Schutz gegen Risiken Wo Verbraucher schlechter versichert sind, als sie denken

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Die unbemerkte Unterversicherung

Ein häufiges Problem ist die Unterversicherung, die vielen Versicherten nicht einmal bewusst ist. Unterversichert bedeutet, dass der Wert der versicherten Immobilie zu niedrig angesetzt wurde und die Versicherungssumme, bis zu der die Versicherung maximal leistet, somit zu niedrig ist. „Wer zum Beispiel ein altes Haus aus den Siebzigerjahren kauft und die alte Police vom Vorbesitzer übernimmt, merkt vielleicht gar nicht, dass die Gebäudebewertung seinerzeit vielleicht stimmte aber nie aktualisiert wurde“, erläutert Philipp Opfermann, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale NRW. „Wurde etwa zwischenzeitlich das Dachgeschoss ausgebaut, ein Wintergarten angebaut oder der Keller zum Kinderzimmer, erhöht sich die Wohnfläche. Wurde vergessen, diese Vergrößerung der Wohnfläche dem Versicherer mitzuteilen, kann es im Schadenfall Ärger geben. Bei so einer Unterversicherung kann der Versicherer dann alle Leistungen im Verhältnis der Unterversicherung kürzen.“

Wenn der Blitz einschlägt und Hagelkörner randalieren
Gebäude und HausratEgal ob Blitzeinschlag, Sturmschäden oder Zerstörungen durch Hagelkörner: Wenn das Haus oder die Wohnung durch solche Unwetter in Mitleidenschaft gezogen wurde, übernehmen die Hausrat- und Wohngebäudeversicherer die Kosten für die Schäden. Mieter halten sich an ihre Hausratversicherung, Vermieter an die Wohngebäudevariante. Kommt es zu Überschwemmungen durch Starkregen, brauchen Hausbesitzer und Mieter eine Elementarschadenversicherung. Die hat aber längst nicht jeder! Vorsicht auch beim Blitzeinschlag: Versichert sind meist nur dessen direkte Auswirkungen, nicht aber so genannte Überspannungsschäden. Das sind Schäden, die erst in zweiter Ableitung durch den Blitz verursacht werden. Quelle: dpa
AutosDie Teilkaskoversicherung übernimmt die Hagel-, Blitz- und Sturmschäden. Ist das Blech verbeult oder die Scheiben kaputt, werden die Reparaturkosten für gewöhnlich in voller Höhe erstattet. Vorher gilt es für Voll- und Teilkaskoversicherte aber nachzurechnen: Was bedeutet die Kostenübernahme für den künftigen Schadenfreiheitsrabatt? Fahrzeughalter, deren Auto durch ein Unwetter beschädigt wurde, sollten die Schäden mit einer Kamera dokumentieren und diese binnen einer Woche dem Versicherer melden. Quelle: dpa
Feld und ErnteLandwirte können ihre Felder gegen Hagel versichern. Fast acht Millionen Hektar sind so vor dem finanziellen Risiko eines Ertragsausfalls geschützt. Das entspricht in etwa der Größe von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zusammen. Quelle: dpa
SturmschädenFür Schäden nach Stürmen haften Gebäude-, Hausrat- und Kaskoversicherungen. Allerdings: Stürmisch ist es aus Sicht der Versicherer es erst ab Windstärke acht. Das entspricht einer Windgeschwindigkeit von 61 Kilometern pro Stunde. In Zweifelsfragen helfen die Verbraucherzentralen in den einzelnen Bundesländern. Dort erhalten Geschädigte auch viele Tipps. Im Bild: Ein Unwetter über Augsburg (Bayern). Die Hitze verabschiedete sich mit Gewittern und Hagelschlag. Quelle: dpa
Bloß nicht leichtsinnig werdenWer trotz polizeilicher Warnung sein Auto in einem durch Hochwasser gefährdeten Gebiet abstellt oder auch nur dorthin fährt, der riskiert, dass der Versicherer nur einen Teil des Schadens trägt oder sich auch ganz verweigert. Dies gilt insbesondere, wenn der Versicherte in einer Weise gehandelt hat, durch die der Schaden hervorgerufen wurde. Zumindest kann die Gesellschaft dann entsprechend der Schwere des Verschuldens ihre Leistung kürzen. Lediglich ein unkorrektes Verhalten, das als "leichte Fahrlässigkeit" betrachtet werden kann, bewahrt vor solchen finanziellen Einbußen. Im Bild: Ein Junge schiebt sein Fahrrad über eine überschwemmte Straße in Lohmar (Nordrhein-Westfalen). Heftige Gewitter haben in Nordrhein-Westfalen zu zahlreichen Rettungseinsätzen der Feuerwehr geführt. Quelle: dpa
Schäden durch BlitzschlagSchlägt der Blitz direkt in ein Haus ein, kommt der Gebäudeversicherer für Schäden am Gebäude auf. Schäden durch Überspannung werden nur ersetzt, wenn der Blitz direkt in das versicherte Grundstück oder Gebäude eingeschlagen ist. Sonstige Schäden durch Überspannung, Überstrom oder Kurzschluss sind nur dann über die Gebäudeversicherung abgedeckt, wenn eine zusätzliche Klausel, die sogenannte Überspannungsklausel vereinbart wurde. Das gilt ebenso für die Hausratversicherung. Im Bild: Rettungskräfte versuchen Jungvieh aus einem Stall in Lamderdingen (Bayern) zu befreien, der nach einem Blitzschlag teilweise eingestürzt war. Quelle: dpa
Kaputter HausratWenn der Sturm mit Hausrat spielt, zahlt die Hausratversicherung – aber nur, wenn diese Dinge während der Böen in einem Gebäude untergebracht waren und beschädigt wurden. Eine Ausnahme gibt es für Mieter, wenn Antennen und Markisen außen am Gebäude angebracht sind und ausschließlich durch die Bewohner der versicherten Wohnung genutzt werden. Auch dann zahlt die Hausratversicherung den Schaden. Im Bild: Feuerwehrleute pumpen in Hermeskeil (Rheinland-Pfalz) Wasser aus einer überfluteten Garage. Gewitterregen sorgten in weiten teilen von Rheinland-Pfalz für Überflutungen. Quelle: dpa

Ein Beispiel: In der alten Police ist von 100 Quadratmetern Wohnfläche die Rede, inzwischen sind es aber 150 Quadratmeter. In der Folge kann die Versicherung alle Leistungen unabhängig von der Größe und Art des Schadens um ein Drittel kürzen , weil die Versicherungssumme nur zwei Drittel des Gebäudewerts abdeckt.

Unterversicherungsverzicht hilft nicht immer

Opfermann zufolge ist diese Fehleinschätzung ein Klassiker, weil die Verbraucher ihren Fehler nicht bemerken und dabei zum gleitenden Neuwert – also immer zu aktuellen Immobilienpreisen – versichert sind. Sind aber die dem Vertrag zugrunde liegenden Daten falsch, hilft auch ein vereinbarter Unterversicherungsverzicht (Versicherungsdeutsch: Verzicht der Einrede wegen Unterversicherung) nicht mehr. „Wenn die aus einer alten Police übernommenen Daten nicht mehr stimmen, greift der Unterversicherungsverzicht nicht und am Ende gibt es im Schadensfall viel weniger Geld als gedacht“, erläutert Opfermann.

Grobe Fahrlässigkeit aus Richtersicht


Grundsätzlich ist dieser fatale Irrtum auch bei der Hausratversicherung anzutreffen. Meist kalkulieren die Anbieter die Versicherungssumme nach der Formel: Quadratmeter Wohnfläche mal 650 bis 700 Euro. Damit es im Schadensfall nicht zu Leistungskürzungen kommt, müssen Verbraucher also dafür sorgen, dass der Versicherung aktuelle Daten vorliegen und die Versicherungssumme wenn nötig nach oben angepasst wird. Dann allerdings darf die Versicherung auch ihre Beiträge erhöhen. „Ein Unterversicherungsverzicht sollte in jedem Fall vereinbart werden“, rät Verbraucherschützer Opfermann.

Zu viel erwarten viele von der Hausratversicherung, wenn es um Wertgegenstände geht. Denn die Versicherungspolicen übernehmen standardmäßig den Ersatz von teurem Schmuck, Kunstgegenständen oder Antiquitäten nur bis zu einem Teil der Versicherungssumme, zum Beispiel bis zu 20 Prozent. Ist diese Budget für die wertvollen Gegenstände nicht ausreichend, muss eine höhere Versicherung gesondert vereinbart werden.

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