Ganz ohne goldene Wasserhähne Kosten für neue Badezimmer steigen massiv

Der wichtigste Rohstoff für Hersteller von Badezimmerarmaturen, Messing, ist gegenüber 2020 bereits um 35 bis 40 Prozent teuer geworden. Kunden müssen mit weiteren Preiserhöhungen rechnen. Quelle: imago images

Corona bringt viele Menschen dazu, ihr Zuhause schöner einzurichten. „Cocooning“ hat die Baubranche zum Krisengewinner gemacht, auch Installateure und Badausstatter. Ein neues Bad wird so schnell zur Kostenfalle.

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Hersteller von Badezimmerarmaturen, für die die Kupfer-Zink-Legierung Messing der wesentliche Rohstoff ist, sind gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. „Im Vergleich zum letzten Jahr ist der Messingpreis um 40 Prozent gestiegen“, sagt Hans Jürgen Kalmbach, Vorstandschef beim Schwarzwälder Armaturenhersteller Hansgrohe. Im Podcast Chefgespräch mit WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli verrät er, dass Hansgrohe-Produkte ab Juli 2021 um fünf Prozent teurer werden. „Eigentlich müsste es mehr sein, aber durch Kostensenkungen und Produktivitätsgewinne konnten wir die Preiserhöhung geringhalten“, sagt Kalmbach.

Bislang zählt er sein Unternehmen zu den klaren Krisengewinnern. „Bislang hatten wir aufgrund unserer Lagerhaltung noch keine Lieferengpässe, trotz gestiegener Nachfrage“, beruhigt Kalmbach. Das kann aber noch kommen: Andere Baumaterialien sind inzwischen so knapp, dass nicht die gestiegenen Preise, sondern lange Lieferzeiten zum Hauptproblem werden. Handwerker warten teilweise monatelang auf Materialien wie Bauholz oder Gipskarton.

Kalmbach hat ebenso wie viele Bauherren die steigenden Preise am Rohstoffmarkt wie im Bauhandwerk insgesamt beobachtet – ein Trend, der schon seit Jahren anhält und durch die Coronapandemie weiter Fahrt aufgenommen hat. Neubau und Immobiliensanierung oder -umbau sind in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden, einzelne Baustoffe wie Holz und Metallteile sind besonders betroffen, weil vor allem viel nach China und in die USA exportiert wird. Dort läuft der Post-Corona-Aufschwung bereits.

Umso wichtiger ist es für Haus- und Wohnungseigentümer, bei Bau- und Sanierungsvorhaben die Kosten richtig zu schätzen und Einsparmöglichkeiten zu suchen. Gerade bei vergleichsweise kostspieligen Vorhaben wie einer Badezimmersanierung und -einrichtung lassen sich durch Vergleichen und die gezielte Auswahl der Materialien einige tausend Euro sparen, ohne auf qualitativ hochwertige Ausstattung zu verzichten.

Grundsätzlich teilen sich die Kosten einer Badsanierung in Montagekosten einerseits und Materialkosten andererseits. Im Neubau gilt als Faustformel, dass die Arbeitskosten etwa 40 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Bei einer Komplettsanierung kann dieser Anteil höher ausfallen, weil abhängig von den Gegebenheiten vor Ort zuerst das alte Bad demontiert und alte Wasser- und Stromleitungen ersetzt werden müssen. Demontage, Umbau und Entsorgungskosten für die alte Badausstattung kommen dann hinzu.

Im Durchschnitt spricht die Baubranche von Materialpreis- und Lohnerhöhungen von 30 Prozent in 2020 im Vergleich zu 2015. Und in diesem Jahr ist es besonders schlimm, insbesondere bei den Materialkosten. „Normalerweise passt die Branche die Preise jährlich um drei bis fünf Prozent nach oben an, so wie auch in diesem Januar“, berichtet Holger Dahlmann, Vorstandsmitglied beim Fachverband Sanitär-Heizung-Klima-Handwerk in Nordrhein-Westfalen (SHK-NRW) und Inhaber eines Sanitär-Fachbetriebs in Wuppertal. „Nun sind aber die Holz- und Metallpreise explodiert. Armaturen und Heizkörper etwa sind deshalb im April nochmals um zehn bis 15 Prozent teurer geworden.“

Ein komplett neues Bad mit neuer Dusche, Waschbecken, Toilette, neuen Wänden und Böden, neuen Heizkörpern beziehungsweise Wand- oder Fußbodenheizung, ohne Luxus, dafür mit Wohlfühlfaktor, geht ordentlich ins Geld. Dahlmanns Betrieb baut nach eigenen Angaben jährlich um die 50 Badezimmer, darunter viele für private Bauherren. „Ein komplettes Bad inklusive Möblierung kostet bei uns im Schnitt 18.000 bis 25.000 Euro, je nach Ausstattung inklusive Spiegelschrank und Dusch-WC“, berichtet Dahlmann. Ein Komplettbad für 12.000 Euro, wie es kürzlich ein privater Vermieter für eine Wohnung anfragte, hält er heutzutage nicht mehr für realisierbar. Und gemeint sind Badezimmer ganz ohne die berüchtigten goldenen Wasserhähne.

Boomendes Bauhandwerk, steigende Löhne

Auch die Arbeitskosten sind kräftig nach oben geklettert. Der langjährige Immobilienboom hat die Nachfrage im Bauhandwerk deutlich erhöht, hinzu kommt ein Fachkräftemangel durch fehlenden Nachwuchs. „Die Löhne der Installateure sind in den vergangenen Jahren jedes Jahr um drei Prozent gestiegen. Unter dem Strich kostet ein Badezimmer jetzt rund fünf bis zehn Prozent mehr als noch 2020“, sagt Innungsobermeister Dahlmann.“ Wohlgemerkt, das ist die Inflation im Sanitärbereich in nur einem halben Jahr und beim Bauboom ist noch kein Ende in Sicht.

Da die meisten Bauherren und Immobilieneigentümer kaum etwas an den Arbeitskosten ändern können – es sei denn, sie bringen möglichst viel Eigenleistung ein –, lässt sich der Rotstift am ehesten bei der Ausstattung ansetzen.

Keine Frage, eine Waschtischarmatur, die tagtäglich mehrfach genutzt wird, muss von hoher Qualität sein, damit sie mindestens zehn Jahre hält. Bei guter Pflege überdauert sie dann auch deutlich länger. Billige Armaturen sehen zwar oftmals hochwertig aus, haben in ihrem Inneren aber meist Plastikbauteile, die früher verschleißen. Eine Markenarmatur, an der man lange Freude hat, kostet etwa 200 bis 300 Euro. Soviel sollte man mindestens kalkulieren, denn in diesem Segment geht es auch durchaus luxuriös zu: Designaffine Kunden zahlen für edle Armaturen wie das Top-Modell der Hansgrohe-Designmarke Axor sogar 1200 Euro. Zusammen mit Dusch- und Badewannenarmaturen kommen so schon für die Wasserspender schnell ein paar tausend Euro zusammen.

Noch ein Tipp für Sparfüchse: Handelsmarken der Badausstatter stammen in aller Regel auch von namhaften Herstellern, bei Armaturen beispielsweise von Ideal oder Grohe. Für den Käufer sind sie aber oft teurer, als direkt vom Hersteller zu kaufen, da der Großhandel an den Handelsmarken auch gut verdienen will. Wer über den Installateur bestellt, bekommt beim Hersteller hingegen oft einen Nachlass.

Wer weniger Wert auf exklusives Design legt, sondern ökonomisch vorgehen will, setzt bei Armaturen daher lieber auf eine Standardarmatur eines Markenherstellers von hoher Qualität. Vor allem für Vermieter lohnt sich die Edel-Duschbrause mit Stimmungslicht und Musikeinspielung nicht, schließlich ist das Geschmackssache und jeder Mieter anders. Hier sollten leichte Reinigung und lange Haltbarkeit im Vordergrund stehen.

Dennoch bleibt das Wohlfühlbad im Trend: Eine bodengleiche oder zumindest barrierearme Dusche mit großer Tellerkopfbrause ist heute kein Luxus mehr, eine fugenfreie Verkleidung oder besondere Lichttechnik für eine indirekte Beleuchtung sind sehr gefragt. Auch Badmöbel und Spiegelschränke sollten hochwertig verarbeitet sein, damit sie im feuchten Raumklima lange halten. Bei Spiegelschränken sind daher auch häufig um die 1000 Euro fällig. Die Luxusvariante aus Metall mit verspiegelten Innenseiten, besonderer Beleuchtung und staubdichter Design-Spiegeltür kann aber auch 3000 bis 4000 Euro kosten. Preisvergleiche sind hier dringend zu empfehlen.

Immer mehr zahlungskräftige Kundschaft wünscht sich das Luxusbad. Hansgrohe-Chef Kalmbach ist froh, dass gerade auch die Premium- und Luxusarmaturen aus seinem Hause für wachsende Marktanteile des Schwarzwälder Unternehmens sorgen. So seien etwa besondere Oberflächen bei Armaturen jenseits des bewährten Chroms sehr gefragt. Luxushotels in Asien etwa bestellen Sonderanfertigungen mit eingeprägtem Hotelemblem. „Wir haben viele designaffine, anspruchsvolle Kunden, viele wollen auch digitale Lösungen“, sagt er im Podcast Chefgespräch. Er weiß: „Unsere Produkte werden mit Emotionalität verkauft“. Sparsame Bauherren sollten sich dessen bewusst sein.

Mehr zum Thema: Corona zum Trotz sind in den 50 größten Städten Deutschlands Haus und Wohnung erneut teurer geworden. Der Immobilienatlas 2021 nennt die besten Lagen, die besten Preise – und warum der Markt jetzt auch im Umland boomt. Mieten & Immobilienpreise 2021: 50 Städte im Check.

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