Erste Wahl seit 2009 Hohe Sicherheitsvorkehrungen bei Parlamentswahl im Libanon

Im Libanon schließen um 19 Uhr die Wahllokale. Es ist die erste Parlamentswahl seit 2009. Im Wesentlichen stehen sich zwei Lager gegenüber.

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Der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri zeigt seinen mit Tinte gefärbten Daumen nach seiner Stimmabgabe bei der Parlamentswahl. Quelle: dpa

Beirut Im Libanon wird zum ersten Mal seit neun Jahren ein neues Parlament gewählt. Wähler stellten sich am Sonntag bereits früh morgens an, um teilzunehmen. Die Abstimmung findet unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt, in der Nähe der Wahllokale und auf wichtigen Kreuzungen waren Tausende Soldaten und Polizisten im Einsatz. Bei der Wahl stehen sich im Wesentlichen zwei Lager gegenüber: eine vom Westen unterstützte Koalition unter Führung von Ministerpräsident Saad Hariri und die vom Iran gestützte Hisbollah-Gruppe.

Zu der Abstimmung aufgerufen sind rund 3,6 Millionen Wahlberechtigte. Die Wahl ist auch die erste seit der Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes im vergangenen Jahr. Dabei wurde das bisherige Mehrheitswahlrecht durch ein kompliziertes Verhältniswahlrecht ersetzt, erhalten bleibt der Proporz zwischen Christen und Muslimen. Um die 128 Sitze im Parlament bewerben sich 586 Kandidaten. Unter ihnen sind eine Rekordzahl von 86 Frauen sowie Aktivisten der Zivilgesellschaft, die gegen etablierte Parteien und Politiker antreten.

Hariri ging in eine Schule, um seine Stimme abzugeben. Dabei beschwerte sich eine Frau in einem Rollstuhl darüber, dass Wahllokale nicht für behinderte Personen ausgestattet seien. „Wir sind Menschen. Es ist nicht fair, dass wir wie Kartoffelsäcke getragen werden müssen“, sagte die Frau. Der Ministerpräsident versprach, das Problem für die nächsten Wahlen anzugehen.

Hariri stand rund 20 Minuten an, um zu wählen. „Wenn wir sehen, was in Ländern um uns herum passiert und der Libanon demokratische Wahlen abhält, zeigt dies, dass es dem Libanon gut geht“, sagte er. „Ordnung ist schön.“ Die Wahl ist auch die erste seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs 2011. Durch den Krieg sind viele Flüchtlinge aus Syrien ins Nachbarland Libanon gekommen. Dies hat zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes beigetragen.

Die Hisbollah hat tausende Kämpfer zur Unterstützung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geschickt. Viele Libanesen haben das kritisiert, vor allem sunnitische Muslime und Christen. Sie finden, dass die Hisbollah das Land in regionale Konflikte ziehe.

Der führende Hisbollah-Abgeordnete Ali Ammar sagte, die Beteiligung seiner Gruppe in Syrien schütze den Libanon vor den „bösen Mächten“ der Terrormiliz Islamischer Staat und des Terrornetzwerks Al-Kaida. Die Hisbollah und ihre Verbündeten werden bei der Wahl voraussichtlich mehr Sitze bekommen. Hariri wird wahrscheinlich einige verlieren. Für einige seiner sunnitischen Unterstützer ist der Milliardär und Geschäftsmann nicht streng genug gegenüber der Hisbollah. Dennoch ist davon auszugehen, dass Hariri den Regierungsauftrag nach der Wahl bekommt.

Der 30-jährige Mohammed Ali sagte, er stimme nicht ab, weil es keine Auswahl gebe. Seine Familienmitglieder würden für diejenigen abstimmen, die sie bezahlten. Er sei an dem Geld nicht interessiert. Die Legislaturperiode sollte 2013 auslaufen, doch stimmten Abgeordnete seitdem mehreren Verlängerungen zu. Sie rechtfertigten das mit Sicherheitsbedenken wegen der Folgen des Kriegs in Syrien.

Zum ersten Mal konnten auch im Ausland lebende Libanesen an einer Wahl in ihrer Heimat teilnehmen. Die EU entsandte mehr als 100 Beobachter, die die Abstimmung begleiten. Mit ersten Ergebnissen wird nach Schließung der Wahllokale um 19.00 Uhr Ortszeit (18.00 Uhr MESZ) gerechnet.

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