Der Trend in der Kapitalanlage geht eindeutig zum Thema Nachhaltigkeit, das auch unter dem Kürzel ESG („Environmental, Social, Governance“) zusammengefasst wird. Die rasante Entwicklung ist insbesondere am starken Anstieg des nachhaltig gemanagten Vermögens ablesbar. Dieses ist zwischen den Jahren 2006 und 2017 alleine in Deutschland von knapp fünf auf rund 92 Milliarden Euro gestiegen und beinhaltet sowohl Publikumsfonds als auch institutionelle Mandate.
Hierbei handelt es sich um einen globalen Trend. Denn ohne Zweifel nehmen ökologische und soziale Kriterien sowie ethische Grundsätze einen immer wichtigeren Stellenwert in der Unternehmensführung (Corporate Governance) ein. Inzwischen haben viele Gesellschaften erkannt, dass ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement mit gutem Risikomanagement gleichgesetzt werden kann.
ESG steigert Unternehmenswert
Dieser Zusammenhang kann auch quantitativ dargestellt werden: Das sogenannte Discounted Cash-flow-Modell (siehe Grafik unten) ist eine in der fundamentalen Aktienanalyse gängige Methode zur Berechnung des Unternehmenswertes. Demnach steigt der Gesamtwert eines Unternehmens („Discounted Cash Flow“ – DCF), je höher die Mittelzuflüsse des Unternehmens („Net Cash Flow – NCF, im Zähler) im Verhältnis zum Diskontierungsfaktor (im Nenner) sind.
Zielsetzung ist also, den freien Cash-flow, also die Mittelzuflüsse, durch Umsatzzuwächse und/oder Kostensenkungen zu steigern. Darüber hinaus kann bei gutem Nachhaltigkeitsmanagement im Nenner (über das Beta) die Risikoprämie (als Bestandteil des Diskontierungsfaktors) reduziert werden, mit der man den freien Cash-flow „abzinst“. Je niedriger die Risiken eines Unternehmens sind, desto höher ist folglich auch dessen Unternehmenswert.
Ein Risiko kommt selten allein
Die wichtigsten Risikofaktoren auf Unternehmensebene im ESG-Kontext sind Ereignis-, Reputations- und Regulierungsrisiken. Hinzu kommen Klage- und Technologierisiken. Diese sollten allerdings nicht isoliert gesehen werden, da sie sich auch gegenseitig beeinflussen und verstärken können.
Wenn beispielsweise ein ökologisch belastendes Ereignis eintritt, wie etwa die Explosion der Ölplattform „Deepwater Horizon“ von BP vor acht Jahren, bringt dies nicht nur enorme ökologische, operative und versicherungstechnische Kosten mit sich, sondern auch Reputationsschäden und Klagerisiken mit hohen Schadensersatzforderungen. Die Explosion kostete elf Menschen und unzählige Tiere das Leben. Daneben belief sich der rein finanzielle Schaden für BP auf insgesamt etwa 44 Milliarden US-Dollar (nach Steuern).
In solchen Fällen verliert ein Unternehmen oft das Vertrauen der Verbraucher und Investoren, die Markenwahrnehmung verschlechtert sich deutlich. Es folgen oftmals Umsatzrückgänge und im schlimmsten Fall sogar ein Käuferstreik. Investoren verlangen zudem eine höhere Risikoprämie auf ihr eingesetztes Kapital, sowohl als Eigenkapital- als auch als Fremdkapitalgeber.
Eine verschärfte Regulierung von Seiten des Gesetzgebers ist eine weitere mögliche Konsequenz. Auch die politische Diskussion rund um die Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen durch die deutsche Autoindustrie hat anschaulich gezeigt, welche Kosten auf betroffene Unternehmen zukommen können. Und im aktuellen Fall Bayer/Monsanto zeichnen sich vor dem Hintergrund der erfolgreichen Schadensersatzklage in den USA bezüglich der Gesundheitsschädlichkeit von Glyphosat drei Risiken gleichzeitig ab: das Reputations-, das Regulierungs- und das Klagerisiko.