Die zweite Säule der Steuerstrategie ist die internationale Unternehmensstruktur. Denn wann immer ein Kunde per Klick etwas von Apple kauft, fließt das Geld im Bruchteil einer Sekunde rund um den Globus. So fließen etwa die iTunes-Einnahmen aus Europa, Afrika und dem Nahen Osten an die iTunes S.à.r.l. in Luxemburg. 2011 macht die Apple-Tochter mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz – was etwa einem Fünftel der weltweiten iTunes-Einnahmen entspricht. Luxemburg lockt auch andere Technologie-Unternehmen mit niedrigeren Steuersätzen, die ihre Transaktionen über das kleine Land mit nur einer halben Million Einwohner abwickeln. Damit tun sich insbesondere Anbieter digitaler Produkte wie Musicdownloads oder Software besonders leicht. Und hier zeigt sich, dass sich die Steuergesetze der meisten Länder noch auf eine vom E-Commerce dominierte Wirtschaft eingestellt hat. Während Luxemburg über mehr Steuereinnahmen jubelt, haben die übrigen Staaten wie Frankreich, Belgien oder Deutschland das Nachsehen.
Gewinne ins Steuerparadies durchschleusen
Auch die zwei irischen Tochtergesellschaften von Apple in Irland, die seit den späten 80er Jahren existieren, folgen einem ähnlichen Mechanismus. Während die eine Apple-Tochter von Steuernachlässen der Iren für die Schaffung von Arbeitsplätzen profitiert, dient die andere Gesellschaft vor allem als Hort von Lizenzrechten und Patenten des Konzerns. Dazu werden diese Posten einfach unternehmensintern der irischen Tochter zugesprochen. Dadurch fallen auf einige Gewinne nur irische Steuern in Höhe von 12,5 Prozent an, während in den USA 35 Prozent fällig würden. Laut NYT fiel 2004 mehr als ein Drittel der Konzerngewinne von Apple in dem kleinen Inselstaat an. Das Prinzip „Double Irish“ sorgt aber vor allem für das Durchschleusen von Gewinnen in das Steuerparadies Virgin Islands. Dazu hat Apple einen Anteil der irischen Tochtergesellschaften an die Baldwin Holdings auf den Virgin Island übertragen. Baldwin, benannt nach einer besonders reisetauglichen Apfelsorte, hat weder gemeldete Büro noch eine Telefonnummer. Einziger Direktor des Unternehmens ist der Apple-Finanzchef Peter Oppenheimer aus Cupertino.
Von dort aus fließen die Gewinne aber nicht nur auf die karibischen Inseln, sondern auch in die Niederlande. Hier kommt das „Dutch Sandwich“ ins Spiel. Durch die Verträge Irlands mit anderen europäischen Ländern kann Apple einen Teil seiner Gewinne virtuell und steuerfrei durch die Niederlande schleusen – was sie laut NYT für außen stehende Beobachter und Steuerbehörden im Grunde unsichtbar macht. Die irischen Gesellschaften haben nur sehr eingeschränkte Berichtspflichten zu ihren Geschäftszahlen. Steuerexperten schätzen jedoch, dass es nur aufgrund dieser Konstruktion letztlich gelang, in den vergangenen fünf Jahren nur einen einstelligen Steuersatz zu zahlen. So meidet Apple höhere Steuerzahlungen sowohl in den USA, als auch in den wichtigen Absatzmärkten Deutschland, Frankreich oder Großbritannien.
Für Apple hat die Sache nur einen Haken: Sind die Gewinne erst einmal ins Ausland geflossen, können sie nicht zurück in die USA überführt werden, ohne eine neue Steuerpflicht auszulösen. Aber eine Lobbygruppe von Apple, Google, Microsoft und Pfizer und rund 40 weiteren Unternehmen versucht bereits, eine Regelung für eine steuersparende Rückführung des Auslandsvermögens nach Amerika zu erwirken. Apples Auslandsvermögen belief sich nach Angaben vom April 2012 auf 74 Milliarden Dollar.