




Eigentlich soll in Berlin ab dem 1. Juni dieses Jahres die Mietpreisbremse greifen. Ob das Datum eingehalten werden kann, ist nun allerdings unsicher. Denn das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat den Mietspiegel der Hauptstadt gekippt. Das Zahlenwerk für das Jahr 2013 sei nicht nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt, teilte die Kammer am Montag mit.
Demnach kann dieser Mietspiegel nicht wie gesetzlich vorgesehen als Richtschnur bei Mieterhöhungen angelegt werden. Nach dem Urteil genügt auch die Einteilung der Wohnlagen in die Kategorien einfach, mittel und gut anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen nicht. Insbesondere sanierte Wohnungen und gefragten Lagen würden durch diese Einordnung gar nicht abgebildet.
Die neuen Regelungen bei der Mietpreisbremse
Die Mietpreisbremse greift bei neuen Mietverträgen in Städten mit „angespanntem Wohnungsmarkt“. In welchen Städten, entscheiden die Bundesländer. Sie läuft bis zu fünf Jahre und soll im ersten Halbjahr 2015 in Kraft treten.
Mieten für neu gebaute und umfassend sanierte Wohnungen in Neubauten dürfen auch mehr als zehn Prozent über dem Mietspiegel-Niveau liegen.
Mieten dürfen maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen. Was ortsüblich ist, gibt der Mietspiegel vor. Die zehn Prozent gelten auch für Verträge, die schrittweise Mieterhöhungen vorgeben (Staffelmieten).
Noch handelt es sich nur um ein Urteil in erster Instanz, es ist noch nicht rechtskräftig. Sollte der Mietspiegel aber tatsächlich für ungültig erklärt werden, hätte das Konsequenzen für die Mietpreisbremse - denn deren Wirken beruht auf verlässlichen Daten zu ortsüblichen Mieten. Wird eine Wohnung in gefragter Lage wieder neu vermietet, darf die Miete für den neuen Bewohner maximal 10 Prozent über das ortsüblichen Niveau gehoben werden.
Falsche Einordnung
Mit dem Urteil gab das Gericht einer Vermieterin Recht, die ihre Mieter verklagt hatte, einer Mieterhöhung zuzustimmen. Darüber berichtet auch das „Handelsblatt“. Die Vermieterin wollte die Miete einer Altbauwohnung auf 7,19 Euro kalt pro Quadratmeter erhöhen und damit über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus. Die Mieter wehrten sich und bezogen sich auf den Mietspiegel.
Bei dessen Erstellung seien aber Mieten von 7 bis 11 Euro zu Unrecht als Wucher eingestuft und nicht berücksichtigt worden - was die ortsübliche Vergleichsmiete in dem qualifizierten Mietspiegel senkte. Das Gericht bezog sich in seinem Urteil auf ein Sachverständigengutachten.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sprach von einer Einzelfallentscheidung, die sich nicht verallgemeinern lasse. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handelt“, sagte Sprecher Martin Pallgen der „Berliner Zeitung“. Das Hamburger Institut F+B, das den Mietspiegel erstellt hat, schwieg zu dem Urteil. Dazu sei man durch den Vertrag mit dem Land Berlin verpflichtet, sagte Geschäftsführer Bernd Leutner.
Ohne akzeptablen Mietspiegel befürchten viele Berliner, dass Vermieter nun ihre Mietforderungen erhöhen, es drohen mehr Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter. Der Deutsche Mieterbund rechnet allerdings damit, dass sich beide Parteien weiterhin auf den Mietspiegel stützen werden.
Dagegen glaubt der Eigentümerverband Haus und Grund, dass das Urteil auch Folgen für andere Städte haben könnte. "Das ist der erste Dominostein, der gefallen ist", sagte Kai Warnecke, der Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbands, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die meisten qualifizierten Mietspiegel folgten nicht rein wissenschaftlichen Kriterien, sondern seien politisch beeinflusst und damit angreifbar.
Zunächst besteht allerdings kein Grund für Unruhe, das erstinstanzliche Urteil aus Berlin ist noch nicht rechtskräftig, die Mieter können in Berufung gehen.