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Messen Sie Ihre Performance: einfach und ehrlich Quelle: imago images

Messen Sie Ihre Performance, einfach und ehrlich

Thorsten Polleit
Thorsten Polleit Chefvolkswirt der Degussa

Am Kapitalmarkt Geld zu verdienen, ist kein Selbstläufer. Damit eine schöne Rendite bleibt, müssen Anleger allerlei Zahlen im Blick behalten und dabei ein paar einfache Regeln beherzigen.

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Wer als Anleger in einer prosperierenden Volkswirtschaft mithalten will, muss eine „Mindestrendite“ erzielen: Eine Rendite, die die Rate der Geldentwertung („Inflation“) und die Zuwachsrate der gesamtwirtlichen Produktion („Wachstum“) abdeckt. Warum ist das so?

Im heutigen ungedeckten Papiergeldsystem weiten die Zentralbanken die Geldmenge unaufhörlich aus. Die Folge ist Inflation – und zwar in Form steigender Konsumgüterpreise und/oder steigender Vermögenspreise. Und Inflation schmälert die Kaufkraft des Geldes.

Wenn Sie mit Ihrer Geldanlage „nur“ die Inflation verdienen, bleibt die Kaufkraft ihres Vermögens erhalten. Aber Sie gewinnen nichts hinzu. Die Volkswirtschaften wachsen jedoch im Zeitablauf, die Menschen werden wohlhabender. Sie müssen daran teilhaben, wenn Sie nicht zurückfallen wollen. Das klingt kompliziert? Ist es nicht. Dazu ein Beispiel.

Nehmen wir an, Sie leben in einer Apfel-Wirtschaft, in der es 1 Apfel gibt. Die Apfelproduktion legt jedes Jahr um 2 Prozent zu. Das heißt, nach fünf Jahren gibt es 1,10 Äpfel, nach zehn Jahren 1,22 Äpfel und nach 20 Jahren 1,49 Äpfel (blaue Linie in Graphik 1). Nun weitet die Zentralbank unablässig die Geldmenge aus. Deshalb steigen die Apfelpreise, und zwar chronisch um, sagen wir, 3 Prozent jedes Jahr. Kostet ein Apfel gegenwärtig 1 Geldstück, so kostet er nach fünf Jahren 1,16, nach zehn Jahren 1,34 und nach 20 Jahren 1,81 Geldstücke (rote Linie). Gegenwärtig kostet also das gesamte Apfelangebot 1 Geldstück: 1 Apfel multipliziert mit dem Preis von 1 Geldstück pro Apfel. In fünf Jahren kostet es 1,28, in zehn Jahren 1,64 in 20 Jahren 2,68 (grüne Linie).

Überlegen Sie: Was bedeutet es, wenn Sie 1 Geldstück halten, und Sie weder am Wachstum des Apfelangebots noch an dessen Preisauftrieb teilhaben? Die Antwort zeigt die blaue Linie in Graphik 2: Ihre Kaufkraft fällt von heute 1 auf 0,86 nach fünf Jahren, auf 0,74 nach zehn Jahren und auf 0,55 nach 20 Jahren. Verdienen Sie nur die Inflation, bleibt ihre Kaufkraft konstant (rote Linie). Wenn Sie neben der Inflation auch das Wachstum verdienen, steigt Ihr kaufkraftbereinigtes Vermögen an (grüne Linie): von heute 1 auf 1,10 nach fünf Jahren, auf 1,22 nach zehn Jahren und auf 1,49 nach 20 Jahren.

Wenn es Ihnen also gelingt, Ihr Vermögen entsprechend der grünen Linie zu mehren, werden sie im Zeitablauf zwar „reicher“. Ihr Vermögen entwickelt sich aber „nur“ so, wie das Vermögen aller anderen in der Volkswirtschaft auch. Erst dann, wenn es Ihnen gelingt, ihr Vermögen auf einen Entwicklungspfad zu bringen, der oberhalb der grünen Kurve liegt (wie zum Beispiel die gepunktete Linie), verbessern Sie ihre relative Vermögensposition; dann haben Sie „mehr geschaffen“ als die anderen.

Outperformance: ein „Muss“

Doch, so werden Sie vielleicht fragen: Muss ich eine „Outperformance“ anstreben? Über die richtige Antwort auf diese Frage lässt sich trefflich streiten. An dieser Stelle soll nur ein Argument vorgebracht werden, das eine Outperformance empfiehlt: die Kosten der Geldanlage.

Jeder weiß, für das Führen von Konten und Depots werden Gebühren fällig. Zudem kostet auch jede Transaktion: Das Kaufen und Verkaufen von Wertpapieren ist schließlich nicht zum Nulltarif zu haben. Nehmen wir an, Ihre Bank verlangt die folgenden Gebühren: 5,95 Euro pro Transaktion zuzüglich 0,25% des gehandelten Betrages, wobei letzterer gedeckelt ist bei 75 Euro. Wenn Sie („Kleinanleger“) Aktien in Höhe von 10.000 kaufen, werden 31 Euro fällig, also 0,31 Prozent Ihres Investitionsbetrags gehen verloren. Handeln Sie („Großanleger“) 50.000 Euro, betragen die Kosten nur 0,15 Prozent Ihres Anlagekapitals. Häufiges Kaufen und Verkaufen ist also teuer; gerade bei relativ kleinen Beträgen. Diese Kosten verringern Ihre Investitionsrendite. Wenn Sie langfristig erfolgreich investieren wollen, müssen Sie die Kosten wieder reinbekommen – durch eine entsprechend hohe Rendite.

Die Gretchenfrage: Besser als der Markt?

Für die Anleger, die viel handeln, heißt das, dass die Investitionsrendite höher liegen muss als der Vergleichsmaßstab (wie zum Beispiel S&P 500 oder DAX). Sonst erreicht man seine „Mindestrendite“ unter Berücksichtigung der Transaktionskosten nicht. Wer in Fonds investiert, muss zudem das Fondsmanagement bezahlen. Beispielsweise kostet ihn das 1 Prozentpunkt des investierten Betrages pro Jahr. Das geht zu Lasten der Fondsrendite. Hinzu kommt, dass Fonds, wenn sie Wertpapiere kaufen oder verkaufen, natürlich ebenfalls Transaktionskosten verursachen, die zu Lasten des Anlegers gehen. Wenn dann der Fonds, in den sie investiert haben, und der sie einiges kostete, keine Outperformance abliefert (sagen wir über einen gleitenden fünf Jahresdurchschnitt), sondern nur gleichauf mit dem Aktienmarktindex liegt, sollten Sie hellhörig werden.

Und dann noch die Steuer

Denn dann finanzieren Sie ihrem Fondsmanager ein schönes Leben. Sie sollten sich die Frage stellen: Warum sollte ich meinen Fondsmanager so reichlich belohnen für eine durchschnittliche Leistung? Wer als Vermögender gar einen Beraterkreis um sich schart, produziert meist noch mehr Kosten, die zunächst einmal seine Investitionsrendite schmälern: Das Geld, das an Berater und Personal ausbezahlt wird, kann nicht investiert werden.

Die ertragsstärksten deutschen Aktien

Wer häufig kauft und verkauft und dabei Kursgewinne realisiert, der verursacht zusätzliche Kosten: Er muss Steuern zahlen. In Deutschland ist auf Kursgewinne eine Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent (zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer) fällig. Nehmen wir an, Sie orientieren sich an einem Aktienmarktindex. Heute investieren Sie 10.000 Euro. Wenn der Aktienmarkt jedes Jahr um zehn Prozent steigt, haben Sie nach 15 Jahren „Buy-and-Hold“ 41.772,5 Euro. Darauf müssen Sie, wenn Sie die Gewinne realisieren, 7.943,12 Euro Steuern zahlen. Ihnen bleiben 33.829,36 Euro. Ihre jahresdurchschnittliche Rendite beträgt 8,46 Prozent.

Sollten Sie nach 15 Jahren einen Betrag nach Steuern von 41.772,5 Euro anstreben, müssen Sie eine jahresdurchschnittliche Rendite von – in diesem Beispiel – etwa 11,67 Prozent erzielen – also deutlich „outperformen“ gegenüber dem Aktienmarkt (der annahmegemäß bei zehn Prozent liegt). Eine Outperformance von 1,67 Prozentpunkte pro Jahr mag auf den ersten Blick nicht bedeutsam erscheinen. Sie ist es aber: Im Zuge des Zins- und Zinseszinseffektes machen 1,67 Prozentpunkte einen ganz gewaltigen Unterschied auf das Endergebnis der Investition.

Die Gretchenfrage lautet: Kann ich outperformen, oder kann ich nicht outperformen? An dieser Frage führt kein Weg vorbei. Jeder Investor sollte, ja muss sie an den Anfang seiner Überlegungen stellen. Wer meint, er kann nicht dauerhaft besser abschneiden als der Gesamtmarkt, der ist gut beraten, passiv zu investieren. Beispielsweise indem er in ein Aktienmarkt-Zertifikat oder –ETF mit geringen Kosten investiert und geduldig für lange Zeit daran festhält. Wer hingegen meint, er kann outperformen, der wird aktiv investieren wollen. Ob er dazu in der Lage ist oder nicht, wird die Zeit zeigen: Nach fünf Jahren Investitionszeit sollte man Bilanz ziehen. Dann sollte man erkennen können, ob eine Outperformance erzielt wird oder nicht.

Und zum Schluss: Wie hoch ist die „Mindestrendite“ anzusetzen? Ich empfehle als Daumenregel: Man rechne die Zunahme der Geldmenge und das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes zusammen. Für diesen Wert liegt der langfristige Durchschnitt in den USA bei knapp zehn Prozent pro Jahr. Das zeigt, wie stark am sich strecken muss, um bei der Vermögensmehrung lediglich mithalten zu können. Doch wie gesagt: Das ist eine „Mindestanforderung“. Bevor man sich voreilig auf die „Mindestrendite“ festlegt, sollte man überlegen, ob es nicht besser geht – wie in der vorigen Kolumne von Intelligent investieren „Orientieren Sie sich an den Besten, nicht am Durchschnitt“ diskutiert.

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