Donald Trump Alternative Fakten aus einer alternativen Welt

US-Präsident Donald Trump arbeitet bereits an seiner eigenen Dolchstoß-Legende - für den Fall, dass er scheitert. Der Schuldige ist bereits gefunden: Die Presse, die nicht über seine Erfolge schreibt.

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Während der Pressekonferenz in Washington wetterte US-Präsident Donald Trump wieder einmal gegen die Medien. Quelle: AP

Eigentlich hatte Donald Trump gehofft, am Donnerstag ein neues Kabinettsmitglied vorstellen zu können. Doch der von ihm zuvor dafür vorgesehene Multimillionär war ihm unverhofft abhandengekommen. Er hatte unter anderem eine illegale Einwanderin als billige Haushaltshilfe beschäftigt. Das kommt nicht gut an bei Wählern, die selbst oft unter Lohndumping leiden, in Billigjobs zu Mindestlöhnen schuften und von Trump eine Verbesserung erwarten.

So präsentierte der US-Präsident auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz in wenigen Worten Alexander Acosta als neue Wahl und wünschte ihm alles Gute auf seiner Reise durch den Senat. Damit war das Thema Arbeitsmarkt abgehandelt. Und Donald Trump konnte sich wieder seinem Lieblingsthema zuwenden: Sich selbst, wie erfolgreich er ist und warum das niemand weiß.

Es geriet zu einer Abrechnung zwischen Trotz und Weinerlichkeit: Weil die Medien ohnehin nicht die Wahrheit sagen werden, sei er angetreten, um diese direkt an die Bürger weiterzuleiten, stellte er fest. Die Pressekonferenz sei eine „Veranstaltung für die Bürger, in Anwesenheit der Presse“. Vielleicht, so Trump, kämen er und die Medien hinterher besser miteinander aus, wenn nicht, „auch gut“.

Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet

Trotz aller Negativmeldungen – ein vor Gericht einkassiertes Einreiseverbot; eine Beraterin, die im TV öffentlich Werbung für die (in China produzierte) Mode von Trumps Tochter macht; der unfreiwillige Abgang von Sicherheitsberater Michael Flynn - sieht er seine Regierung auf Erfolgskurs. Das Weiße Haus laufe rund wie eine „gut geölte Maschine“, es berichte nur niemand darüber. Um genau zu sein: Wahrscheinlich sei „noch niemals in der Geschichte“ ein US-Präsident „so schnell so erfolgreich gewesen“ wie er, so Trump. Er habe alle Wahlversprechen eingehalten, die gekippte Einwanderungsorder werde bald durch eine neue ersetzt, bekräftigte er. Er erfahre Wohlwollen und Unterstützung in der ganzen Welt. Alternative Fakten aus einer alternativen Welt.

Wahrscheinlich hat ohnehin keiner seiner Wähler im ländlichen North Carolina oder irgendwo in einer verarmten Kleinstadt mit Industrieruinen diese Pressekonferenz verfolgt, weil sie zu beschäftigt damit sind, sich und ihre Familien finanziell über Wasser zu halten. Aber wenn doch, dann hätten diese Mühe gehabt, sich klarzumachen, warum ihr Präsident so erfolgreich ist, wenn indes nichts davon bei ihnen ankommen ist. Mit Ausnahme der Abschaffung der Krankenversicherung „Obamacare“.

Die würde bald kommen, versicherte Trump. Immerhin 64 Prozent aller Antragsteller für die Obama-Krankenversicherung im Januar 2017 kommen aus Bundesstaaten, die Trump während der Wahl gewonnen hat. Was die Versicherung ersetzen soll, das ist für die Betroffenen auch nach dieser Pressekonferenz unklar.

Donald Trump: Ein Kurzporträt des 45. US-Präsidenten

Freuen können sich derweil andere. Die Wall Street klettert auf immer neue Rekorde. Vor allem Banken hoffen darauf, endlich die Fesseln abschütteln zu dürfen, die ihnen nach der Finanzkrise 2008 angelegt worden waren. Wie das den Maisbauern und arbeitslosen Öl-Arbeitern helfen soll, ist nicht klar.

Doch worauf konzentriert sich der Präsident? Zumindest an diesem Tag wieder einmal auf die angeblich schlechte und unehrliche Presse. Besonders skurril wurde die Pressekonferenz, als Trump anmerkte, er fände es schrecklich, dass Dinge illegal aus dem Weißen Haus an die Öffentlichkeit geraten seien, die eigentlich geheim hätten bleiben sollen. „Auf einmal wussten die Leute genau, was passiert ist“, beschwerte er sich über Berichte zu Telefongesprächen mit anderen Staatschefs und Vorgängen um den geschassten Sicherheitsberater Michael Flynn.

Die Wahlversprechen Donald Trumps

Gleichzeitig teilte der Präsident aber auch mit, alle nach außen getragenen Geschichten seien „fake news“, also falsch, wie etwa die Geschichte der „New York Times“ über Kontakte von Trumps Wahlkampfteam nach Russland. Zusammengefasst sagte Trump also, dass es Quellen im Weißen Haus gebe, die vertrauliche Informationen nach außen tragen – gleichzeitig aber sei alles, was an die Öffentlichkeit gerate, von der Presse erfundene Geschichten.

Diese beiden Aussagen passen irgendwie nicht ganz zusammen. Das passt schon, meint Trump, weil er schließlich dabei gewesen sei und die Wahrheit kenne. So wie bei seiner Bemerkung, er sei mit der größten Anzahl von Stimmen des Wahlmänner-Gremiums seit Ronald Reagan gewählt worden. Was sich leicht wiederlegen ließ, ein Reporter ratterte die Liste der Präsidenten - inklusive Bill Clinton und Barack Obama - herunter, die mehr Stimmen als Trump bekommen hatten. Was war Trumps Antwort? Schulterzucken: Irgendjemand „habe ihm die Informationen gegeben“, genaugenommen habe er sie „irgendwo gesehen“.

„Ich kann nicht glauben, dass ich gerade gesagt habe“

Da kann einem angst und bange werden, wenn er danach so nebenbei erwähnt, „das Beste, was ich (mit Russland) machen könnte, wäre das (russische) Schiff 30 Meilen hier vor der Küste aus dem Wasser zu schießen. Jeder hier würde sagen ‚wow, wie toll‘“. Wer hat ihm diese Information denn zugesteckt, dass ganz Amerika es „toll“ finden würde, gegen Russland in den Krieg zu ziehen, fragt man sich unwillkürlich.

Am Ende der Fragerunde kokettierte Trump noch mit der Feststellung: „Ich kann nicht glauben, dass ich gerade gesagt habe, ich bin ein Politiker, aber ich glaube, das bin ich jetzt.“ Die Antwort kann da nur lauten: Donald J. Trump ist der von einem Wahlgremium eingesetzte Präsident der USA. Aber ob er wirklich jemals ein Politiker werden wird (was er im Wahlkampf vehement bestritten hat), das bleibt noch abzuwarten. Beweise gibt es da noch nicht.

Direkt nach Ende der Pressekonferenz kartete das Trump-Team noch einmal nach, damit auch der letzte Trump-Sympathisant versteht, wer die wirkliche Gefahr für die USA ist: Die Presse. „Freunde“, heißt es in einer E-Mail mit Umfrage von Trumps Wahlkampforganisation, die mashable.com vorliegt, „ihr wisst, ich traue der Presse nicht, dass sie über unsere Erfolge berichtet. Ihr, die amerikanischen Bürger, seid die letzte Verteidigungslinie gegen die Attentatsversuche der Medien“. In den kommenden vier Jahren werde die „Bewegung“ Ziel der „übelsten Attacken werden, die man sich vorstellen kann“, geht es weiter.

Lufthansa: Crew-Mitglieder von Änderung betroffen
Michel SapinDer französische Finanzminister hat US-Präsident Donald Trump als große Gefahr für die Weltwirtschaft bezeichnet. "Unser amerikanischer Partner scheint einseitige protektionistische Maßnahmen ergreifen zu wollen, die die gesamte Weltwirtschaft destabilisieren könnten", sagte Sapin am Dienstag vor Wirtschaftsexperten im Pariser Finanzministerium. Entscheidungen Trumps und seiner Regierung stellten eine große Gefahr für den Welthandel dar, warnte der sozialistische Politiker. Er forderte die anderen europäischen Staaten zum Handeln auf: "Weder Frankreich noch Europa können es sich erlauben, hilflos zuzusehen, wie unsere Wirtschaftsinstitutionen ausgehebelt werden", sagte Sapin. Quelle: AP
"Wir haben Crew-Mitglieder, die von der Änderung betroffen sind", sagte ein Lufthansa-Sprecher am Montag. Quelle: dpa
Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Quelle: dpa
Boris Johnson Quelle: REUTERS
Die EU-Kommission Quelle: dpa
Jasmin TabatabaiDie deutsch-iranische Schauspielerin Jasmin Tabatabai (49) kritisiert das US-Einreiseverbot für viele Muslime als unmenschlich und ungerecht. „Menschen auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit zu diskriminieren, ist ungeheuerlich und zutiefst unamerikanisch. Gruselig, sich auszumalen, was noch alles auf uns zukommen wird“, schrieb Tabatabai in einem Gast-Beitrag für die „Bild“-Zeitung (Montag).  Quelle: dpa
Angela MerkelBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält das von der US-Regierung verhängte Einreiseverbot gegen Flüchtlinge und Bürger einiger mehrheitlich muslimischer Staaten für falsch. „Sie ist überzeugt, dass auch der notwendige entschlossene Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntag in Berlin. Quelle: dpa

Das ist die Vorbereitung auf die Trump-Version der „Dolchstoß-Legende“, eine in rechten Kreisen weit verbreitete Theorie, der Niedergang Deutschlands im ersten Weltkrieg sei nicht militärisch bedingt gewesen, sondern die Folge politischer Sabotage.

Vielleicht muss man die Pressekonferenz am Donnerstag auch als einen weiteren Mosaikstein im strategischen Masterplan von Trumps Chefstrategen Steve Bannon betrachten, der die Wähler auf schlechte Zeiten vorbereiten und den wachsenden Volkszorn vom Präsidenten weglenken möchte. Dazu muss die amerikanische Presse so sehr diskreditiert sein, dass Trumps Gefolgsleute ihr nichts mehr glauben.

Es muss ihr die Kompetenz abgesprochen werden, den Präsidenten zur Verantwortung zu ziehen oder nur kritisieren zu dürfen. Dann hat Trump weitgehend freie und unkontrollierte Hand. Nur noch unerschrockene Richter, von ihm als „sogenannte Richter“ tituliert, werden ihn stoppen können. Und an dem Problem arbeitet er auch schon.

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