Gold-Comeback Wo das Gold für harte Zeiten herkommt

Die Geldflut der Europäischen Zentralbank treibt den Goldpreis. Wie Anleger davon profitieren.

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So werden aus altem Schmuck Gold- und Silberbarren
Alter Schmuck wird in der Gold- und Silberscheideanstalt angeliefert. Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Ein Arbeiter der Scheideanstalt schmilzt den alten Schmuck ein. Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
So sieht der Metallbarren aus, den der Arbeiter aus der Lieferung eines Altgoldhändlers geschmolzen hat Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Was der Arbeiter im Kleinen mit dem Schmuck macht, passiert im Trommelofen im Großen: Dort werden metallische Abfälle aus der Industrie eingeschmolzen – weniger als ein Prozent davon ist Gold. Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Die flüssigen Metalle gießt ein Arbeiter in große Formen. Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Volkmar Häuser, Leiter der Edelmetall-Rückgewinnung bei Agosi (Allgemeine Gold- und Silberscheideanstalt) zeigt eine Flasche mit Goldsand. Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Hier ist Gold in seinen verschiedenen Stufen des Recycling-Prozesses zu sehen: In der kleinen Flasche links sind braune Flocken. Die entstehen, nachdem Agosi die von Lieferanten angelieferten Metalle einschmilzt und die flüssige Masse in Wasser kippt. Die Metalle flocken zu Cornflakes-ähnlichen braunen Teilchen aus. Aus den Flocken wird Goldsand (zweite Flasche von links). Der entsteht in Reaktoren, in denen die Flocken zu Goldsand verarbeitet werden. Eine Mischung aus Salz- und Salpetersäure – auch Königswasser genannt – ist die einzige Flüssigkeit, die Gold auflösen kann. Der Sand sieht aus wie Currypulver, enthält aber bereits Feingold. Erneut eingeschmolzen und wieder in Wasser gekippt entstehen die goldenen Granalien (dritte Falsche von links), aus denen dann endlich Barren werden (vorne). Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche

Klong! Scheppernd rutscht die goldene Taschenuhr in eine Metallkiste. Ein Arbeiter mit Schutzbrille und silberner Sicherheitsschürze schüttet die von einem Gold-Aufkäufer angelieferte Ware in die Box. Ausgediente Eheringe, ein silbernes Uhrband, Armreife und Omas alte Halskette plumpsen hinterher.

Der Gold-Aufkäufer will seinen Schatz bei der Allgemeinen Gold- und Silberscheideanstalt (Agosi) in Pforzheim in Bares tauschen. Deutschlands größte Goldscheideanstalt recycelt und handelt Edelmetalle und fertigt aus den verschmähten Erbstücken der Großeltern auch Goldbarren oder Rohlinge für Münzen. Rund ein Drittel der aufbereiteten Ware liefern Altgoldsammler, deren Shops in Innenstädten wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, um Privatleuten Omas olle Klunker abzuluchsen.

Die Nachfrage nach Gold steigt weiter

Dem Arbeiter mit der Schutzbrille drohen demnächst Überstunden: Allein 2014 ist der Goldpreis, in Euro gerechnet, um rund zwölf Prozent gestiegen – im vergangenen Jahr war Gold aus Sicht von Euro-Sparern die mit Abstand beste Anlageklasse. Steigende Kurse locken weitere Käufer in die Goldläden von Pro Aurum, Degussa & Co. Jeder vierte Deutsche würde laut aktueller Umfrage des Statistik-Dienstleisters Statista bei einer Verschärfung der Euro-Krise jetzt in Gold anlegen.

"2015 hat sich die Nachfrage von Goldhändlern nach Barren weiter belebt", sagt Agosi-Chef Dietmar Becker. Hohe Preise könnten wieder verstärkt Schmuck-Erben in die Sammelstuben locken, so wie 2012, als der Goldpreis Anfang Oktober sein Rekordhoch bei 1386,51 Euro für die Feinunze (31,1 Gramm) markiert hatte. Ihr Gold würde dann auch bei Agosi landen und dort recycelt werden.

Gold feiert in diesen Tagen sein Comeback – als harte Währung, die vor Kaufkraftverlusten und systemischen Risiken schützt, und als renditebringende Geldanlage. In den ersten Wochen 2015 startete der Preis durch, in der Spitze um fast 19 Prozent auf 1155,59 Euro. Dafür gesorgt hat vor allem die überraschende Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die Bindung des Schweizer Franken an den Euro aufzugeben.

Konditionen für Goldbarren bei unabhängigen Edelmetallhändlern

Die Finanzmärkte gerieten daraufhin ins Trudeln: Die Schweizer Währung gewann von jetzt auf gleich zweistellig an Wert, Banken fuhren Millionenverluste ein, Broker gingen pleite. Ein Warnsignal: Anleger sollten sich absichern – mit Gold.

Vertrauen in die Währung schwindet

Zweieinhalb Jahre hat Mario Draghi den Finanzmärkten ein groß angelegtes Ankaufprogramm für Staatsanleihen in Aussicht gestellt. Jetzt ist es so weit, Draghi hat geliefert.

Am vergangenen Donnerstag kündigte der Präsident der Europäischen Zentralbank an, die EZB werde von März an bis mindestens Ende September 2016 auch Anleihen von Regierungen und anderen öffentlichen Schuldnern aus der Euro-Zone auf dem Sekundärmarkt kaufen. Seit Oktober 2014 erwirbt die EZB bereits Kreditverbriefungen und Pfandbriefe privater Schuldner. Insgesamt 60 Milliarden Euro will Draghi so in die Finanzmärkte pumpen – Monat für Monat. Schon bei einer Mindestlaufzeit des Programms bis Ende September 2016 wären das insgesamt 1140 Milliarden Euro. Der Euro, seit Wochen von Gerüchten über das Programm gedrückt, fiel weiter; der Goldpreis zog erneut an.

„Das Vertrauen in die monetären Systeme verschwindet immer mehr“, sagt Wilhelm Peinemann, Berater des Goldport Stabilitätsfonds. Der Schweizer Investor Marc Faber sagte Mitte Januar auf einer Konferenz der Investmentbanker von Société Générale, der einzige Weg, davon zu profitieren, sei der Kauf von Gold, Silber und Platin. Die edlen Metalle liefert Agosi – seit 1891.

Der Wert einer Lieferung ist erst nach dem Einschmelzen bekannt

Der Agosi-Arbeiter wälzt die Schmuckstücke mit einem Magneten um. Er nickt zufrieden: Nichts bleibt hängen, augenscheinlich handelt es sich um Gold und Silber. Routiniert streift er Wärmeschutz-Handschuhe über, der Schmuck verschwindet im Tiegel über dem Feuer. Hitze dehnt sich in der Werkshalle aus. Eine Flamme flackert auf. 1100 Grad, der Tiegel glüht gelborange. Mit einer Zange hebt der Mann das Gefäß, kippt die geschmolzene Masse in eine Barrenform. Nach nur einer Minute kühlt er den goldenen Block in Wasser. Er ist kaum dicker als eine Tafel Schokolade – wiegt aber stolze 1,6 Kilo.

Wie viel Geld der Goldsammler für den Schmuck bekommt, hängt davon ab, welche Metalle der enthält. „Genau bestimmen kann man den Metallgehalt einer Kundenlieferung erst, wenn sie geschmolzen worden ist“, sagt Volkmar Häuser, Leiter der Edelmetall-Rückgewinnung. Daher bohren die Analyse-Mitarbeiter Löcher in den Block, im Schnitt enthalten Schmuckstücke der Altgoldhändler 60 Prozent Gold. Bis zum Barren mit 999 Tausendsteln Feingehalt ist es noch ein langer Weg.

Konditionen für Krügerrand-Goldmünzen bei unabhängigen Edelmetallhändlern

Goldbarren werden nicht an Wert verlieren

Rund 36.000 Euro kostet ein Kilobarren Gold aktuell auf dem Markt. Die Agosi-Gruppe gießt solche Barren in Amsterdam für ihre Mutter Umicore. Dass Barren demnächst wieder stark an Wert verlieren, ist eher unwahrscheinlich – egal, wie die Notenbanken sich in Zukunft verhalten.

  • Hörten die Zentralbanken auf, die Märkte mit Liquidität zu fluten, würden Investoren ihr Kapital aus den mit Notenbankgeld aufgepumpten Aktien- und Anleihemärkten abziehen – und auch in Gold umschichten. Schon 2014 haben die Analysten der Commerzbank beobachtet, dass mit Gold besicherte Wertpapiere „Zuflüsse verzeichneten, insbesondere, wenn es an den Aktienmärkten zu starken Rückgängen kam“.
  • Blähen die Zentralbanken ihre Bilanzsummen weiter auf, treibt das den Goldpreis. Das zeigt die Vergangenheit: 2012 erreichte die aggregierte Bilanzsumme des Euro-Systems ihren Rekordstand bei 3102 Milliarden Euro. Vereinfacht lässt sich an der Bilanzsumme der Prozess der Zentralbankgeldschöpfung in der Euro-Zone ablesen. Mehr Euro bei konstanter Goldmenge – diese Relation schob vor 2012 den Goldpreis an. Denn anders als Papierwährungen ist Gold nicht beliebig vermehrbar.

Für den steilen Anstieg der Bilanzsumme des Euro-Systems und parallel des Goldpreises in Euro hatte Draghi damals vor allem mit zwei 500-Milliarden-Euro-Spritzen gesorgt. Über Liquiditätsprogramme hatte die EZB den Banken vor drei Jahren das Geld geliehen. Bis spätestens März 2015 müssen sie zurückzahlen. Während vor allem Institute in Südeuropa bis heute an diesem Tropf hängen, begannen andere im Sommer 2012 mit der Rückzahlung. Entsprechend schrumpfte die Bilanzsumme des Euro-Systems, auf 1988 Milliarden Dollar im vergangenen September. Nahezu parallel fiel der Goldpreis in Euro auf das Preisniveau aus der Zeit vor der Liquiditätsflut zurück, im Tief ging es runter auf 873 Euro.

Draghi hört erst auf, wenn das Inflationsziel erreicht ist

Doch um das Ziel – Inflation – zu erreichen, müssen die EZB und ihre angeschlossenen nationalen Notenbanken ihre Bilanzsumme vermutlich noch viel stärker aufblähen als bisher geplant. Ökonomen der Investmentbank Morgan Stanley schätzen, dass ein Staatsanleihekaufprogramm über 1000 Milliarden Euro nur einen Effekt von 0,4 Prozentpunkten auf Inflation und Wirtschaftsleistung hätte. Plausibel mit Blick auf das EZB-Inflationsziel von knapp zwei Prozent scheint daher, dass die Notenbank ihre Bilanz auf 4500 Milliarden Euro aufblasen müsste. So sehen das auch Analysten der Royal Bank of Scotland. Draghi betonte am Donnerstag denn auch, er werde erst Schluss machen mit den Käufen, wenn sein Inflationsziel erreicht sei.

In der Krise ist es besser, Gold in den Händen zu halten

Investoren zieht es deshalb wieder verstärkt in mit Barren besicherte Wertpapiere. Die Bestände aller vom Börsendienst Bloomberg erfassten Goldfonds erhöhten sich seit der Entscheidung der Schweizer SNB, den Mindestkurs aufzugeben, um 1,3 Millionen Unzen auf zuletzt 52,6 Millionen Unzen. Um den Rekordwert von Ende 2012 zu erreichen, müssten Anleger beim aktuellen Unzenpreis noch über 40 Milliarden Dollar in Goldfonds investieren.

Goldfonds lassen sich schnell und liquide über die Börse handeln. In Krisen jedoch ist es besser, Gold in Händen zu halten. Nur wenn Anleger direkt darauf zugreifen können, bietet es eine Reserve außerhalb des Finanzsystems. „Da kann ich immer zu meinem Safe gehen, meine Barren und Münzen rausnehmen und verkaufen, wenn ich das muss“, hat der Schweizer Vermögensverwalter Felix Zulauf einmal gesagt. Die Bundesbank macht es vor und bringt die Goldvorräte Deutschlands unter ihre Kontrolle. Sie hat im Vorjahr 120 Tonnen aus dem Ausland nach Hause geholt. 2020 soll die Hälfte des Goldschatzes von derzeit 3384 Tonnen in Frankfurt lagern.

Zehn kuriose Fakten über Gold
Gold ist essbarEine Bedienung serviert eine Currywurst mit Blattgold und Champagner. Auch Süßspeisen, edle Pralinen oder Gebäck werden gern mit Blattgold verziert. Einen Eigengeschmack hat Gold nicht.Quelle: Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung Quelle: dpa/dpaweb
Gold ist sehr gut formbarVon allen bekannten Metallen ist Gold dasjenige, das am besten dehn- und formbar ist - zugleich ist es sehr stabil. So kann aus nur einem Gramm Gold ein mehr als drei Kilometer langer Draht hergestellt werden, der dünner als ein menschliches Haar ist. Quelle: REUTERS
Früher waren Olympia-Medaillen aus GoldDie deutsche Skirennläuferin Maria Höfl-Riesch posiert mit zwei Medaillen, die sie bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 gewann. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Goldmedaillen noch aus massivem Gold. Heute sind sie nur noch vergoldet. Schuld sind die seit dem Jahr 1900 stark gestiegenen Goldpreise. Bei einem aktuellen Goldpreis von etwa 1172 Dollar wäre die 500 Gramm schwere Medaille rund 18.840 Dollar wert. Quelle: dpa
Deutsche sind Gold-FansDie Deutschen setzen auf Gold: Laut einer Studie, die der Edelmetallkonzern Heraeus bei der Berliner Steinbeis-Hochschule in Auftrag gegeben hatte, haben die Deutschen im Herbst 2014 mehr Gold in ihrem Privatbesitz als die US-Notenbank Fed eingelagert hat. Es sind etwa 8200 Tonnen. Quelle: dpa
Gold als HeilmittelSeit Jahrtausenden wird Gold in der Naturheilkunde eine heilende Wirkung zugeschrieben. Auch heute noch werden Gold-Spritzen oder -Tabletten zum Beispiel gegen Rheuma angeboten. Die Therapie kann aber zahlreiche Nebenwirkungen haben und erfordert eine intensive ärztliche Betreuung. Quelle: dpa
Das größte GoldnuggetHier ist das "Butte Nugget" zu sehen, eines der größten Goldnuggets, die je gefunden wurden. Noch größer war aber das Nugget "Welcome Stranger", das zwei Australier im Jahr 1869 fanden. Es maß zehn mal fünfundzwanzig Zentimeter. Quelle: AP
Warum ist Gold kein offizielles Zahlungsmittel mehr?Der damalige US-Präsident Richard M. Nixon verkündete am 15. August 1971, dass der US-Dollar nicht mehr in Gold eintauschbar sei. Von da an verwandelten sich die Währungen der Welt in nicht einlösbares Papiergeld, Gold war keine Währungsdeckung mehr. Die Schweiz war lange eine Ausnahme: Bis das Alpenland 1999 in den IWF eintrat, waren noch 40 Prozent jedes Schweizer Frankens durch Gold gedeckt. Quelle: AP

Das Gold der Altgoldsammler reicht nicht für den Markt

Agosi will jetzt sein Geschäft erweitern und auch auf Privatanleger setzen: Das an der Börse mit derzeit 360 Millionen Euro bewertete Unternehmen – gut 90 Prozent des Aktienkapitals hält Umicore – plant einen eigenen Online-Shop, in dem Anleger Barren und Münzen kaufen können.

Doch damit genug Edelmetall für alle da ist, reicht das Gold der Altgoldsammler nicht aus. Ein paar Hallen neben der Schmuckschmelze geht es richtig zur Sache. „Hier steht die größte Goldscheideanlage Deutschlands“, sagt Agosi-Mann Häuser. Ein Arbeiter im silbernen Hitzeschutzanzug, mit Haube und dunklem Visier schreitet auf den riesigen Ofen zu, lässt Glühmasse in einen Tiegel laufen. Von dort gießt er das Metall in Formen. Orangefarbene Funken sprühen, ein Laufband schiebt die Barren unter eine Wasserdusche – zischend steigt Dampf auf.

Diese Substanzen sind teurer als Gold
Platz 10: MethamphetaminKosten: 95 Euro pro Gramm Hoher Grammpreis, aber billig im Vergleich zu anderen Drogen: Unter dem Modenamen Crystal Meth gilt Methamphetamin heutzutage als am schnellsten zerstörende Droge überhaupt. Der Gebrauch führt unter anderem zu Karies und Zahnausfall. Quelle: dpa
Platz 9: KokainKosten: 470 Euro pro Gramm Kokain gilt als die Partydroge in besseren Kreisen. Besser Finger weg: Kokain hat ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Quelle: dpa
Platz 8: LSDKosten: 2.300 Euro pro Gramm Lysergsäurediethylamid, kurz LSD genannt, ist in Deutschland ein nichtverkehrsfähiges Betäubungsmittel. Der unerlaubte Gebrauch ist strafbar. In zahlreichen anderen Ländern, wie den USA, ist die Droge verboten. Quelle: dapd
Platz 7: PlutoniumKosten: 3.150 US-Dollar pro Gramm Die Atombombe, die 1945 auf Nagasaki fiel, trug Plutonium als Spaltmaterial in sich. Außer militärischen Zwecken dient Plutonium auch der Energiegewinnung. Es entsteht aus dem Uran der Brennelemente in Atomkraftwerken.   Quelle: REUTERS
Platz 6: TaaffeitKosten: 2.000 bis 15.750 Euro pro Gramm Der irische Forscher Richrd Taaffe entdeckt den Edelstein bei einem Schmuckkauf 1945. Wegen seiner hohen Seltenheit dient er bis heute nur als Schmuckstück. Quelle: Rob Lavinsky, iRocks, Creative Commons, CC BY-SA 3.0
Platz 5: TritiumKosten: 23.616 Euro pro Gramm Tritium ist ein Nebenprodukt der Kernspaltung und kommt auf natürliche Weise nur in der Stratosphäre vor. Damit lassen sich in der Medizin bestimmte Substanzen markieren. Außerdem ist der Stoff fester Bestandteil von Atombomben. Quelle: dpa
Platz 4: DiamantenKosten: ein farbloser Stein von einem Karat kann über 50.000 Euro pro Gramm kosten Diamanten machen was her und sind der härteste natürliche Stoff der Welt. Ihr Aussehen macht sie zu Kostbarkeiten der Schmuckbranche, ihre Härte zu einem begehrten Schneidstoff in der Industrie. Quelle: AP

Agosi kauft kein Metall von Minen. „Unser Gold kommt fast ausschließlich aus hauseigenem Recycling“, sagt Häuser. Die Rohstoffe für den Trommelofen liefern etwa Autozulieferer – Abfälle von Metallbändern, aus denen sie Teile für Steckverbindungen ausgestanzt haben. Im Schnitt enthält eine Tonne eingeschmolzenes Material weniger als zehn Kilo Gold. Der Aufwand lohnt sich – heute viel mehr als vor einem Jahr, als die Unze 900 Euro kostete.

Nur Gold schützt vor systemischen Risiken

In den Jahren seit Beginn der Finanzkrise 2008 haben die Notenbanken Anleger gerettet. Zwar sind die Zinsen massiv gesunken, aufs Tagesgeld gibt es nichts mehr. Doch die Finanzmärkte, allen voran die Aktienbörsen und Staatsanleihemärkte, sind durch das Vertrauen in die Macht der Notenbanken am Laufen gehalten worden. Die Ära könnte sich mittelfristig dem Ende zuneigen. Dann schützt Anleger nur Gold vor systemischen Risiken – zu denen auch die Notenbanken werden könnten.

Das Beispiel der Schweizer SNB zeigt das eindrucksvoll: Sie ist die erste bedeutende Notenbank, die von den Marktkräften in die Knie gezwungen worden ist. Die SNB hatte den Franken im September 2011 an den Euro gekoppelt. Dieser sollte seither nicht mehr unter 1,20 Franken je Euro fallen. So wollte die SNB die Schweizer Exportwirtschaft schützen – denn wertet der Franken zu sehr auf, verteuern sich Schweizer Produkte im Ausland.

Ein starker Dollar ist nicht schlecht für Gold

Den Mindestkurs hat die SNB mit dem Aufkauf von Euro-Anlagen verteidigt und so ihre Geldpolitik faktisch an die EZB übertragen. Die Bilanzsumme der SNB schwoll auf zuletzt 85 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung an – selbst die aggressiv Geld druckende Bank of Japan kommt nur auf eine Quote von 40 Prozent.

Einen Teilerfolg in seiner Kampagne gegen das Deflationsgespenst und für mehr Inflation hat EZB-Chef Draghi schon errungen. Der Euro hat abgewertet, gegenüber dem Dollar seit Anfang Mai 2014 von 1,3993 auf zuletzt 1,1377 Dollar. Geht es nach Draghi, darf der Euro noch schwächer werden. Gut für Anleger: Seit 2005 fallen Aufwärtsschübe von Gold in Euro oft zusammen mit einer Schwächephase des Euro gegenüber dem Dollar . Das Argument, ein starker Dollar sei schlecht für Gold, zieht aus Sicht eines Euro-Anlegers nicht. Auch die Charttechniker, die Prognosen aus vergangenen Kursverläufen ableiten, geben grünes Licht: Anfang Januar knackte der Goldpreis in Euro den Widerstand bei knapp 1000 Euro. Damit endete eine gut einjährige Bodenbildungsphase – ein positives Signal.

Die Entwicklung des Goldpreises im Vergleich zur Bilanzsumme des Euro-Systems, zu den Inflationsraten und zum Euro-Kurs. (Für eine Vergrößerung bitte anklicken)

Papier- und Buchgeld gibt es reichlich, Gold aber ist begrenzt. Draghi will allein das Angebot an Euro um mindestens 50 Prozent erhöhen. Die überirdische Goldmenge wächst dagegen jährlich nur um etwa eineinhalb Prozent. Dass seine Menge recht konstant ist, macht Gold als Wertspeicher attraktiv – und sorgt dafür, dass die Menschen nichts verloren gehen lassen. In den ersten drei Quartalen 2014 wurden weltweit 26 Millionen Unzen Gold recycelt, aus Altgold und Elektroschrott.

Nur Königswasser kann Gold auflösen

Sobald Agosi den Goldgehalt der Rohbarren bestimmt hat, wird das Gold aller Lieferanten zusammen eingeschmolzen und die flüssige Masse in Wasser gekippt. Die Metalle flocken zu Cornflakes-ähnlichen braunen Teilchen aus. Nebenan wartet schon ein Chemikant mit Schutzbrille auf die Ware. Er wacht über drei große Reaktoren, in denen die Flocken zu Goldsand verarbeitet werden. 300 Kilo Flocken liegen in einem kleinen Schubwagen. Das reicht gerade, um den Boden zu bedecken.

Die wichtigsten Fakten zu Gold

Über Kanister pumpt der Chemikant eine Mischung aus Salz- und Salpetersäure in den Reaktor. Königswasser heißt das Gebräu, „es ist die einzige Flüssigkeit, die Gold auflösen kann“, sagt er und zapft eine grünbraune Probe. Aus dem Dreckwasser wird Goldsand, den Laien mit Currypulver verwechseln könnten, würde das Gläschen Pulver nicht über ein Kilo wiegen. So trennt Agosi Gold von Silber, das sich in dem Königswasser nicht löst. In einer Ecke stehen Plastiksäcke, gefüllt mit zementartigem grauem Pulver: Silber.

"Granalien" sind der Rohstoff für Goldbarren

Der Goldsand wird erneut geschmolzen und in Wasser gegossen. Dieses Mal gibt es keine Flocken, sondern hochglänzendes Feingoldgranulat, „Granalien“ sagen sie dazu, der Rohstoff für Juweliere und – endlich – für die Barren der Anleger. Die Granalien kommen in den Tresor.

Das Gelände ist geschützt: Sicherheitsleute, Kameras, Bewegungsmelder. Zeitschaltuhren riegeln die Tresore ab, zu fixen Zeiten kommen selbst Mitarbeiter mit Code nicht rein. Bei Schichtbeginn müssen mehrere zugleich ihren Code eingeben, sonst bewegt sich die über 40 Zentimeter dicke Tresortür nicht. Ständig wird während der Produktion gewogen; Diebstahl würde schnell auffallen.

Selbst aus dem Putzwasser wird Gold gefiltert

Agosi sammelt jedes Milligramm Gold wieder ein. So darf die Reinigungskraft ihr Putzwasser nicht in den Ausguss schütten – es wird gefiltert, bis das letzte Schwebteilchen gesichert ist. Putzlappen, Schutzanzüge, Filter – alles wird in der Schmelze verbrannt. Abends muss jeder Mitarbeiter durch die Sicherheitskontrolle, Hosentaschen entleeren, Jacke und Rucksack werden durchleuchtet, wie am Flughafen. Stichprobenartig macht der Sicherheitsdienst sogar Leibesvisitationen.

Im Tresorraum stehen kleine Plastiktrommeln, zu zwei Dritteln gefüllt mit Granalien. Und doch sind sie mit 25 Kilo so schwer, dass man sie kaum heben kann. Gegenwert: 920 000 Euro pro Döschen. Ein Mitarbeiter demonstriert, wie dicht Gold ist: Er will mit der Hand durch die Granalien fahren, doch kann kaum durchgreifen.

In Pforzheim fertigt Agosi Vorprodukte (Halbzeuge) für 3500 Juweliere. Die stabilisieren das Geschäft: „Sinkt der Goldpreis, fragen Juweliere mehr Ware nach, steigt er, halten sie sich zurück“, sagt Peter Tews, Leiter der Halbzeuge-Produktion.

Die EU treibt Sparer immer weiter zum Gold

Auf einer Ablage liegen Rohre in allen möglichen Goldtönen. „Daraus werden mal locker 1000 Eheringe“, sagt Tews und hebt eines an. „Das Rohr hier hat etwa 17 Kilo, der Metallwert dürfte locker bei einer halben Million Euro liegen“, schätzt er.

Die Bilder der Griechenland-Wahl
Starke Prognose für Syriza: Auf der Wahlparty des Linksbündnisses wird bei der Veröffentlichung der ersten Zahlen laut gejubelt. Quelle: ap
Den Tränen nahe: Einige Mitglieder feiern den Wahlsieg emotional. Quelle: Reuters
Dagegen herrscht bei der bisherigen Regierungspartei Nea Dimokratia Entsetzen – sie landet deutlich hinter Syriza. Quelle: ap
Pure Enttäuschung bei den Anhängern von Nea Dimokratia. Die bisherige Regierungspartei sackt deutlich ab. Quelle: Reuters
Schon die erste Wahlprognose sah Syriza mit 35,5 bis 39,5 Prozent vorne. Das ließ die Anhänger auf der Wahlparty jubeln. Quelle: Reuters
Auf der Wahlparty des linksradikalen Bündnisses Syriza feierten auch Deutsche mit – Anhänger der Linken. Die wollen „von Griechenland aus Europa verändern“. Quelle: Reuters
Alexis Tsipras (M.) war schon vor den ersten Prognosen der Mann des Tages. Wo der haushohe Favorit vom radikalen Linksbündnis Syriza auch auftauchte, das Interesse war gewaltig. Quelle: dpa

Die Eheringe könnten noch deutlich teurer werden. Denn eine weitere Gefahr für den Euro dürfte den Goldpreis mittelfristig treiben: Die Europäische Union (EU) will, dass die Euro-Krisenländer ihre Haushalte sanieren. Doch die EU-Sparvorgaben treiben die Wähler der Krisenländern mehr und mehr in die Arme Euro-kritischer Parteien.

Am Sonntag, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, wurde in Griechenland ein neues Parlament gewählt. Vor der Wahl konnte die linke Oppositionspartei Syriza ihren Vorsprung auf die regierenden Konservativen von Ministerpräsident Antonis Samaras weiter ausbauen. Syriza lag zuletzt rund 6,5 Prozentpunkte vor Samaras’ Partei. Im Fall eines Wahlsieges will Syriza die Sparpolitik stoppen. Zudem verlangt Spitzenkandidat Alexis Tsipras einen Schuldenerlass für das Land, das mit Finanzhilfen über 245 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds und den Euro-Staaten vor der Pleite bewahrt wurde.

Auch in Spanien droht Ungemach: Dort „werden die Regionalwahlen im Frühjahr zeigen, wie groß die Unterstützung für Podemos ist – eine derzeit in den Meinungsumfragen erfolgreiche Partei, die sich gegen die Sparpolitik ausspricht“, warnen Analysten von Edmond de Rothschild. Kämen in Europa nach und nach Euro-Kritiker an die Regierung, würden Investoren aus Staatsanleihen fliehen. Die Notenbanken blieben als letzte Käufer übrig – und müssten noch mehr Zentralbankgeld in Umlauf bringen.

Spätestens dann schlägt die Stunde des physischen Goldes.

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