie viele Objekte schlagen Sie denn insgesamt um, in der Gruppe, jedes Jahr?

Knoll: "Letztes Jahr waren wir bei über 80."

WirtschaftsWoche: "80 Verkäufe?"

Knoll: "Ja."

(...)

WirtschaftsWoche: "Vermutlich, dadurch dass sie noch am Wachsen sind, ist der Ankauf dann noch mal mehr als die 80?"

Knoll: "Ja, immer. Solange wie wir Neuplatzierungen machen ist der Ankauf immer wesentlich mehr wie der Verkauf. Zwangsläufig."

Fairvesta hat den Namen des Käufers nicht publiziert

7. Fairvesta behauptet: "Rund 20 Prozent des Immobilienbestandes wechseln innerhalb von nur 12 Monaten den Eigentümer, weitere ca. 60 Prozent innerhalb von den avisierten drei Jahren und ca. 20 Prozent haben eine längere Haltedauer als drei Jahre, so der aktuelle Stand."

Diese Angaben lassen sich nicht endgültig überprüfen. Klar ist: Auf Ebene einiger großer und schon seit einigen Jahren laufender Fonds gelten sie nicht. Beim Fonds Fairvesta 1 waren zu Ende 2012 von den vorhandenen acht Immobilien fünf länger als drei Jahre im Bestand (62,5 Prozent). Beim Fonds Fairvesta 4 waren von den vorhandenen 23 Immobilien 15 länger als drei Jahre im Bestand (65 Prozent). Beim Fonds Fairvesta 5 waren von den vorhandenen acht Immobilien alle acht länger als drei Jahre im Bestand (100 Prozent).

Sollten die von Fairvesta angegebenen Quoten so berechnet sein, dass auch die vor Kurzem gekauften Immobilien mit einbezogen werden, wäre dies kaum aussagekräftig. Natürlich kann ein erst 2011 gestarteter Fonds, wie der Mercatus 8, noch keine Immobilie länger als drei Jahre halten.

8. Fairvesta behauptet: „Die Objekte wie zum Beispiel Pirmasens, Affing und Ansbach wurden bereits vor längerer Zeit an einen ausländischen Investor weiterverkauft, also nicht an ein verbundenes Unternehmen wie in dem Artikel gemutmaßt wird.“

Richtig ist: Fairvesta hat den Namen des Käufers nicht publiziert, insofern lässt sich diese Behauptung nicht nachprüfen. Es ist allerdings auffällig, dass Knoll sich bei Fragen zu diesem Punkt grundlegend widerspricht. Im Gespräch mit der WirtschaftsWoche behauptete er, die Immobilien des Fonds Fairvesta 2 seien von zwei Investoren gekauft worden, in einer späteren schriftlichen Stellungnahme und einer Fairvesta-Pressemitteilung ist nur noch von einem Investor die Rede.

Mit eigenen Fotos ins richtige Licht rücken

Wörtlich hieß es in dem Gespräch mit der WirtschaftsWoche auf Nachfrage zu den ausländischen Investoren:

WirtschaftsWoche: „Sie sagen, es seien zwei Investoren. Die zwei hatten also nichts miteinander zu tun, waren unabhängig und haben sich das Portfolio aufgeteilt?“

Knoll: „Ja."

WirtschaftsWoche: „Das heißt, das war mehr oder weniger Zufall, dass die gleichzeitig gekauft haben?"

Knoll: „Das war Zufall."

WirtschaftsWoche: „Können Sie sagen, welche Immobilien von A und welche von B gekauft worden sind?

Knoll: (…) Der eine hat um die 60 Prozent und der andere um die 40 Prozent gekauft.

In einer schriftlichen Stellungnahme klingt derselbe Sachverhalt ganz anders. Darin heißt es: „Das Portfolio Fairvesta II wurde in Form einer Verbriefung an einen institutionellen Investor (Fonds) verkauft, welcher weder direkt noch indirekt der fairvesta Unternehmensgruppe zuzuordnen ist.“

9. Fairvesta präsentiert in seiner Stellungnahme eigene Fotos, der im Heft gezeigten Immobilien, und will diese so "ins richtige Licht rücken".  Ein Wohn- und Geschäftshaus in Großalmerode wird mit einem florierendem Rewe-Supermarkt gezeigt.

Richtig ist: Rewe ist nicht mehr Mieter dieser Immobilie. Das Foto von Fairvesta ist - anders als das Bild der WirtschaftsWoche - nicht aktuell.

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