
Scheiden tut weh, sagt der Volksmund. Es gibt aber auch Scheidung als Volksfest. Der neue Trend schwappt nun aus Amerika nach Deutschland. Am 18. April findet in den Dortmunder Westfalenhallen die erste deutsche Scheidungsmesse mit anschließender großer Scheidungsparty statt. Dort finden Scheidungs- und Trennungswillige alles zum Thema: vom Familienanwalt, Mediator, Finanzberater und Anbieter von Vaterschaftstests bis hin zum Eheberater, Partnerschaftsvermittler oder Dienstleister für die Kinderbetreuung.
Auch die Pärchenreise oder das romantische Dinner zu zweit gibt es auf der Messe – egal, ob zur Rettung der Ehe oder den Neustart frisch verliebter Geschiedener. Zumindest für jene, die sich auf ihre Scheidung freuen, könnte die abschließende Scheidungsparty der vergnügte Auftakt für ein neues Leben sein.
Scheidung als Event anstatt als Tortur, die viel Zeit, Nerven und viel Geld verschlingt, dürfte für viele unglücklich Verheiratete verlockend klingen. Denn noch immer ist das Scheidungsverfahren in Deutschland langwierig und teuer – und viele Betroffene wünschen sich offenbar, das Scheidungsverfahren zügiger und stressfreier zu absolvieren. Nicht selten benötigt ein Scheidungsverfahren sechs bis zwölf Monate Zeit und kostet mehrere tausend Euro.





Die Schnäppchenscheidung gibt es nicht
Die von Anwälten vielfach beworbene Online-Scheidung scheint da eine für viele Paare vielversprechende Lösung, weil sie schneller und preiswerter sein soll. Offenbar ist die Nachfrage groß: eine Google-Suche nach Internetseiten, die „online-scheidung“ im Titel tragen, ergab mehr als 8600 Treffer. Die meisten werden von Anwaltskanzleien betrieben, die ihre Dienstleistung bundesweit anbieten. Es gibt aber auch Scheidungsportale, die mit umfangreichen Informationen aufwarten und geeignete Anwälte vermitteln. Online-Scheidungen sind längst ein Riesengeschäft.
Rechtsanwalt Christian Kieppe aus Münster hat als Anwalt für Familienrecht schon vor rund zwölf Jahren damit begonnen, Scheidungsfälle mit Hilfe von Internet und E-Mail zu bearbeiten. Seitdem hat er schon viele hundert Online-Scheidungen als Anwalt begleitet. Dabei ging es ihm anfangs vor allem darum, das ganze Prozedere mit Hilfe des Internets zu vereinfachen. „Vielleicht wird es in Zukunft auch möglich sein, Schriftsätze oder Klagen online bei Gericht einzureichen. Aber derzeit ist es nicht möglich, ein Verfahren komplett online abzuschließen“, sagt Kieppe. „Zum Online-Verfahren gibt es keine gesetzliche Regelung.“ Zum Beispiel ist nach wie vor das persönliche Erscheinen der Ehepartner vor Gericht erforderlich, um eine amtliche Scheidungsurkunde zu erlangen.
Die drei Güterstände in der Ehe
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand, wenn ein Paar keinen Ehevertrag geschlossen hat. Die Vermögen der Ehegatten bleiben dabei grundsätzlich getrennt. Keiner der Ehegatten haftet durch die Heirat für Schulden des anderen, es sei denn, er unterschreibt einen entsprechenden Darlehensvertrag mit oder bürgt für die Schulden des anderen. Allerdings sind etwaige Vermögenszuwächse während der Ehe im Fall einer Scheidung auszugleichen.
Ehepaare, die im Güterstand der Gütertrennung leben wollen, müssen dafür einen Ehevertrag schließen. Dort wird dann festgelegt, dass die Vermögen während der Ehe getrennt bleiben und im Fall einer Scheidung kein finanzieller Ausgleich stattfinden soll. Eine solche Vereinbarung kann sinnvoll sein, wenn ein Ehegatte ein großes Vermögen besitzt, oder ein Unternehmen mit in die Ehe gebracht hat.
Der Güterstand der Gütergemeinschaft kommt in der Praxis relativ selten vor. Per Ehevertrag vereinbaren die Partner, dass ab dem Zeitpunkt der Trauung jegliches individuelles Eigentum zum hälftigen Eigentum des Ehegatten. Dies gilt auch für Vermögen, welches vor der Hochzeit besessen wurde.
Was aber bedeutet Online-Scheidung dann, wie funktioniert sie - und lohnt sie sich überhaupt?
Grundsätzlich bietet sich die Online-Scheidung an, wenn die Scheidung einvernehmlich geschieht. Je weniger strittige Fragen vor Gericht oder zwischen den Anwälten geklärt werden müssen, umso zügiger und günstiger kann die Scheidung abgeschlossen werden. „Ziel ist ein schlankes Verfahren, bei dem sich die Parteien vorher geeinigt haben. Was die Mandanten vorher leisten können, um sich zu einigen, sollten sie tun“, rät Anwalt Kieppe.
Darin liegt zugleich der große Nachteil von Online-Scheidungen: Liegen die Noch-Ehepartner miteinander im Clinch, macht sie keinen Sinn. „Die Online-Scheidung ist eher ungeeignet, wenn zum Beispiel noch über komplexe Unterhaltsansprüche gestritten wird, die müssen dann gegebenenfalls vor Gericht verhandelt werden“, weiß Kieppe aus Erfahrung. Daher ist es ihm wichtig, mögliche Problemfelder bei seinen Mandanten früh zu erfragen und darauf hinzuweisen. Denn ihre Regelung verschlingt Zeit und Geld.
Ohne Streit lassen sich online ebenso wie im klassischen Verfahren Zeit und Geld sparen. Ist sich das Paar einig, beauftragt zum Beispiel nur einer offiziell den Anwalt mit der einvernehmlichen Scheidung. Hinter den Kulissen können dann die Kosten für Anwalt und Gericht geteilt werden.
Zerstrittene Ehepartner benötigen hingegen unbedingt zwei Anwälte für ihr Scheidungsverfahren, da ein Anwalt per Gesetz immer nur einen Mandanten vertreten darf.