American Economic Association Ökonomen attackieren Donald Trump

Seite 3/3

Konkurrenz aus China

Neben der Steuerpolitik konzentrierte sich die Kritik auf die Handelspolitik der Trump-Administration. Zwar sei der befürchtete Handelskrieg Amerikas mit dem Rest der Welt bisher ausgeblieben, konstatierte der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz von der Columbia Universität in New York.

Doch das Denken der Trump-Administration sei nach wie vor vom Neo-Merkantilismus geprägt. Dabei überschätze Trump die Verhandlungsmacht der USA. Aufgrund der starken Abhängigkeit Amerikas von Importen aus China, säße die fernöstliche Großmacht langfristig am längeren Hebel.

Catherine Mann, die scheidende Chefökonomin der OECD, wies auf Berechnungen ihrer Organisation hin, denen zufolge eine Verringerung des Offenheitsgrades der US-Wirtschaft um zehn Prozent die amerikanischen Exporte um 15 Prozent sinken lässt. Der Grund: Die US-Exportindustrie ist in hohem Maße auf Importe angewiesen. Die aber werden durch Zölle teurer.

Nach Ansicht von Justin Yifu Lin, dem ehemaligen Chefökonomen der Weltbank, schädigen Zölle auf chinesische Importe nicht nur die amerikanischen Konsumenten und Exporteure. Sie seien langfristig auch unwirksam. Denn die Tage Chinas als Produzent von Billigprodukten seien angesichts der kräftig steigenden Löhne im Reich der Mitte gezählt.

Aktuell sind die Löhne in China drei- bis viermal höher als in anderen asiatischen Ländern, sagte Lin. Weil sich der Lohnvorsprung Chinas ausweite, werden arbeitsintensive Produktionsprozesse verstärkt in andere Länder verlagert. Das spreche dafür, dass der Anteil Chinas am US-Handelsdefizit abnehme, während der Anteil anderer Länder zunehme.

Die von Trump bevorzugten bilateralen Deals mit Handelspartnern schwächen den Rahmen für internationale Verhandlungen, monierte Summers. Zudem fielen die USA wegen ihrer konfrontativen Haltung gegenüber internationalen Organisationen wie der UNO und der Welthandelsorganisation WTO zunehmend als Taktgeber weltweiter Übereinkünfte aus.

Das sei eine Gefahr für den weltweiten Wohlstand, da China die isolationistische Haltung Amerikas zu nutzen wisse, um seinen eigenen globalen Einfluss auszuweiten. Trump beschleunige damit die Entwicklung hin zu einer multipolaren Weltordnung.

Kaushik Basu von der Cornell University, ehemaliger Chefökonom der Weltbank, warnte, Amerika könne ein ähnliches Schicksal erleiden wie Argentinien. Das südamerikanische Land sei in den 1930er Jahren eines der reichsten Länder der Welt gewesen. Dann aber habe es seinen Wohlstand verspielt, weil es dem Protektionismus frönte und nicht genug in die Bildung seiner Einwohner investierte.

Summers zog Parallelen zur Situation vor der Weltwirtschaftskrise. Ebenso wie 1929 befinde sich Amerika derzeit in einem konjunkturellen Höhenrausch mit kräftigen Kurssteigerungen an den Börsen und technologischen Umbrüchen. Sollte es wie damals in den nächsten Jahren jedoch einen wirtschaftlichen Absturz geben, sei die Trump-Administration weder personell noch intellektuell in der Lage, adäquat zu reagieren, warnte Summers.

Ob Trump die mahnenden Worte aus Philadelphia zur Kenntnis genommen hat, darf bezweifelt werden. Von akademischen Mahnadressen dürfte der Geschäftsmann im Weißen Haus nicht viel halten. Und seine Zeit am Wochenende hat er wohl lieber mit der Lektüre des neuen Skandalbuches über sein Regime im Weißen Haus verbracht. Unterhaltsamer als die trockenen Studien der Ökonomen aus Philadelphia dürfte es allemal sein.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%