Verschuldung Wenn der Online-Einkauf zur Schuldenfalle wird

Bequem und schnell: Der Einkauf im Internet lockt mit vielen Vorteilen. Wer Schulden hat, kann sich allerdings noch tiefer in die Schuldenfalle reiten: Der Versandhandel langt bei seinen Schuldnern am kräftigsten zu.

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Schuldenfalle-Versandhandel Quelle: dpa

Gerade in der Vorweihnachtszeit ist es so bequem: Schnell vom Sofa aus per Laptop oder Handy die noch fehlenden Geschenke bestellen. Der Einkauf im Internet erspart manch stressige Schlacht in der Fußgängerzone und es bleibt mehr Zeit fürs Kekse backen.

Mit Versandgutscheinen oder Null-Prozent-Finanzierungen heizen die Versandhändler das vorweihnachtliche Geschäft zusätzlich an. Das tun sie, um Kunden zu gewinnen und sich gegen Konkurrenten durchzusetzen. Dahinter steht also kein böser Wille.

Doch die verlockenden Angebote können eine Kehrseite haben: Der Konsum auf Pump verleitet zum großzügigen Einkaufen, selbst wenn das Geld auf dem Konto nicht mehr reicht. Und sobald die Kunden, die sich übernommen haben, mit den Raten in Verzug kommen, ist es mit der entgegenkommenden Behandlung der Internet-Shopper schnell vorbei.

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Denn der Versandhandel steht an der Spitze bei den Zusatzkosten, die auf säumige Zahler zukommen. Das zeigt der aktuelle Überschuldungsreport des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) aus Hamburg. Diese Zusatzkosten sorgen dafür, dass die Schuldner noch weiter in die Miesen rutschen. Grundlage sind die Daten von rund 60.000 Privathaushalten aus den Archiven von deutschen Schuldnerberatungsstellen.

Laut iff-Erhebung kassiert der Versandhandel je 100 Euro Schulden zusätzlich 25 Euro an Zinsen und Kosten für die Eintreibung (siehe Grafik), wenn die Kunden nicht pünktlich zahlen. Das ist das gute Recht der Gläubiger, sofern sie ihre Kunden auf das Kostenrisiko transparent hinweisen, zum Beispiel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Die Schuldner dürften diese Zusatzkosten allerdings in den seltensten Fällen wirklich auf dem Schirm haben. Das sollten sie aber, denn eine Kostenquote von einem Viertel fällt schließlich deutlich ins Gewicht, gerade wenn es finanziell eng wird. Verbraucher sollten sich das klar machen, um hier in keine Falle zu laufen.

Wer bei Schuldnern am stärksten zulangt (für eine größere Ansicht bitte klicken)

Nun ist der Versandhandel laut iff-Studie Spitzenreiter bei den Zusatzkosten für Schuldner. Zum Haupttreiber für Überschuldung von Verbrauchern wird die dadurch aber nicht. Schließlich ist die typische Höhe der Schuld pro Person mit 176 Euro überschaubar. Deutlich tiefer stehen Privatleute bei Banken in der Kreide – mit typischerweise 3000 Euro.

Die iff-Experten nennen bei diesen Zahlen den Medianwert, das heißt: Eine Hälfte der abgefragten Daten liegt über, die andere unter dem Median. Banken stellen ihren Schuldnern jedoch nur neun Prozent Zusatzkosten in Rechnung.

Warum machen die Deutschen Schulden? Die Überschuldungsstatistik 2015 gibt darüber Aufschluss. Auffällig: Für die meisten Wege in die Schuldenfalle können Betroffene nichts.

Nicht nur der Versandhandel kassiert hohe Nebenkosten von Schuldnern. Auch Inkassounternehmen und Rechtsanwälte treiben mit 24 Prozent zusätzlich zur Ursprungsschuld hohe Nebenkosten ein. Die Inkassoprofis werden von Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen beauftragt, um offene Forderungen einzutreiben.

Die iff-Studie zeigt aber auch, dass Überschuldung nicht durchs Geldausgeben entsteht. Die Hauptgrund für eine prekäre Finanzsituation ist, wenn es mit dem Geldverdienen nicht klappt, etwa bei Arbeitslosigkeit. Aber auch von den Personen, die einen Job haben, nehmen immer weniger am Aufschwung teil.

Der Rückgang der Verbraucherinsolvenzen auf den historischen Tiefstand von 85.000 ist laut iff irreführend. Er sei auch durch die neu eingeführte Verpflichtung für Banken zu erklären, die nun jedem Bürger ein pfändungsfreies Konto zur Verfügung müssen. Dadurch entfällt die Notwendigkeit einer Insolvenzanmeldung, weil Überschuldete jetzt auch ohne Insolvenzverfahren am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen können. An der desolaten Finanzlage der betroffenen Haushalte ändere das aber nichts.

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