Viele Kommunen wissen nicht mehr, wo sie Flüchtlinge unterbringen sollen. Für Wohncontainer gibt es bereits Lieferzeiten von drei Monaten. Aber wo sollen sie aufgestellt werden? In Ballungsgebieten fehlt häufig Platz für die Gemeinschaftsunterkünfte.
Deshalb hat die Bundesregierung den Spielraum für die Kommunen erweitert. Andreas Wolowski, Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Kanzlei Graf von Westphalen, kann sich nicht erinnern, dass es jemals eine so zügige Änderung im Baugesetzbuch gegeben hätte. Dadurch können jetzt Immobilien- und Grundeigentümer schneller Flächen und Unterkünfte zur Verfügung stellen. Wolowski bekommt bereits häufiger Anfragen von Privatleuten, die wissen möchten, unter welchen Voraussetzungen sie Flüchtlingsunterkünfte errichten könnten. Damit helfen sie nicht nur den Kommunen.
Die zwischenzeitliche Nutzung kann für manchen auch wirtschaftlich interessant sein. Üblicherweise ist der Bau von Gemeinschaftsunterkünften in keinem Bebauungsplan vorgesehen. Mit dem neuen Gesetz können die Städte oder Landkreise eine solche Nutzung aber leichter genehmigen:
In Außenbereichen der Städte auf der grünen Wiese dürfen Flüchtlingsunterkünfte unter bestimmten Voraussetzungen entstehen. Bisher waren die Flächen für eine Bebauung tabu, weil sie in keinem Bebauungsplan vorgesehen waren und keinem bebauten Ortsteil zugeordnet wurden. „Wohncontainer in Stadtparks oder Landschaftsschutzgebieten aufzustellen ist aber nicht zulässig“, sagt Wolowski.
Recht einfach
Zwei Tennisfreunde aus dem Rheinland spielten ein Doppel. Nach der Partie war die Freundschaft im Eimer. Als das gegnerische Team einen Ball kurz hinter dem Netz platzierte, sprangen beide Spieler darauf zu. Beim Versuch, den Ball zu schlagen, verletzte einer den anderen am Kopf. Der Getroffene erlitt eine Gehirnerschütterung. 50 000 Euro Schmerzensgeld forderte er dafür. Die Richter hielten den Ball flach: Es habe sich bei dem Schlag um eine Ungeschicklichkeit gehandelt, nicht um unsportliches Verhalten. Letztlich habe sich das Risiko eines Tennis-Doppels verwirklicht: die unzureichende Abstimmung. Klage abgewiesen (Oberlandesgericht Düsseldorf, I-15 U 78/04).
Mitten im Match knickte ein Tennisspieler aus Berlin um. Der Fehltritt hatte Folgen: Gerissene und gedehnte Bänder mit dauerhaften Gehbeschwerden. Der Mann verlangte von seiner Unfallversicherung Geld. Die winkte ab: Da keine Kraft „von außen“ auf den Körper eingewirkt habe, liege kein Unfall im Sinne der Versicherung vor. Auch vor Gericht erhielt er eine Abfuhr. Eine körperliche Fehlbewegung stelle in der Tat keinen versicherten Unfall dar. Anders läge der Fall, wenn der Berliner aufgrund äußerer Faktoren wie feuchter Blätter ausgerutscht wäre (Kammergericht Berlin, 6 U 54/14).
Ein Bremer wollte mit 42 Jahren Tennis lernen. Bereits bei einer der ersten Stunden kam er zu Fall: Bei einem Schritt zurück fiel er über einen auf dem Platz liegenden Ball. Sein Trainer musste als Ausgleich 4669,33 Euro überweisen. Tennislehrer müssten dafür sorgen, dass der Platz frei von Bällen sei (Oberlandesgericht Bremen, 8 O 1806/11).
Innenstadtquartiere mit Gewerbeflächen oder Fabrikgebäuden stehen jetzt ebenfalls für Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung. Eigentlich müssen sich Bauvorhaben nach Nutzungsart und Bauweise in die Umgebung einfügen und dürfen das Ortsbild nicht beeinträchtigen. „Hier stellt das Gesetz klar, dass sich Flüchtlingsunterkünfte nicht einfügen müssen“, sagt Wolowski. Die Umnutzung eines Hotels oder von Büroflächen kann die Kommune ebenfalls genehmigen.
Die gesetzlichen Regelungen für die Quartiere sind zunächst bis 2019 befristet. „Bis dahin erteilte Genehmigungen gelten aber weiter, es sei denn, eine Kommune legt für sie eine genaue Dauer fest“, sagt Wolowski. Damit die Ansiedlung tatsächlich klappen kann, müssen wie bei jeder Wohnung die Bewohner vor Lärm und anderen Emissionen geschützt sein und Nachbarn vor zu großer Belästigung durch ein Massenquartier sicher sein.
Wer als Mieter Flüchtlinge aufnehmen will, dem rät Wolowski, eine Genehmigung des Vermieters einzuholen. Dies gelte selbst dann, wenn eine Untervermietung im Mietvertrag nicht explizit ausgeschlossen sei. Unter Juristen ist noch strittig, ob die Flüchtlingsunterbringung einer normalen Wohnnutzung entspricht, da sich die Bewohner nicht frei für einen Platz entscheiden könnten. Hilfestellung geben auch die Städte. In Düsseldorf können Eigentümer ihre unvermieteten Wohnungen auf der Internet-Seite der Stadt online für die Flüchtlingsunterbringung anbieten.
Ebay / Paypal - Steuerärger nach der Abspaltung
Das Internet-Auktionshaus Ebay hat seinen Bezahldienst PayPal abgespalten (siehe Seite 46). Aktionäre bekamen zu jeder Ebay- Aktie eine PayPal-Aktie ins Depot; der Wert ihres Depots blieb theoretisch gleich, da Ebay Aktien entsprechend an Wert verloren haben. Trotzdem haben Banken den Aktionären nun 26,4 Prozent Abgeltungsteuer und Soli auf die PayPal-Aktien berechnet. Für viele überraschend, da selbst Experten keine Steuerpflicht erwartet hatten. So sollte von Anlegern nach einer Gesetzesänderung für seit Anfang 2013 erfolgte Abspaltungen (Spin-offs) ausländischer Unternehmen keine Steuer mehr erhoben werden. Da die Banken für den Steuerabzug hafteten und die Sachlage nicht absolut klar sei, sei „unter Risikogesichtspunkten“ ein Steuerabzug vorgenommen worden, sagt Thorsten Pohl, Steuerexperte bei WM Datenservice, einem Dienstleister vieler Banken.
Schnellgericht
§ Ist die einzige Zugtoilette defekt, können Reisende Anspruch auf Schmerzensgeld haben. Das Amtsgericht Trier sprach einer Frau 200 Euro zu (6 C 62/15, nicht rechtskräftig). Die Deutsche Bahn müsse wegen „Organisationsverschulden“ aufkommen, weil sie nicht vorab gewarnt habe und so „körperliches Unwohlsein“ verursacht habe.
§ Finanzämter dürfen die beim Immobilienkauf anfallende Grunderwerbsteuer nicht weiter nach den bisherigen Sonderregeln berechnen, wenn kein normaler Kaufpreis zu ermitteln ist. Die Sonderregeln verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz und müssten rückwirkend zum 1. Januar 2009 geändert werden (Bundesverfassungsgericht, 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11). Die Sonderregeln greifen etwa beim Übergang von Unternehmen mit Immobilienvermögen.
§ Werden Stromzähler in einem Stadtteil, in dem überwiegend Roma wohnen, in sechs bis sieben Meter Höhe angebracht, während sie sonst nur 1,70 Meter hoch hängen, ist dies eine unzulässige Diskriminierung (Gerichtshof der Europäischen Union, C-83/14). Ob es dort zu Manipulationen und Beschädigungen gekommen sei, spiele keine Rolle. Der Vorfall ereignete sich in Bulgarien.
Daniel Sahm, Steuerberater bei Ecovis in München, hält die Entscheidung für falsch: „Sie steht in Widerspruch zu Anweisungen des Bundesfinanzministeriums.“ Damit könnte die Steuer später erstattet werden, wie jüngst nach einem 2014 erfolgten Aktiensplit bei Google (siehe WirtschaftsWoche 30/2015). Bliebe es bei der Steuerpflicht würde dies vor allem langjährigen Aktionären schaden, die vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 bei Ebay eingestiegen sind. Während alle übrigen Aktionäre nur einen zeitlichen Nachteil hätten, weil die Steuer jetzt und nicht erst beim Verkauf der Aktien anfiele, würden Altaktionäre für fast 60 Prozent der Depotposition die Chance auf steuerfreie Gewinne verlieren.
Diätverpflegung - Ausgaben können absetzbar sein
Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) Steuerzahlern relativ weiten Spielraum zugesprochen hatte, Gesundheitsausgaben als außergewöhnliche Belastung abzusetzen, hat der Gesetzgeber diese Möglichkeit 2011 wieder eingeschränkt. Nach einer Gesetzesänderung müssen Steuerzahler die Notwendigkeit ihrer Ausgaben nun detailliert nachweisen, teils mit amtsärztlichen Gutachten. Ausgaben für Diätmittel sollen grundsätzlich privat bleiben. Arzneimittel hingegen sind absetzbar.
Der BFH stellte nun klar, dass auch Diätmittel zu den Arzneimitteln zählen können, wenn sie vom Arzt verschrieben worden sind und der Behandlung einer Erkrankung dienen (VI R 89/13). Im konkreten Fall ging es um eine verordnete Diät wegen einer Stoffwechselerkrankung. Grundsätzlich bringen außergewöhnliche Belastungen erst einen Steuervorteil, wenn sie den zumutbaren Eigenanteil überschreiten. Dieser wird von den Ausgaben abgezogen. Er hängt von Einkommen und Familienstand ab. Ein Single mit 50 000 Euro Einkünften pro Jahr müsste die ersten 3000 Euro privat tragen; erst höhere Ausgaben hätten einen Steuereffekt. Bei gleichen Einkünften und ein oder zwei Kindern blieben hingegen nur 1500 Euro privat.