Immobilien nach dem Brexit „Wir sind froh, dass wir nicht gekauft haben“

Der Entscheidung für den Brexit hat eine Schockwelle durch die Immobilienwirtschaft geschickt. Gebäude müssen abgewertet werden, Anleger offener Immobilienfonds drohen Renditeeinbußen.

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Passanten vor der Skyline der britischen Hauptstadt. Quelle: AFP

Die Immobilienbranche ist vom britischen Abschied aus der Europäischen Union überrascht worden – das ist der einhellige Tenor auf der Handelsblatt Jahrestagung Immobilienwirtschaft am Mittwoch in Hamburg. Der Brexit trifft auch Privatanleger, die in den vergangenen Monaten in offenen Immobilienfonds ein Mittel gegen Nullrenditen bei Sparanlagen gesehen hatten und Milliarden investiert haben.

Immobilien in Großbritannien müssten von den Fonds abgewertet werden. „Zehn Prozent werden es sein“, sagt Frank Pörschke, Deutschland-Chef des Immobiliendienstleisters JLL. Offene Immobilienfonds für Kleinanleger haben rund acht Milliarden Euro in Großbritannien investiert, weit überwiegend in London. Für sie bedeutet der Brexit also einen zumindest zeitweisen Wertverlust von etwa 800 Millionen Euro.

Wer jüngst Objekte geprüft hat, kann durchatmen, wenn er nicht zugeschlagen hat. „Wir haben uns Projekte in London angesehen, die noch nicht vermietet waren“, so Frank Billand, Manager beim Fondsanbieter Union Investment Real Estate der Volks- und Raiffeisenbanken. „Wir sind froh, dass wir sie nicht gekauft haben.“

Das sagen Ökonomen zum Brexit-Entscheid

Das Pfund hat seit vergangener Woche rapide an Wert verloren und notiert am Mittwoch bei 1,3425 Dollar nach noch 1,50 Dollar vor weniger als einer Woche. Außerdem sind Zweifel laut geworden, dass London vor allem für die Finanzbranche an Attraktivität verlieren könnte. Das heißt, das wichtige Mieter aus der Londoner City abwandern könnten.

Für Blackstone-Deutschland-Vertreter Andreas Hardt wird London trotz des schwachen Pfunds kein Schnäppchenmarkt für neue Käufe – auch wenn London derzeit für Investitionen billiger sei als München, sagte er auf der Konferenz. Einzig mittelfristig werde London ein wichtiger Markt für die Branche bleiben, hieß es auf der Tagung.

Grund für die Verunsicherung: Die Briten hätten offensichtlich keinen Plan haben, wie es weitergehen solle. Andreas Hard, Geschäftsführer Blackstone PM (Germany) und Union-Geschäftsführer können sich ein zweites Referendum vorstellen, in dem über die Abkehr vom Ausstieg entschieden werden könnte.

Trotz des Chaos in der britischen Politik und der Unruhe an den Finanzmärkten, versicherte JLL-Manager Pörschke: „Es droht kein neues 2008.“ Die Pleite der US-Investmentbank Lehmans hatte im Herbst 2008 die Finanzmärkte ins Chaos gestürzt und die Immobilienmärkte mitgerissen. Deutsche Immobilien-Kleinanleger traf die Schließung mehrerer offener Immobilienfonds besonders hart. Sie mussten später abgewickelt werden, ein Prozess der bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Anleger verloren bis zur Hälfte ihres Immobilienfonds-Vermögens.

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