




Die Deutschen sind im Immobilien-Kaufrausch - dank niedriger Zinsen und fehlender Anlagealternativen unter den risikoarmen Investments. Die Preise für Eigentumswohnungen und Häuser klettern im Bundesdurchschnitt nun schon seit mehr als fünf Jahren. Möglich gemacht hat das die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die Leitzinsen waren schon nach der in den USA beginnenden Finanzkrise dramatisch gefallen, in den vergangenen fünf Jahren ging es nochmals von 1,0 Prozent auf inzwischen nur noch 0,05 Prozent runter. Geld von der Notenbank kostet die Geschäftsbanken heute praktisch nichts mehr, es ist also reichlich davon vorhanden.
Finanz- und Schuldenkrise drückten so die Zinsen aller festverzinslichen Anlagen und mit etwas Abstand auch die Kreditzinsen. Damit nahm der Immobilienmarkt richtig Fahrt auf -denn nicht nur für seine Bewohner bedeutet das eigene Dach über dem Kopf Sicherheit und Schutz, sondern auch für die finanzierende Bank. Selbst wenn die Finanzwelt zusammenbricht, steht da immer noch ein Haus mit einem gewissen Wert. Betongeld eben, wie Immobilien auch genannt werden.
Die schöne Zinsfassade bröckelt
Aber die schöne Kulisse für Häuslebauer hat erste Risse bekommen. Die Zinsen ändern sich immer rascher, und es geht nicht mehr nur abwärts. Schon im Mai machte der Bauzins einen so deutlichen Satz nach oben wie seit acht Jahren nicht und stieg um 0,4 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent für Kredite mit Zinsbindung von zehn Jahren. Im Juni kam es zum neuerlichen Anstieg. Jetzt kostet der Immobilienkredit über zehn Jahre schon wieder 1,6 Prozent. Für sich ansonsten nur langsam ändernde Finanzierungsbedingungen ist das geradezu ein Zinsschock.
Wir erinnern uns: Die Zinsen für Immobilienfinanzierungen lagen vor zehn Jahren für Kredite mit zehnjähriger Zinsbindung noch bei etwa 3,5 Prozent. Bis zum Höhepunkt der Finanzkrise im September 2008 kletterte der Zinssatz sogar noch bis auf rund fünf Prozent. Unter gelegentlichen Schwankungen fiel er seitdem auf bis dahin unerreichte Tiefstwerte. Im April dieses Jahres war er bei den günstigsten Anbietern auf unter ein Prozent gefallen. Das macht den Hauskauf für viele erschwinglich. Kostete der Immobilienkredit - also nur die Summe der Zinszahlungen - über die zehnjährige Laufzeit 2005 bei einer Finanzierungssumme von 100.000 Euro und einem Zinssatz von 3,5 Prozent noch rund 33.000 Euro, so waren es Ende April 2015 bei nur einem Prozent Zins und ansonsten identischen Konditionen gerade einmal 9500 Euro. Bei so niedrigen Zinsen mag so mancher zusätzliche Mieter mit dem Kauf eines Eigenheims liebäugeln, da Mietzahlung und Kreditrate nicht mehr weit auseinanderliegen.

Schuld sind die Bundesanleihen
Ursache des jüngsten Zinsanstiegs war der Renditesprung bei den lang laufenden Bundesanleihen, der in den vergangenen Wochen die Rendite für Anleger bei den zehnjährigen Bunds in nur wenigen Tagen von 0,05 auf 0,71 Prozent. Die Umlaufrendite, also die durchschnittliche Rendite aller im Umlauf befindlichen, inländischen festverzinslichen Wertpapiere (vor allem Staatsanleihen) erster Bonität mit einer Restlaufzeit zwischen drei und 30 Jahren, kletterte von 0,05 auf 0,6 Prozent. An den Börsen war schon vom Zinsschock die Rede.
Der rasche Anstieg treibt Immobilieninteressenten die Sorgenfalten auf die Stirn: War das nun das Ende der Zinstalfahrt und der Beginn einer Zeit steigender Zinsen – zumindest für Immobilienkredite? Muss die Finanzierung eines Hauskaufs jetzt so schnell wie möglich stehen, damit das Eigenheim nicht immer kostspieliger wird? Oder gibt es Mittel und Wege, um die Kosten durch die gestiegenen Bauzinsen anderweitig aufzufangen?