Tief beim Ölpreis Comeback der Ölbunker auf See

Erste Ölhändler setzen bereits auf eine Preiserholung - und parken billiges Öl in Super-Tankern. Eine ähnliche Wette lohnte sich vor fünf Jahren für Hedgefonds schon einmal.

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Große Tankschiffe dienen Händlern und Produzenten wie schon 2009 als Zwischenlager für lukrative Ölgeschäfte. Quelle: AP

Zumindest einige Frachtschiff-Reedereien können sich über den niedrigen Ölpreis freuen, der zurzeit auf dem niedrigsten Stand seit 2009 notiert. Auch wenn der Dieseltreibstoff damit für alle Schiffe billiger geworden ist und deren Betriebskosten senkt, leiden sie unter der schwachen Weltkonjunktur und damit unter zu geringer Auslastung.

Für große Tanker gibt es jetzt ein Alternativgeschäft: Die Schiffe könnten als bewegliche Öllager vermietet werden. Große Ölhändler wie Trafigura aus der Schweiz oder Vitol mit Sitz in Rotterdam und Genf sowie Ölproduzent Shell nutzen bereits Supertanker, um ihr billiges Öl zu horten, bis ein Preisanstieg den Verkauf profitabel macht.

Meilensteine der Ölpreisentwicklung

Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Branchenkreisen erfahren hat, haben die drei Unternehmen zusammen vier besonders große Tankfrachtschiffe mit einer Gesamtkapazität von zwölf bis 15 Millionen Barrel - umgerechnet knapp 2,4 Milliarden Liter - gemietet, um Öl einzulagern. Der Gewinn ist dabei schon jetzt kalkulierbar, denn derzeit ist der Ölpreis umso höher, je ferner in der Zukunft der Liefertermin liegt.

An den Rohstoffmärkten nennen Händler diese Konstellation Contango. „Das Angebot an Öl ist offensichtlich nicht knapp“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank. „Auch wenn das Contango in den letzten Jahren eher die Ausnahme war, gehe ich davon aus, dass dieser Zustand noch länger hält.“ Den umgekehrten Fall zum Contango – mit niedrigeren Preisen für eine späte Lieferung - bezeichnen Kenner als Backwardation.

Welchen Staaten der niedrige Ölpreis besonders schadet
Erdölförderung Quelle: dpa
Ölförderung in Saudi-Arabien Quelle: REUTERS
Ölförderung in Russland Quelle: REUTERS
Oman Ölpreis Quelle: Richard Bartz - eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons
Öl-Leitung im Niger-Delta Quelle: dpa
Ölförderpumpe in Bahrain Quelle: AP
Venezuela Ölförderung Quelle: REUTERS

Einen Anlass, Öl zumindest kurzfristig auch physisch zu bunkern, hätten Spekulanten und Ölförderer damit allemal. „Für die Händler physischen Öls ist so ein Vorgehen sinnvoll“, sagt Weinberg. „Erstens, weil der Markt mit Öl überversorgt ist, und zweitens wegen des sehr stark ausgeprägten Contangos. Derzeit liegt der Ölpreis für Lieferung in einem Jahr zehn Dollar über dem Spot-Preis für sofortige Auslieferung.“

Weinberg schätzt die Lagerkosten hingegen auf fünf bis sieben Dollar pro Barrel und Jahr. So dass pro Barrel drei bis fünf Dollar als Ertrag bleiben, wenn das Öl sofort mit Liefertermin in einem Jahr verkauft wird. „Für die Händler ist das ein schöner Gewinn“, sagt Weinberg. Pro Supertanker sind so brutto zehn Millionen Dollar Gewinn und mehr drin.

Was den Ölpreis bestimmt

Der Gewinn ist dabei risikolos. Denn man kauft das Rohöl heute und verkauft es sofort auf Termin. Jetzt muss man nur noch bis zur Lieferung warten. Da die Versicherungskosten und vor allem die Zinsen extrem niedrig sind, lohnt sich das Geschäft immens.“ Riskant wäre das Geschäft nur, wenn der Verkauf zum fernen Termin in der Erwartung noch stärker steigender Future-Preise zunächst ausbliebe, der Ölpreis aber noch weiter fällt.

„Zwar glauben wir, dass beim Ölpreis bald eine Bodenbildung einsetzt, aber bis dahin kann es noch einen Etage weiter runter gehen, vielleicht bis auf 40 Dollar je Barrel“, prognostiziert Weinberg.

Dafür sprächen gleich drei Gründe: Erstens wolle die von Saudi Arabien dominierte Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) einen Preisrutsch bis auf 40 Dollar hinnehmen, bevor sie die Fördermenge zur Angebotsverknappung reduziert. Damit wollen die arabischen Ölförderstaaten ihre Marktanteile trotz des billigen Fracking-Öls aus den USA verteidigen.

Zweitens würden die Spekulanten am Terminmarkt noch immer auf einen steigenden Ölpreis wetten, was an den unverändert hohen Wetten auf einen Ölpreisanstieg erkennbar sei. Drittens habe der halbierte Ölpreis bislang noch keinen Effekt auf Ölangebot und -nachfrage gehabt. Eine Einschränkung des Ölangebots und einen anziehende Nachfrage sei erst zu erwarten, wenn der Ölpreis bis auf 40 Dollar gefallen sei, vermutet Rohstoffexperte Weinberg.

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