Leben mit Aktien

Im Windschatten der Milliardäre – investieren wie die Rothschilds, Agnellis oder Wallenbergs

Es gibt nicht nur Warren Buffett mit Berkshire Hathaway, Elon Musk oder Jeff Bezos: Über Holdings kann man in Strategien von Dynastien investieren – diese Aktien sind aber nicht für jeden Anleger geeignet.

  • Teilen per:
  • Teilen per:


Manchmal erscheint es uns unerreichbar und weit weg, das Vermögen der Milliardäre. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Klar, die meisten von uns werden nie an solche Summen herankommen. Aber man kann von den Strategien der Milliardäre profitieren, ja im Windschatten mitfahren – und zwar mit börsennotierten Aktien.

Damit meine ich nicht Warren Buffett und seine Berkshire Hathaway Holding. Auch nicht die großen Unternehmer und Gründer wie Bernard Arnault (LVMH), Jeff Bezos (Amazon) oder Elon Musk (Tesla), an deren Lebenswerk man sich natürlich ebenso beteiligen kann.

Es geht um Holding-Gesellschaften, die das Vermögen mehr oder weniger breit streuen. Um unternehmerisch verwaltete Fonds oder börsennotierte Family Offices – mit unterschiedlichen Strategien, die aber alle eines gemeinsam haben: Sie sind keine anonymen Finanzprodukte für Anleger, sondern gewachsene Vermögensverwaltungen, bei denen es nicht um schnellen Profit geht, sondern darum, Vermögen über Generationen zu entwickeln.

Über den Autor

Aus diesen börsennotierten Investmentvehikeln ragen in Europa drei heraus, hinter denen mit die bekanntesten und schillerndsten Familien Europas stehen: Rothschild, Agnelli und Wallenberg. Im Folgenden werde ich die drei Vehikel analysieren. In unserem neuen Podcast „Leben mit Aktien“ haben Horst von Buttlar und ich auch ausführlich darüber gesprochen, die Folge können Sie hier hören.

Die Rothschilds und RIT Capital

Geschichte: Gegründet wurde RIT Capital 1961 von Jacob Rothschild, dem 4. Baron von Rothschild, um das Vermögen des britischen Zweigs der Familie zu verwalten. Die Familie ist weit verzweigt, bekannt ist vielen vor allem die legendäre Bank N.M. Rothschild & Sons. Der Start war durchaus bescheiden, mit nur drei Millionen Pfund Vermögen. Inzwischen hat der Trust ein Volumen von 3,6 Milliarden Pfund. Jacob Rothschild, ein gelernter Investmentbanker, hat sich 2019 aus der Geschäftsführung zurückgezogen, schließlich ist er inzwischen 87 Jahre alt. Aber er hatte schon vorher professionelle Managementstrukturen installiert. Er hält noch 12,4 Prozent der Aktien, zusammen mit seiner Frau Hannah und der Rothschild Foundation liegt der Rothschild-Anteil bei rund einem Drittel.

Allokation: RIT Capital ist breit diversifiziert, bildet die gesamte Bandbreite der anerkannten Assetklassen ab und legt das Kapital weltweit an (58 Prozent Nordamerika, 14 Prozent Emerging Markets, nur 8 Prozent Großbritannien). Und wie das bei vielen vermögenden Familien so ist, sind nicht börsennotierte Investments dabei der Schwerpunkt. Auf geschlossene Fonds und Unternehmensbeteiligungen – typischerweise Venture Capital, Private Equity, Private Credit und Hedgefonds – entfallen 60 Prozent. In börsennotierten Aktien stecken nur 26 Prozent, in börsennotierten Fonds weitere 13 Prozent. Der Rest ist Liquidität oder steckt in Immobilien, zuvorderst dem traditionsreichen Spencer House in St. James in der City of Westminster zwischen Little Street und St. James Palace.

Strategie: Ziel von RIT Capital ist die langfristige Mehrung des Vermögens und eine stetigere Entwicklung als an den weltweiten Aktienmärkten. Um das mal mit Kostolany zu sagen: „Gut schlafen ist besser als gut essen.“ Oder wie die Rothschilds es formulieren: „Over time we believe that a combination of healthy participation in up markets and reasonable protection in down markets should help us to compound ahead of markets… Indeed, since your Company’s listing in 1988 we have participated in 74% of monthly market increases but only 41% of market declines.“

Mit RIT Capital bekommt man also Zugang zu Assetklassen, die für Privatanleger normalerweise nicht zugänglich sind, allein schon wegen der Mindestanlagesummen. Dabei versuchen die Rothschilds allerdings Klumpen zu vermeiden, selbst die am höchsten gewichteten Fonds kommen nur auf ein Gewicht von gut vier Prozent, bei den Einzelaktien sind die Positionen noch kleiner: Top-Holding waren Ende 2022 der Agrochemiekonzern Corteva mit 1,1 Prozent; weitere bekannte Namen sind Canadian Pacific Railway, Thermo Fisher und Helios Towers mit jeweils weniger als ein Prozent.

Superreiche Familienclans haben ihr Vermögen mit Hilfe von Holding-Gesellschaften über Generationen entwickelt. Im Podcast erklären wir, wie Anleger von den Investments der Milliardäre profitieren können.
von Horst von Buttlar, Christian W. Röhl

Performance: Seit dem Börsengang 1988 hat RIT Capital den Nettovermögenswert (inklusive Ausschüttungen) um durchschnittlich 11,2 Prozent pro Jahr gesteigert. Das ist mehr, als der DAX geschafft hat, der als Performance-Index auf 8,2 Prozent kommt; der S&P Total Return erreichte 10,2 Prozent. Also eine deutliche Überrendite. In den letzten zehn Jahren hing RIT Capital allerdings etwas hinterher. Man vergleicht sich mit dem MSCI World ACWI und während der auf Zehn-Jahres-Sicht knapp 142 Prozent zugelegt hat, kommt RIT nur auf ein Plus von 114 Prozent.

Grund für den Rückstand: RIT hatte weniger Technologieinvestments und zahlreiche Absolute-Return-Investments, die in steigenden Märkten traditionell hinten dran sind. Wobei man sagen muss: Im vergangenen Jahr, einem der schwierigsten Börsenjahre seit langem, haben diese Beimischungen die Turbulenzen an den Aktienmärkten und die Abwertungen im Venture-Capital-Sektor auch nicht kompensieren können. Der so genannte Net Asset Value per April ist auf Ein-Jahres-Sicht um 9,1 Prozent zurückgegangen (MSCI ACWI +1,6 Prozent)

Was ist der Net Asset Value? RIT Capital funktioniert wie ein Fonds. Es wird zwar nicht wie bei gewöhnlichen Investmentfonds täglich, sondern monatlich der Nettovermögenswert berechnet. Bei den notierten Investments erfolgt das anhand der Börsenpreise; bei den nicht notierten Investments greift man auf deren NAV-Ausweise zurück, die aber immer mit etwas Verzug gemeldet werden. Anders als bei offenen Investmentfonds werden aber keine Anteile neu ausgegeben oder zurückgenommen.

Wer ein- oder aussteigen will, muss an der Börse kaufen – auf Basis von Angebot und Nachfrage. Und die Börse ist momentan eher vorsichtig: Der aktuelle Kurs der Aktie – rund 19 Pfund – liegt knapp 20 Prozent unter dem per 30. April publizierten NAV (23,67 Pfund). Darin drückt sich ein gewisses Misstrauen gegenüber den Wertansätzen der privaten Beteiligungen aus. Das nutzt RIT Capital: Zusätzlich zur Dividende (0,38 Pfund = immerhin zwei Prozent) kauft man sehr vorsichtig Aktien zurück.

Fazit: RIT Capital ist ein interessanter Baustein für Anleger, die in einer effizienten Struktur „private Assets“ ins Portfolio nehmen wollen. Wichtig: Das Investment ist nichts für den klassischen ETF-Sparer oder Aktionär, sondern für den Vermögensverwalter in eigener Sache.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%