Betriebsvermögen Wird die Nachfolge im Unternehmen zur Steuerfalle?

Quelle: Presse

Unser Leser hat ein Familienunternehmen fast komplett an den Sohn übergeben. Nun will er ganz aussteigen und wundert sich über die steuerlichen Folgen. Was ist da los?

  • Teilen per:
  • Teilen per:

WiWo Coach ist der exklusive Ratgeber-Service für WiWo-Abonnenten. Top-Experten beantworten hier all Ihre Fragen rund um Geldanlage, Vorsorge, KarriereSteuern und Recht.

Die Frage: Unser Leser hält noch ein Prozent am Unternehmen, einer GmbH & Co. KG, und überlässt diesem ein Grundstück. Monatlich erhält er dafür 2000 Euro. Jetzt möchte er den Minianteil seinem Sohn schenken. Doch dabei sollen über 40.000 Euro an Steuern anfallen, warnt sein Steuerberater. Kann das stimmen?

Die Antwort vom WiWo Coach, Steuer-Fachanwältin Catarina Herbst: Wer an die Steuer bei der Unternehmensnachfolge denkt, hat vor allem die Erbschaft- und Schenkungsteuer im Blick. Dies ist auch richtig und wichtig. Ist das zu übertragende Vermögen als Betriebsvermögen einzustufen, kann die Schenkung schenkungsteuerfrei bleiben.

Daneben spielt aber auch die Ertragsteuer eine Rolle, also konkret die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer. Zwar ist eine Schenkung gerade kein Verkauf, so dass grundsätzlich keine Ertragsbesteuerung erfolgt. Es kann aber durch eine Schenkung zu Entnahmen aus dem Betriebsvermögen kommen, die dann der Ertragsteuer unterliegen können. Darum geht es bei der Steuerforderung, mit der Sie sich nun konfrontiert sehen.

Sehen wir uns das genauer an: Werden Anteile an Personengesellschaften übertragen, kann es in Bezug auf etwaiges Sonderbetriebsvermögen zu einer Entnahme kommen. Sonderbetriebsvermögen sind dabei die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum von einem oder mehreren Gesellschaftern einer Personengesellschaft stehen und an die Personengesellschaft zur Nutzung überlassen werden. Der klassische Fall – und genau darum geht es auch bei Ihnen – ist ein Grundstück, das im Eigentum eines Anteilseigners (hier eines Kommanditisten) steht und vom Unternehmen genutzt wird.

Konkret wird bei Ihnen auf dem Grundstück der Gewerbebetrieb der Kommanditgesellschaft betrieben. Dieses Sonderbetriebsvermögen ist steuerlich mit dem Gesellschaftsanteil verknüpft. Wird es davon getrennt, sind die stillen Reserven im Sonderbetriebsvermögen aufzudecken.

Das heißt konkret: Solange Sie als Gesellschafter Ihrer Kommanditgesellschaft (hierfür reicht Ihre „Minibeteiligung“) eine Betriebsgrundlage (Ihr Grundstück) zur Nutzung überlassen, stellt dieses Grundstück Sonderbetriebsvermögen Ihres Gesellschaftsanteils dar. Allein aufgrund Ihrer Gesellschafterstellung ist das Grundstück Betriebsvermögen. Geben Sie jetzt Ihren Anteil an der Kommanditgesellschaft auf, verliert Ihr Grundstück die Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen, denn ohne Ihre Gesellschafterstellung ist es kein Betriebsvermögen mehr. Ertragsteuerlich wird dies als Entnahme des Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen gewertet. 

Die Folge: Alle stillen Reserven im Grundstück werden aufgedeckt, so, als ob Sie das Grundstück verkauft hätten und einen Gewinn versteuern müssen. Ihr Steuerberater warnt Sie also zu Recht vor der in diesem Fall drohenden Steuer.

Lesen Sie auch: Wie vermeide ich, dass das Arbeitszimmer zum Betriebsvermögen zählt?

Um dieses Problem zu umgehen, bieten sich verschiedene Optionen an – die Sie selbstverständlich individuell mit Ihrem Steuerberater abstimmen sollten: Erstens könnten Sie das Grundstück Ihrem Sohn gemeinsam mit Ihrem Anteil von einem Prozent schenken. Das geht natürlich nur, wenn Sie wirtschaftlich nicht mehr auf das Grundstück angewiesen sind. Das Grundstück würde dann Sonderbetriebsvermögen bleiben, stille Reserven würden nicht aufgedeckt und es fiele keine Ertragsteuer an.

Die zweite Option ist etwas komplexer: So könnten Sie das Grundstück vor der Schenkung auf eine sogenannte gewerblich geprägte GmbH & Co. KG übertragen, deren alleiniger Kommanditist Sie sind. Da diese gewerblich geprägte GmbH & Co. KG selbst Betriebsvermögen darstellt, wäre das Grundstück „aus eigener Kraft“ Betriebsvermögen, ohne dass die Verknüpfung mit Ihrem bisherigen Kommanditgesellschaftsanteil erforderlich ist. Nach Einbringung des Grundstücks auf die neue GmbH & Co. KG könnten Sie Ihrem Sohn dann ebenfalls Ihren Anteil an Ihrer bisherigen Kommanditgesellschaft schenken, ohne dass dies ertragsteuerliche Folgen nach sich zöge – die Schenkung wäre dann steuerfrei möglich.

Rezept zum Reichwerden? Das steckt hinter dem System von Deven Schuller

Ein selbsternannter Finanzexperte will seinen Kunden laut eigener Aussage dabei helfen, finanzielle Freiheit zu erreichen, und pflastert das Internet mit Werbung. Was steckt dahinter? Ein Selbstversuch.

Freiberufler-Report So viel verdienen Selbstständige in Deutschland

Zwei Euro mehr pro Stunde – und kaum noch ein Gender Pay Gap: Selbstständigen geht es auch in der aktuell schwierigen Lage recht gut. In welchen Bereichen sie am meisten verdienen.

Leistung Warum Manager es ihren Mitarbeitern nicht zu gemütlich machen sollten

Wenn sich Mitarbeiter sicher fühlen, bringen sie bessere Leistung. Das zumindest ist die Hoffnung. Tatsächlich ist oft das Gegenteil der Fall.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Catarina Herbst ist Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachanwältin für Steuerrecht bei Mazars in Hamburg. Sie berät Mandanten unter anderem zum Thema Vermögensnachfolge.

Wenn auch Sie eine Frage zu den Themenfeldern Karriere, Steuern, Altersvorsorge oder Immobilien haben, senden Sie uns diese gerne per Mail an coach@wiwo.de. Die Fragestellenden bleiben bei der Veröffentlichung und gegenüber den Antwortgebern anonym; Hintergrundinformationen, etwa zu Alter, Lebensumständen oder Grund der Frage, erleichtern aber eine möglichst konkrete Beantwortung.

Rechtlicher Hinweis: Zwischen den Lesern und Nutzern des WiWo Coach und der Handelsblatt GmbH kommt kein Vertragsverhältnis zustande. Die Beiträge dienen ausschließlich der Information, stellen keine Rechts-, Steuer- oder Finanzberatung dar. Sie können und sollen eine persönliche Beratung durch Rechtsanwalt, Steuer- oder Finanzberater, bei der die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt werden können, nicht ersetzen. Die Handelsblatt GmbH vermittelt und vermakelt im Zusammenhang mit den Beiträgen keine Versicherungen, Kapitalanlagen oder sonstige Finanzprodukte. Alle Angaben erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Haftung. Die Beiträge verstehen sich nicht als persönliche Empfehlung, sondern als allgemeine Empfehlung für alle Leser. Eine Anlageberatung findet zu keiner Zeit statt.

Alle Folgen unserer Serie WiWo Coach finden Sie hier.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%