Bericht Weltklimarat warnt vor immer schnellerem Anstieg des Meeresspiegels

Die Erderwärmung schade massiv den Meeren und Eismassen, meint der Weltklimarat. Er prophezeit eine düstere Zukunft, wenn die Politik nicht zügig handelt.

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Der größte Gletscher der Alpen, der Aletsch in der Schweiz, droht wegen des Klimawandels bis Ende des Jahrhunderts auf ein paar Eisfelder zusammenzuschrumpfen. Quelle: dpa

Angesichts immer stärker schmelzender Gletscher und anderer Eismassen mahnen Wissenschaftler die Politik zum raschen Handeln. Nur so könnten schwerwiegende Konsequenzen für Millionen von Menschen verhindert werden. Zu diesem Ergebnis kommt der Weltklimarat IPCC in einem am Mittwoch vorgestellten Bericht zur Eisschmelze. Das Papier stellt der Politik ein verheerendes Zeugnis aus und zeichnet eine düstere Zukunft, wenn nicht schnell etwas unternommen wird.

Der Report zeigt auf, dass die menschengemachte Erderwärmung Meere und Eismassen auf unserem Planeten massiv schädigt. Dass der Meeresspiegel immer schneller ansteigt, sei eine der alarmierenden Folgen. Der Anstieg sei derzeit doppelt so hoch wie im Schnitt des 20. Jahrhunderts, nämlich 3,6 Millimeter pro Jahr. Die Geschwindigkeit, mit der der Meeresspiegel ansteige, nehme weiter zu.

„Die Ozeane, die Arktis, die Antarktis und die Hochgebirgsregionen scheinen für manche Menschen weit weg“, betonte der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoesung Lee. „Aber wir sind auf viele Arten abhängig von ihnen und werden von ihnen beeinflusst – direkt oder indirekt – sei es durch das Wetter und Klima oder bei Nahrung und Wasser, Energie, Handel, Verkehr, Erholung und Tourismus, Gesundheit und Wohlbefinden, Kultur und Identität.“

In manchen Regionen wie den Tropeninseln und Küsten ist die Existenz ganzer Gemeinschaften auch ohne eine instabile Antarktis durch Überschwemmungen bedroht. In Küstenregionen bis zu zehn Metern Höhe wohnen laut IPCC 680 Millionen Menschen. Auf kleinen Inselstaaten sind es 65 Millionen. Vier Millionen Menschen leben dauerhaft in der Arktis, deren Eis und Permafrostböden in vielen Gebieten tauen.

Gletscherschmelze gefährdet Trinkwasserversorgung

In Bergregionen werden durch das Schmelzen der Gletscher und das Auftauen dort bestehender Permafrostböden Lawinen, Steinschläge oder Bergrutsche begünstigt. Sind die Gletscher schließlich ganz verschwunden, ist die Trinkwasserversorgung gefährdet. In Hochgebirgsregionen leben 670 Millionen Menschen.

Erst Anfang der Woche hatten mehr als 60 Länder in New York beim Klimagipfel zusätzliche Anstrengungen im Kampf gegen die gefährlich schnell ansteigende Erderwärmung versprochen. Deutschland hatte vergangenen Freitag mit dem Klimakabinett der Bundesregierung Eckpunkte für mehr Klimaschutz vorgelegt. Umweltverbände kritisierten die Ergebnisse als völlig unzureichend.

„Es ist zum Weinen, dass diesem erneuten Paukenschlag der Wissenschaft wieder nur ein Flüstern der Politik vorangegangen ist“, kritisiert Heike Vesper, Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland. Deutschland werde mit seinem „Klimapäckchen“ keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz und damit zum Schutz der Meere und Gletscher beitragen können. Der WWF fordert, dass den Erkenntnissen der Wissenschaft nun „schnell Meilensteine in Politik und Wirtschaft folgen“.

„Der Bericht zeigt einmal mehr deutlich die Dringlichkeit rascher Maßnahmen zur nachhaltigen Verringerung der CO2-Emissionen auf“, betont Gian-Kasper Plattner von der Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in der Schweiz. Doch auch bei sofortiger Umsetzung von radikalen Maßnahmen werden die Veränderungen in den Eismassen der Erde und den Ozeanen lange weitergehen, aufgrund der Trägheit dieser Systeme.

Die vergangenen, heutigen und zukünftigen Emissionen würden folglich das Klimasystem über Jahrhunderte beeinflussen und unsere Umwelt verändern, so der Experte. Der Bericht zeige auch auf, dass viele der Veränderungen im Eis und in den Ozeanen heute rascher voranschreiten als in der nahen Vergangenheit. „Extremereignisse werden weiter zunehmen, das heißt häufiger auftreten.“

Rund 130 Forscher aus 36 Ländern haben zwei Jahre lang aktuelle Studien über Ozeane und Eismassen für den Weltklimarat analysiert. Sie haben die Auswirkungen des Klimawandels auf Küsten und Inseln, Mensch und Natur in einem Report für politische Entscheidungsträger zusammengefasst. Über die Formulierungen dieses Berichts hatten Delegierte der 195 IPCC-Mitgliedstaaten in Monaco mehrere Tage lang bei der Konferenz des Weltklimarates debattiert und abgestimmt.

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