Es gibt zwei Möglichkeiten, Dr. Doom („Doktor Weltuntergang“) in seiner thailändischen Wahlheimat Chiang Mai zu treffen. Man kann sich zwischen 18 und 20 Uhr in eine kleine Bar namens Linda’s setzen und dort neben deutschen Motorradfahrern, einarmigen Berufsalkoholikern und grazilen Mädchen in ultraknappen Neon-Kleidern auf ihn warten.
Oder man kann ihn in seiner roten Fantasie-Villa besuchen. Der Weg dorthin führt an Villen vorbei an das Ufer des Ping. Der Fluss fließt durch Chiang Mai, eine 135.000-Einwohner-Stadt im Norden Thailands. Wir sind eine halbe Stunde zu spät, unser Fahrer hat den Weg trotz Fabers Beschreibung nicht gleich gefunden.
Hunde bellen. Ein Thai mit Gartenschlauch in der Hand winkt lächelnd vom Grundstück: Man solle ruhig eintreten. Das ist Kun Gi, der Gärtner, Butler und Hundehüter Fabers. Vor der Flügeltür des Hauses verneigen sich zwei groteske Holzfiguren in Mao-Anzügen. Faber sitzt im Schein einer Schreibtischlampe am Ende eines dunklen Saals, vor einer Bücherwand. Die verbliebenen Haare hat er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
Faber fragt: „Ist euer Fahrer ein Vollidiot?“
Er grummelt, man möge die Schuhe ausziehen und sich dann umschauen, er habe noch eine E-Mail zu schreiben.
Kassandra des Finanzsystems
Marc Faber ist Fondsmanager, Buchautor und vor allem eine Art Kassandra des globalen Finanzsystems. Er hat vor den großen Crashs der letzten 30 Jahre gewarnt: dem Börsencrash 1987, dem Ende des Japan-Booms 1990 und der Asien-Krise 1997. Beim vierten Crash, dem Platzen der Dotcom-Blase 2000, war er zwei Jahre zu früh dran, was er einmal als „schwarzen Fleck seiner Karriere“ bezeichnete.
All das hat ihm den Beinamen „Dr. Doom“ eingebracht. Unermüdlich fliegt er um die Welt, hält Vorträge, besucht Aufsichtsratssitzungen und gibt Interviews, in denen er vor Blasen und Börsencrashs warnt. Sein Rat ist gefragt, er wird weltweit respektiert. In dem berühmten Roundtable des WirtschaftsWoche-Partnermagazins „Barron’s“ streitet Faber, der 300 Millionen Dollar managt, auf Augenhöhe mit Kalibern wie Bill Gross, der einmal mehrere Hundert Milliarden Dollar verantwortete. Faber sieht die Welt jetzt auf den ultimativen Kollaps zusteuern.
Kunst und viele Bücher
Fabers Villa ist Denkmal, Bürogebäude, Privatmuseum und Alterssitz in einem. Sie hat die Ausmaße und Wirkmächtigkeit einer Kathedrale. Zwei Säulen aus Teakholz stützen das 25 Meter hohe Gebäude. In der Mitte steht eine hölzerne Tafel, umringt von 14 Stühlen, auf der drei Dutzend Mao-Büsten aus weißem Porzellan aufgebahrt sind. Zwei hölzerne Treppen schrauben sich um eine zimmerhohe Buddha-Statue herum in das nächste Stockwerk. Der Einrichtungsstil ist eklektisch: eine Mixtur aus asiatischer Tradition, Zeitgeschichte und persönlichen Erinnerungen. Wer sich auf der Toilette im Erdgeschoss erleichtert, tut das auf einem hölzernen Thron im Louis-quatorze-Stil. Die Bücherwände sind meterhoch, darin die Klassiker der Nationalökonomie: Werke von Adam Smith, John Stuart Mill, aber auch Milton Friedman. Um an die oberen Exemplare heranzukommen, braucht man eine Leiter.
Geldanlage Propagandakunst
An den Wänden hängen Hunderte Propagandaposter aus der Mao-Zeit. Sie zeigen Arbeiter beim Dreschen von Getreide oder beim Schmelzen von Stahl. Faber kaufte sie 1976 nach dem Tod Mao Tse- tungs, zusammen mit Tausenden anderen Stücken. Nicht, weil er den Diktator bewundert, sondern, weil er mit einem Wertanstieg der Propagandakunst rechnete. Heute besitzt er die wahrscheinlich größte Sammlung an Mao-Memorabilien auf der Welt, nach der Kommunistischen Partei Chinas.
Der internationale Kunstmarkt wächst
Nach einem vorübergehenden Einbruch im Zuge der Finanzkrise wächst der internationale Kunstmarkt wieder gewaltig. Gleichzeitig hat sich der Handel globalisiert. Vermögende aus China, Russland oder den Vereinigten Arabischen Emiraten treiben die Preisspirale kräftig an - in einer Branche, deren Geschäfte jahrzehntelang auf die USA und Europa konzentriert waren.
Das Londoner Auktionshaus Christie's vermeldet seit 2010 kontinuierliche Umsatzsteigerungen. Während die Einnahmen 2009 um 35 Prozent auf 3,3 Milliarden Dollar (2,4 Mrd Euro) einbrachen, erzielte Christie's im vergangenen Jahr mit 7,1 Milliarden Dollar (plus 14 Prozent) den höchsten Erlös seiner Geschichte.
Auch beim Konkurrenten Sotheby's geht es seit 2010 mit Ausnahme eines kleinen Aussetzers 2012 wieder bergauf. 2009 hatten die Gesamteinnahmen noch bei 2,8 Milliarden Dollar gelegen, fast die Hälfte weniger als 2008. Im vergangenen Jahr setzte das Auktionshaus dann mehr um als je zuvor: Der Umsatz stieg auf 6,3 Milliarden Dollar, ein Plus von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt den jungen Faber in Hongkong, oberkörperfrei, breit, selbstbewusst, mit Sonnenbrille und Wind im schon schütteren Haar. Vor ihm eine schöne junge Thailänderin, seine Frau Supatra, mit der er seit über 30 Jahren verheiratet ist.
Hinter einer hölzernen Flügeltür liegt ein Schlafsaal, in dessen Mitte ein Teakholz-Bett steht. An das Zimmer schließen zwei Badezimmer an, inklusive frei stehender Messing-Badewanne. Die letzte Wendeltreppe führt zum Aussichtsturm. Vom höchsten Punkt des Hauses in 25 Meter Höhe blickt man auf einen Banyan-Baum und den Fluss. Ein Gecko quakt.
Ein Schnäppchen in Chiang Mai
Faber kaufte das Grundstück im Jahr 2000 mit seiner thailändischen Frau. 8000 Quadratmeter inklusive eines alten Thaihauses, in dem er heute wohnt. Drei Jahre dauerte der Bau der roten Villa, dann verließ Faber seine Wahlheimat Hongkong und bezog sein neues Zuhause in Chiang Mai.
In Hongkong hat er heute noch ein kleines Büro mit zwei Mitarbeitern, die sich hauptsächlich um seinen Newsletter, den „Gloom, Boom & Doom Report“, kurz GBDR, kümmern. In der Januar-Ausgabe heißt es: Indem die Regierungen die freie Marktwirtschaft und den reinen Kapitalismus unterdrücken, sei „ein größtenteils sozialistisch geplantes und faschistisches System entstanden, das die oberen 0,01 Prozent begünstigt, während die Mehrheit der Bevölkerung verarmt“.
Voraussetzungen für werthaltiges Sammeln
Unter vermögenden Sammlern sind insbesondere Kunstwerke, Oldtimer, Goldmünzen oder Porzellan beliebt. Aber auch eine Sammlung edler und seltener Weine, Whiskys oder Teddybären kann sich langfristig auszahlen. Wichtig ist eine dauerhaft große Sammlerszene, umfassende Verfügbarkeit von Informationen und transparente Preise. Entscheidend ist die Chance, wirklich seltene und besondere Stücke im Fachhandel, auf Fachmessen oder Auktionen aufzuspüren. In engen und intransparenten Sammelgebieten ist das Risiko groß, zu viel zu bezahlen.
Gerade unter dem Aspekt Werterhalt und -steigerung ist es elementar, sich in seinem Sammelgebiet hervorragend auszukennen. Ohne eine gewisse Leidenschaft für das Sammelobjekt ist das kaum erreichbar. Teilweise empfiehlt sich sogar die Mitgliedschaft in einem Fachverein, zum Beispiel die Numismatikvereine für Münzsammler.
Der Erfolg einer Geldanlage in Sachwerte steht und fällt mit dem Einkaufpreis. Zwar ist immer wieder von ungewöhnlichen Flohmarktschnäppchen zu hören, in der Praxis sind sie aber höchst unwahrscheinlich. Besser zum Ziel gelangt, wer die Preise für gleichwertige Sammelobjekte kennt, viel vergleicht und hart verhandelt. „Einige Händler scheuen sich nicht, den Preis um 50 oder 100 Prozent zu erhöhen. Sie müssen realistisch kalkulieren und durch Vergleiche einen vernünftigen Preis ermitteln“, sagt Gerald Pilz, Autor des Buches „Ungewöhnliche Wertanlagen“.
Praktisch in allen Sammelgebieten ist der Kauf beim Fachhändler, auf Fachmessen oder bei renommierten Auktionshäusern dringend zu empfehlen. Auf Flohmärkten oder Online-Auktionen besteht ein hohes Risiko, lediglich eine Fälschung zu erstehen. Selbst Oldtimer-Ersatzteile, Porzellan oder Überraschungsei-Figuren sind als Fälschungen in Umlauf. Besonders teure Stücke verlangen zudem nach einem Gutachten oder Echtheitszertifikat.
Manche Sammelgebiete verursachen hohe laufende Kosten. Oldtimer etwa müssen auch mal gefahren und immer wieder gewartet werden. Münzen oder Briefmarken können ein Bankschließfach oder eine zusätzliche Versicherung nötig machen. Bonsai-Bäume können sogar nur vom Fachmann werterhaltend gepflegt werden.
Wertsteigerungen für Raritäten gibt es nicht über Nacht. Viele Sammelobjekte sollten deshalb mindestens zehn Jahre oder länger in Besitz bleiben. Das empfiehlt sich vor allem für Sammelgebiete, in denen das Angebot mit der Zeit immer knapper wird. Zum Beispiel werden auch seltene Weine oder Whiskys von Liebhabern immer wieder geleert, das Angebot somit knapper.
Anleger müssen damit rechnen, dass sich Sammelobjekte nicht schnell zu Geld machen lassen, wenn ein angemessener Preis erzielt werden soll. Wer es mit dem Verkauf eilig hat, wird Einbußen hinnehmen müssen.
250.000 US-Dollar bezahlte Faber damals für das Grundstück, weitere 300.000 kostete der Bau des Hauses. Ein Schnäppchen, sagt er. Eigentümer sind heute seine Frau und seine Tochter, Ausländer dürfen in Thailand keinen Grund erwerben. Meistens ist er allein hier. Seine Tochter hat ein Café in Luang Prapang, einer kleinen Stadt in Laos; seine Frau lebt mittlerweile in Bangkok. Ihr wurde das Alleinsein zu viel – 80 Prozent seiner Zeit ist Faber auf Reisen.
Melancholischer Globetrotter
Auf Thailändisch bestellt Faber bei Kun Gi Dosenbier.
„Ich möchte das Reisen etwas reduzieren, es wird anstrengender im Alter“, sagt Faber. Er spricht Deutsch im gemächlichen und beruhigendem Schweizer Akzent. Melancholisch stimmt ihn die Tatsache, dass es ihm heute schwerer falle, bis fünf Uhr morgens durch Bars und Clubs zu ziehen und am nächsten Tag normal zu arbeiten – Faber wird jetzt im Februar 69.
Der Kollaps des Systems
Sein Lieblingsthema ist der Kollaps des Systems, herbeigeführt durch die Gelddruckerei der Notenbanken, die er verantwortungslos nennt, und die damit verbundene „Asset-Inflation“, die ständige Wertzunahme von Immobilien und Aktien. Anstatt die Wirtschaft zu stimulieren, fließe das Geld in Vermögenswerte. „Ich selbst habe davon profitiert“, sagt er. „Aber junge Leute haben es heute viel schwerer. Reiche kommen immer besser durch die Inflation.“ Durch die Niedrigzinsen finde eine schleichende Enteignung von Sparern statt. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich. Es gebe mehr Arme, die auf Sozialleistungen angewiesen seien. Hinzu kämen Millionen von Einwanderern, die sich auf Kosten des Gemeinwesens durchfüttern ließen. So wachse der Staat immer weiter, während die soziale Kohäsion verloren geht. Ein Teufelskreis, den dumme Politiker und Notenbanker verantworteten.
Fabers Welt ist die der Tüchtigen, Freien und Mutigen. Er beklagt die sinkenden Reallöhne in der westlichen Welt – doch der Schlüssel zu Gerechtigkeit und Gleichheit ist für ihn nicht mehr Umverteilung, sondern weniger. Ein großer Staat mache die Menschen faul. Für Sozialleistungen können auch Philanthropen sorgen. Ja, er spendet einen Teil seines Vermögens für eine Nichtregierungsorganisation, die sich um Kinder in Asien kümmert. Kun Gi bringt nochmals Dosenbier.
Es begann bei der White Weld Company
Fabers Karriere begann Anfang der Siebziger bei der US-Investment-Firma White Weld Company. Nachdem er 24-jährig in Wirtschaftswissenschaften promoviert hatte, zog der Sohn eines Zürcher Chirurgen erst nach New York und 1973 nach Hongkong. „Nach Asien zu gehen war wahrscheinlich die wichtigste Entscheidung meines Lebens“, sagt er. Es war eine Wette auf die Zukunft, denn damals war die Öffnung Chinas noch nicht abzusehen. Erst Anfang der Achtziger begannen auf dem Festland die marktwirtschaftlichen Reformen, und erst Mitte der Neunziger nahm das Wirtschaftswachstum an Fahrt auf.
1978 wechselt Faber zu Drexel Burnham Lambert, die bis Ende der Achtziger zur fünftgrößten Investmentbank der USA heranwächst. „Unser Job war es, amerikanische Obligationen an reiche Asiaten zu verkaufen.“ Faber leitet das Asien-Geschäft. Es ist die Zeit des Wall-Street-Fiebers. Eine Woche vor dem 19. Oktober 1987 warnt Faber seine Kunden vor einem bevorstehenden Crash. Aus Faber wird Dr. Doom.
Drexel Burnham Lambert geht Ende der Achtzigerjahre pleite: Ein Händler der Firma, der sogenannte „Junk Bond King“ Michael Milken, wird des Insiderhandels überführt. Milken war eines der Vorbilder für den von Michael Douglas verkörperten Spekulanten Gordon Gekko in dem Oliver-Stone-Film „Wall Street“.
Kritik an der globalen Finanzelite und Sozialschmarotzer
Faber aber hat in der Zwischenzeit genug Kontakte gesammelt. 1990 macht er sich mit einem Fonds selbstständig – zu seinen Kunden gehören reiche Asiaten. Die heute 300 Millionen Dollar im Fonds reichen ihm, Neukunden nimmt er nicht mehr auf. Faber beginnt, den „Gloom, Boom & Doom Report“ herauszugeben. Der 20 Seiten umfassende Report erscheint monatlich und kostet zwischen 300 und 1500 US-Dollar im Jahr. Wie viele Abonnenten er hat, darüber schweigt er. Faber liebt Alltagsbeobachtungen, anhand derer er auf größere wirtschaftliche Zusammenhänge schließt. Inspiration dafür finde er in einfachen Bars wie Linda’s, wo er jeden Abend in Chiang Mai verbringt.
Thailand in Zahlen
Thailand hat 1932 die absolute Monarchie abgeschafft. In der parlamentarischen Demokratie ist der König aber weiter Staatsoberhaupt. Seit 1932 hat die Armee 18 mal geputscht, zuletzt 2006. Das Land in Zahlen:
Einwohner: 64 Millionen (etwa 21. größtes Land der Welt)
Bruttoinlandsprodukt (BIP): 484 Milliarden Euro (etwa 25. Stelle)
BIP pro Kopf: 7540 Euro (etwa 120. Stelle)
Wirtschaft: 43 Prozent Industrie, 44 Prozent Dienstleistungen, 12 Prozent Landwirtschaft
Alphabetisierungsrate: 94 Prozent
Armut: von 2007 bis 2011 von 21 Prozent auf 13 Prozent reduziert
Religion: 94 Prozent Buddhisten
Korruptionsindex: Rang 102 von 177 Ländern (2012: Rang 88)
Bangkok: Acht bis zehn Millionen Einwohner, erbringt ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung, Pro-Kopf-Einkommen dreimal so hoch wie nationaler Durchschnitt
Deutschland ist wichtigster Handelspartner Thailands in der EU, 600 deutsche Firmen in Thailand
Dr. Dooms Ruhm steigt weiter, als 1997, nur wenige Wochen nach dem Beginn der Asien-Krise, sein erstes Buch erscheint, in dem er die Ursachen der Krise aufzeigt.
Faber wettert gegen die globale Finanzelite gleichermaßen wie gegen vermeintliche Sozialschmarotzer. Er bewundert Fleiß, Mut und handwerkliches Können. Anstatt bei Großbanken und Versicherungen anzuheuern, rät er: „Gehen Sie als Handwerker in Schwellenländer. Dort können Sie viel Geld mit Ihren Fähigkeiten verdienen.“ Faber ist begeisterter Motorradfahrer. „Das sind sensible Maschinen“, sagt er. „Ich würde viel Geld bezahlen, wenn mir das jemand zuverlässig reparieren kann.“
Von libertär bis konservativ
Und er pflegt einen gewissen gesellschaftlichen Konservativismus. Der kann hart klingen. Faber raucht und antwortet auf die Frage: „Was soll denn zum Beispiel eine alleinerziehende Mutter von vier Kindern ohne qualifizierte Berufsausbildung tun?" mit dem Satz: „Sie hätte die Kinder nicht bekommen sollen“ – und „Ungleichheit wird es immer geben.“
Fabers Eltern gehörten zur gehobenen Mittelschicht. Seine Großväter waren Ingenieur und Architekt, sein Vater ein bekannter Chirurg in Zürich. „Das waren anerkannte Leute, und es hat uns nie an etwas gemangelt“, sagt er. Sie waren erfolgreich, nur so frei wie er waren sie nicht. „Am Ende kann man doch nichts von all dem hier mitnehmen.“ Seine Hand macht einen Bogen und deutet auf die Mahagoni-Tafel, die Mao-Büsten, die Buddha-Statue. Kun Gi bringt noch ein Bier.
Fabers Ansichten klingen mal sozialrevolutionär, mal libertär, mal erzkonservativ. In seinem Januar-Report rät er jungen Leuten: „Gehen Sie zur Schule. Beenden Sie die Schule, lernen Sie etwas. Arbeiten Sie einige Jahre im Beruf, klettern Sie nach oben. Heiraten Sie, lernen Sie, Verantwortung zu übernehmen, und dann bekommen Sie Kinder.“ Was tatsächlich passiert: „Die Leute beenden die Schule nicht, arbeiten nicht, heiraten nicht – aber bekommen Kinder. Falsche Reihenfolge.“
Er selbst bezeichnet sich als „Contrarian“, als einen Querdenker, der immer gegen den Mainstream argumentiert. In seiner Idealwelt ist der Staat auf ein Minimum geschrumpft. Das höchste Gut ist die Freiheit des Einzelnen, der erst ungegängelt seine Fähigkeiten voll entfaltet.
Ein Leben ohne staatliche Kontrolle und gesellschaftliche Zwänge
Eigentlich sei er am besten in Montana aufgehoben, dem amerikanischen Bundesstaat der Ultra-Libertären, Anarchisten und Eigenbrötler. Doch auch in Thailand ist sein Traum verwirklicht – wenn schon nicht strukturell, dann immerhin faktisch. „Solange man hier zahlt und niemandem auf die Füße tritt, lassen sie einen in Ruhe“, sagt er. Als Ausländer mit Geld könne man hier quasi frei von staatlicher Kontrolle und gesellschaftlichen Zwängen leben. Das Gefährlichste am Leben in Thailand? „Der Straßenverkehr.“ Wenn Faber lacht, bekommt sein Gesicht einen weichen, schelmischen Ausdruck. Jährlich sterben 26.000 Menschen auf Thailands Straßen, acht Mal so viele wie in Deutschland, oft, weil die Fahrer betrunken sind. Kampagnen nützen wenig. Wer von der Polizei angehalten wird, zahlt Schmiergeld und fährt weiter.
So kommen Gold-Anleger durch das Zinstal
Gold bringt keine Zinsen, je niedriger der Realzins, desto attraktiver, weil Anleger mit Alternativanlagen zu Gold auch nichts verdienen
Gold als Versicherung für schwierige (Währungs-)Phasen beimischen
Gold wird, gemessen an Alternativanlagen (insbesondere Zinsanlagen), weniger attraktiv
Versicherungsfunktion wird auch in Zeiten steigender Zinsen benötigt
Physisches Gold halten, möglicherweise in Übergangsphasen, um Nerven zu schonen, mit Zertifikaten absichern
Bei starkem Zinsanstieg zu Spekulationszwecken gehaltene Goldfonds und -zertifikate verkaufen
Bietet Schutz vor Turbulenzen des Währungssystems, etwas physisches Gold sollte in jedem Zinsszenario gehalten werden
Vor allem aber begeistern ihn die thailändischen Frauen. Er hat seine liberale Einstellung zu käuflichem Sex nie geheim gehalten. Eines seiner ersten Bücher widmete er „all den wundervollen Damen, deren Namen besser verschwiegen wird“. Um Währungsgefälle zu veranschaulichen, nutzt er auch mal die Preise der Prostituierten in verschiedenen Ländern oder beklagt den Preisanstieg auf dem Straßenstrich in Zürich. „Was soll ich mich verstellen?“, fragt er. „Meine Kunden schätzen mich, weil ich ihr Geld vermehre, nicht, weil ich politisch korrekt bin.“
Lieber einfache Spelunke als teure Luxusbar
Gegen sechs Uhr bricht Faber auf. Er setzt sich auf seine gelbe Suzuki und fährt in die Stadt zu Linda’s Bar. In Chiang Mai gibt es, anders als in Pattaya oder Bangkok, kein großes Rotlicht-Viertel. Die Loi Kro ist die einzige Straße der Stadt, in der sich ausländische Männer und thailändische Frauen treffen. Der Besitzer des Ladens, ein Schweizer, lehnt in der Ecke auf einem Barhocker und begrüßt seinen Stammgast.
Ein einarmiger Deutscher lacht scheppernd. Der habe sich in seiner Heimat einmal vor den Zug geschmissen, erzählt Faber, aber überlebt. „Seitdem er in Thailand ist, geht es ihm blendend“, lacht Faber. Später kommen zwei völlig aufgelöste deutsche Motorradfahrer in ärmellosen schwarzen Shirts. Ein Club-Bruder der beiden hat sich am Nachmittag mit dem Motorrad fast tot gefahren. Jetzt liegt er mit gebrochener Hüfte auf Morphium in einem Hotelzimmer. Im Krankenhaus wollte er nicht bleiben. Der Jüngere der beiden schwärmt von Schutzengeln, die ihn vor dem Tod bewahrt haben. Der Ältere sitzt später mit Tränen in den Augen vor einem Whiskey Cola. Ein junges Mädchen streichelt ihm den Kopf.
Ein Ire kommt an den Tisch, der Küchen-Utensilien in China einkauft und in der Welt verkauft. „Fuck the English!“, ruft Faber ihm zu, und als der Ire geht, verabschieden sie sich wie alte Freunde. Manche der Gäste hier wissen, wer er sei. Zumindest hätten sie eine Ahnung, dass er viel Geld habe. Doch das spiele keine Rolle. Faber sagt, er schätze einfache Spelunken voller Leben mehr als teure Luxusbars.
Übermorgen fliegt Faber mit Zwischenstopp in Hongkong nach New York zu einer Aufsichtsratssitzung, anschließend nach London und wieder zurück nach Thailand. Nächste Woche dann Kanada und Deutschland. Er wird wieder Vorträge halten über die Unverantwortlichkeit der Notenbanken, wird vor Hyperinflation warnen, zum Goldkauf raten und die schlechten Aussichten der jungen Generation sowie die sinkenden Reallöhne beklagen. Vom ultimativen Zusammenbruch, der die „Grundfesten unserer kapitalistischen Gesellschaft in Brand setzen wird“, wird er sprechen. Wer ihm zuhört, wird den Eindruck nicht los, die Welt werde von den Geißeln der Menschheit – Staat und Notenbanken – in den Abgrund getrieben. Faber ärgert sich über so viel Dummheit der politischen Klasse. Und doch muss man sich Dr. Doom als einen glücklichen Menschen vorstellen:
„Wenn ich Pessimist wäre, würde ich doch nicht in Thailand Motorrad fahren.“ Dann setzt sich Faber auf seine gelbe Suzuki und donnert durch die warme Nacht, zurück in seine Fantasie-Villa.