Börsenguru Marc Faber "Auf jeden Fall einen Teil in Aktien packen"

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Welche?

Faber: Man baut zum Beispiel Eisenbahnen. Gut, wahrscheinlich rentieren sich diese in den ersten fünf bis sieben Jahren nicht. Aber auch in Amerika gingen die meisten Eisenbahn- und Kanalgesellschaften Ende des 19. Jahrhunderts pleite. Die Amerikaner hatten aber dann die Infrastruktur, von der das Land profitierte, weil sich überall Industrien bilden konnten. Das wird in China ähnlich laufen.

Also atmet Chinas Wirtschaft nur durch?

Faber: Die chinesische Wirtschaft verlangsamt sich. Das ist eine meiner Hauptsorgen mit Blick auf die Weltwirtschaft. Wenn die chinesische Wirtschaft in eine Rezession fällt, dann ist ganz klar, dass die Nachfrage nach Industrierohstoffen nachlässt. Das trifft dann Australien, Brasilien, Russland, den Mittleren Osten und Zentralasien. Dort hat man dann weniger Geld, um Produkte aus China zu kaufen, und die chinesische Rezession verschärft sich.

Das würde auch Deutschland treffen.

Faber: Natürlich, deutsche Unternehmen machen das große Geld in China. Wenn dieser Markt ausfällt, dann ist das sehr negativ für die Exportwirtschaft in Deutschland und in der Schweiz. Weil sich viele Industrien nach China verlagert haben, ist die Welt heute abhängiger von der Nachfrage aus China als von der aus Amerika oder Europa.

Was würde passieren, wenn in China der Reispreis stark steigen würde?

Faber: Auch wenn der Reispreis sich verdoppelte, bliebe er im Vergleich zu allen anderen Nahrungsmitteln immer noch billig. Natürlich trifft das die armen Haushalte, aber nicht massiv. Schwerer zu verkraften sind die Kosten für Energie und Fleisch. Deshalb steigen die Löhne in China auch um 20 Prozent. Aber die höheren Löhne gleichen die Preissteigerungen nicht ganz aus. Auch die Behörden in China machen sich ihre Inflation passend.

Wenn die Kaufkraft abnimmt, drohen gesellschaftliche Spannungen.

Faber: Jede Revolution und jeder Krieg in der Vergangenheit hatte mit Rohstoffen zu tun. Wenn neue Länder in die Weltwirtschaft eintreten, erhöhen sich die Spannungen, weil sich diese Länder Rohstoffe beschaffen müssen. Dann treten sie in Konkurrenz mit den etablierten Ländern um diese Rohstoffe. Deshalb sollte man das Problem mit Libyen nicht unterschätzen. China hat viel Öl von Gaddafi bezogen. Die Chinesen sehen genau hin, was dort passiert. China will nicht, dass die westliche Welt das Öl kontrolliert. Im Moment wäre es deshalb viel schwieriger für Israel und Amerika, den Iran anzugreifen. Das wäre die Grenze, wo die Chinesen sagen würden: Weiter geht’s nicht!

Was würde passieren?

Faber: China würde wohl keine Armee in den Iran schicken, aber Sabotage finanzieren und Waffen liefern. Man hat ja schon Waffen gefunden, die aus China kamen und über Nordkorea nach Iran kommen sollten. China macht Geschäfte mit allen, das hat es von den Amerikanern gelernt.

Mit den ökonomischen Gewichten verschiebt sich auch die politische Macht. Drohen hier Gefahren?

Faber: Sicher. Der Schwerpunkt der Weltwirtschaft hat sich in die Schwellenländer verlagert. Auf den Gütermärkten sind die Schwellenländer bedeutender als Europa und Amerika zusammen. Und Länder in Afrika, Asien oder Lateinamerika pflegen intensivere Handelsbeziehungen mit China als mit den USA oder einem Land in Westeuropa. Dann ist es klar, dass die Chinesen dort auch einen Einfluss haben.

Wird Amerika das nur einfach zur Kenntnis nehmen?

Faber: Ich glaube nicht, dass die US-Strategen, die glauben, die USA seien immer noch das Weltreich, diese Illusion ohne Weiteres aufgeben werden. Sie werden Streit suchen, vor allem dann, wenn die Wirtschaft sich nicht gut hält. Der gesamte militärische Komplex ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in den USA, mit starkem politischem Einfluss. Beim Militär werden die Ausgaben nie gekürzt.

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